Neustadt Lachen, Staunen, Reflektieren

Boogie-Woogie-Pianist Dan Popek lieferte bei seinem zweiten Neustadt-Auftritt innerhalb von fünf Tagen wieder eine phantastische
Boogie-Woogie-Pianist Dan Popek lieferte bei seinem zweiten Neustadt-Auftritt innerhalb von fünf Tagen wieder eine phantastische Show ab.

«Neustadt-Mussbach.» Ausverkauft war die 22. Benefiz-Gala für die Tagesbegegnungsstätte Lichtblick am Mittwochabend im Mußbacher Herrenhof. Die erwartungsvollen Besucher wurden nicht enttäuscht. Das Programm war kurzweilig, hochkarätig, sorgte für Staunen und Bewunderung, für jede Menge Lacher und regte auch zum Nachdenken an.

Seit über 20 Jahren setzt sich der „Lichtblick“ in Neustadt für Menschen in Not ein, hilft Obdachlosigkeit und Armut zu lindern. Darin erinnert Schauspielerin Hedda Brockmeyer, die an dem Abend durch das Programm führt und als erstes den Pianisten Dan Popek ankündigen kann, ein 22-jähriges Ausnahmetalent aus der Nähe von Heilbronn. Vier Tage zuvor ist er im „Konfetti“ aufgetreten, für den „Lichtblick“ beginnt er mit „Route 66“, „eine kleine Improvisation“, wie er es nennt, eine abenteuerliche Reise über die Tasten. Er setzt mit leichten Anschlägen ein, lauscht ihnen hinterher, als wolle er erkunden, was das Klavier so zu bieten hat, fällt in einen beschwingten Rhythmus. Offensichtlich zufrieden mit dem Klang und sich selbst, lacht er strahlend ins Publikum, das Publikum strahlt zurück und lässt sich mitziehen in Popeks Klangwelten. Da imitiert er, im Stehen kurz mal an den Klaviersaiten zupfend, ein Solo für Gitarre, kurz darauf eins für Bass, genießt den Zwischenapplaus. In den Jazz-Klassiker „Caravan“ von Juan Tizol und Duke Ellington integriert er Bachs Fuge c-Moll und ein kleines Präludium und erntet auch dafür Beifallsstürme. Sein Lieblings-Stil ist der Boogie-Woogie, auch da lässt er die Finger über die Tasten tanzen. Das Publikum nickt und wippt mit. Ruhiger ist sein Arrangement des „Nigerian Market-place“ von Oscar Peterson, ursprünglich für Jazz-Trio gedacht. Einen „Lichtblick-Boogie“ mit akrobatischen Einlagen schiebt er hinterher: Sein ganzer Körper ist in Bewegung, und ohne sein atemberaubendes Spiel zu unterbrechen, agiert er auf dem Schemel liegend weiter. Ein flottes Tempo legt auch Anne Vogd, kabarettistische Senkrechtstarterin aus Deidesheim, vor. Sie ist für den Haßlocher Bernd Wittmann und seine „5 Pfälzer“ eingesprungen, liest aus ihrem Buch „Ich hab’s auch nicht immer leicht mit mir“ und hält das Publikum mit einem Feuerwerk an Pointen und witzigen Einfällen in Atem. Sie genieße es, nicht perfekt zu sei, sagt sie, nehme sich „die Freiheit, anders zu sein“, fordert ein bisschen mehr Abenteuer („Vernünftigsein ist wie tot, nur vorher“) und widmet sich ausgiebig dem Thema Weingenuss. Weit weniger glatt geschliffen sind „Die Tonsucher“, sieben gestandene Männer aus dem Lambrechter Tal, die die richtigen Töne trotz ihres Namens auf Anhieb finden. Zum Vergnügen des Publikums (und sichtlich auch ihrem eigenen) hat die A-capella-Gruppe unter anderem Lieder von den „Wise Guys“ wie „Nur für dich“ und „Anna hat Migräne“ mindestens vierstimmig einstudiert, die sie mit der entsprechenden Mimik und Gestik begleiten. „Spanische Nächte“, in denen sich Männer in Toreros verwandeln, werden mit zischendem „Si, si señor“ untermalt, Lachsalven erntet Männerschreck und Frauenschwarm Andreas Knoll als „Bratislava Lover“. Voller Herzenswärme intoniert das Ensemble das schottische „Loch Lomond“. Doch „Die Tonsucher“ haben noch etwas ganz Besonderes mitgebracht: die Uraufführung von „Uff mei Palz“, eine Liebeserklärung an die Heimat. Singer/Songwriter Christian Köbler hat sie geschrieben. Angeregt von dem Buch „Kein Dach über dem Leben“ des Berbers Richard Brox, hat er sich Gedanken darüber gemacht, was „Heimat“ wohl für jemanden bedeutet, der keine feste Bleibe hat.

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