Neustadt Phil Collins in Neustadt?

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Neustadt. Es herrscht wieder Friede zwischen Rainer Klundt von der Neustadter Konzertagentur „Palatino Concerts“ und dem Wettergott, nachdem dieser dem Promoter in letzter Zeit die Stimmung gleich mehrfach buchstäblich verhagelt hatte. Zuletzt musste Klundt wegen der unsicheren Wetterlage in der vergangenen Woche den Gig von Marcel Adam und Joscho Stephan im Innenhof des Neustadter Rathauses absagen. Am Freitag aber, beim Konzert der Phil Collins/„Genesis“-Tributeband „Phil“ auf dem Neustadter Marktplatz, herrschten ideale Open-Air-Bedingungen.

Dementsprechend gut besucht war das jährlich stattfindende Spektakel dann auch. Die elfköpfige Gruppe „Phil“ ist ein Phänomen, das mit anderen Bands, die sich irgendeine bekannte Gruppe zum Vorbild genommen haben und deren beste Songs nachspielen, kaum zu vergleichen ist. Schon seit Jahren arbeiten „Phil“ und Klundt zusammen und immer wieder lässt der Neustadter die badische Combo in der Region auftreten. Irgendwann müsste dann doch eigentlich einmal der Punkt erreicht sein, an dem das Publikum „phil“-müde wird. Aber Fehlanzeige. Tatsächlich ziehen die Musiker aus der Gegend um Bruchsal immer mehr Fans, längst auch von weiter weg, an. Das liegt vor allem an „Phil“-Frontmann Jürgen Mayer, der dem Original so nahe kommt, wie eben nur möglich. Mayer singt wie Collins, kleidet und bewegt sich wie der Brite, sieht ein bisschen aus wie dieser und ist inzwischen so beliebt, dass er sogar – was man bei Coverbands sonst nur in den seltensten Fällen erlebt – in der Konzertpause um Autogramme gebeten wird und sich für Selfies zur Verfügung stellen muss. Mayer ist mehr als ein einfacher Nachmacher, er hat Entertainerqualitäten und versteht es, die Massen zu steuern, ohne dabei wie ein billiger Animateur zu wirken. Beim Konzert in Neustadt kommt er zu „No Son Of Mine“ als Opener auf die Bühne, singt das Stück konzentriert und ohne große Theatralik und stimmt danach „Something Happened On The Way To Heaven“ an. Während der kurzen Pause zwischen den Songs reckt er beide Arme hoch gen Himmel, und alle machen es ihm unaufgefordert nach. Die Menschen stehen jetzt mit den Händen nach oben auf dem Marktplatz, wiegen sich im Takt und wirken damit wie Puppen in einem überdimensionalen Marionettentheater. Dieses Bild bleibt auch noch bei der nächsten Nummer „Billy Don’t Lose My Number“ bestehen und setzt sich bei „That´s All“ und „Land Of Confusion“, im Original von „Genesis“, fort. „Ihr seid fett“ quittiert Jürgen Mayer diese Leistung im Anschluss und bringt mit seinem gut gemeinten, aber leicht falsch zu verstehenden Spruch manche Dame dazu, prüfend an sich herunterzuschauen. Hit auf Hit jagen „Phil“ von nun an durch die Lautsprecher, wobei alle Musiker vom Gitarristen Alexander Lang, dem Bassisten Kurt Meister, dem Percussionisten Frank Stolzenthaler, Keyboarder Matthias Engel, Schlagzeuger Bernd Schubach über die dreiköpfigen Bläsersektion mit Marko Vincenzi am Saxophon, Ray Denzel an der Posaune und Thomas Sturm an der Trompete bis hin zu den Background-Sängerinnen Melanie Haag und Simone Weber immer wieder überdurchschnittliche Qualität an den Tag legen. Die beiden letztgenannten sind nicht nur beim Harmoniegesang gefordert, sondern singen mit Mayer auch jeweils ein Duett – Haag gibt bei „Against All Odds“ die Partnerin, Weber bei „Easy Lover“. Bei „I Can’t Dance“ unternimmt ein Großteil der Band einen gemeinsamen Ausflug über den Marktplatz, während „Another Day In Paradise“ wird das Publikum mittels hochgehaltener Schilder, auf denen Textfragmente stehen, zum Mitsingen aufgefordert. „In The Air Tonight“ wird natürlich wie gewohnt zu einem Höhepunkt des Auftritts, und als letzte Zugabe gibt es einen „Genesis“-Klassiker zu hören, der damals nicht von Phil Collins sondern von Peter Gabriel interpretiert wurde, „Carpet Crawlers“. Während sich Fußballfans in den umliegenden Gastronomiebetrieben über den 2 : 1-Sieg von Frankreich über Rumänien freuen, wird auf dem Marktplatz bis 23 Uhr begeistert gesungen, getanzt und Jürgen Mayer und seiner Band gehuldigt. Rainer Klundt, der sich endlich mal wieder über einen entspannten Konzertabend freuen durfte, hat „Phil“ schon wieder für den 16. Juli beim „Neuleininger Burgsommer“ gebucht.

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