Neustadt Michael Landgraf spricht über Neustadts weit zurückreichende Freiheitstradition

Michael Landgraf schlüpft immer wieder gern in die Rolle des Gelehrten Zacharias Ursinus.
Michael Landgraf schlüpft immer wieder gern in die Rolle des Gelehrten Zacharias Ursinus.

Neustadt und die Demokratie? Diese besondere Beziehung begann nach Auffassung des Neustadter Theologen und Religionspädagogen Michael Landgraf nicht erst mit dem Hambacher Fest von 1832, sondern schon Jahrhunderte früher. In der Reihe der „Mittwochstreffs“ des Fördervereins Stadtmuseum spricht er deshalb nächste Woche in der Martin-Luther-Kirche über „Neustadts Bedeutung für die Demokratiegeschichte im 16. Jahrhundert“.

Laut Landgraf kam die Begeisterung für Freiheitsrechte nicht erst in der Vormärzzeit im 19. Jahrhundert auf, sondern reiche mindestens in das frühe 16. Jahrhundert zurück. Neustadt habe damals im Zuge der Reformation sogar eine Vorreiterrolle entwickelt und Strahlkraft bis in die Niederlanden gehabt, so der Fachmann, der sich schon in einer Vielzahl von Veröffentlichungen mit geschichtlichen Themen insbesondere zur Reformationszeit auseinandergesetzt hat. Als Leiter der Neustadter Bibelmuseums, das unter anderem auch reformatorische Schriften bis zurück in 16. Jahrhundert beherbergt, forscht er seit Jahrzehnten auch über die Neustadter Kirchengeschichte. So ist es Landgraf möglich, bekannte Ereignisse mit bisher weniger bekannten Fakten zusammenzuführen und dadurch neue Perspektiven auf die Geschichte der Stadt und der Region zu finden. Die miteinander zusammenhängenden gesellschaftlichen Umbrüche der Reformation, des Bauernkrieges, aber auch die Verbreitung des Buchdruckes seien hier entscheidend.

Für die Anliegen der Bauern gab es 1525 in Neustadt viel Sympathien

So erklärt Landgraf für sich alleine betrachtet schwer Verständliches, wie etwa das Öffnen der Tore der gut befestigten Stadt 1525 für das anrückende Herr der aufständischen Bauern, mit einflussreichen Sympathisanten vor Ort. Tatsächlich war der Sprecher und Kanzler der aufständischen Bauern in Heilbronn, der Jurist Wendel Hipler, vor 1524 ausgerechnet in Neustadt tätig. Hipler vertrat die zwölf Artikel der Bauern vor den Fürsten, also etwa die Forderung nach Aufhebung der Leibeigenschaft, der Wählbarkeit der Pfarrer, aber auch die Rückgabe und Wiedereinrichtung des früheren Gemeinbesitzes von Land und Wald.

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts habe dann bei der Herausbildung von demokratischen Überzeugungen im Zuge der Reformation die Einrichtung der gewählten Ältestenräte, die sich an den Ideen des Schweizers Reformators Jean Calvin (1509–1564) orientierten, eine große Rolle. Ebenso wichtig sei das frühes Engagement für allgemeine Schulbildung, auch von Mädchen, gewesen. Als Protestant sieht Landgraf ohnehin einen Zusammenhang zwischen Bildung und der Fähigkeit nein sagen zu können, also zu protestieren, denn dies setze ja Selbstbewusstsein, Mündigkeit und damit auch zuvor vermittelte Kenntnisse voraus. Was Bildung betrifft, spiele Neustadt auch eine wichtige Rolle im Wirken des Theologen Zacharias Ursinus und des Pfalzgrafen Johann Casimir, nach dem die von diesem 1578 gegründete Hochschule Casimirianum benannt ist.

Termin

Die Veranstaltung findet am Mittwoch, 1. Juni, um 16 Uhr in der Martin-Luther-Kirche in Neustadt statt. Der Eintritt ist frei, Anmeldung über foestadtmuseumnw@web.de aber erforderlich.

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