Neustadt Die Collins-Animation

Tolle Musik, aber etwas zuviel Show: Jürgen Meyer (rechts) mit „Phil“ auf dem Neustadter Marktplatz.
Tolle Musik, aber etwas zuviel Show: Jürgen Meyer (rechts) mit »Phil« auf dem Neustadter Marktplatz.

«Neustadt». Turnvater Jahn hätte am Freitag beim Konzert der Gruppe „Phil“ auf dem Marktplatz vermutlich seine helle Freude gehabt. Die Musikveranstaltung trug nämlich über weite Strecken Züge einer öffentlichen Turnstunde mit „Phil“-Frontmann Jürgen Mayer als Übungsleiter. Der Sänger der Phil-Collins- und „Genesis“-Tributeband aus dem Raum Bruchsal animierte die feierwilligen Fans, die sich rund um den Brunnen auf dem Marktplatz zahlreich versammelt hatten, immer wieder zum Klatschen, Hüpfen oder vor allem Hände-Recken.

Das wiederum führte die, die sich eigentlich viel lieber auf die dargebotene Musik konzentrieren wollten, schon beinahe an die Grenze des Erträglichen. Dabei wäre der ganze Firlefanz gar nicht notwendig gewesen, denn die Songs, die – das muss zur Ehrenrettung deutlich gesagt werden – sehr gut nachgespielt wurden, sprechen eigentlich für sich und garantieren auch ohne Klamauk gute Partystimmung. Im Vergleich zu ihrem Auftritt vor zwei Jahren an gleicher Stelle hatten Mayer und seine zehn Mitspieler ihre Spielliste etwas umgestellt, ansonsten aber alles beim Alten belassen. Die Band, die derzeit ihr 20-jähriges Bestehen feiert, startete ihre Show diesmal nicht mit „No Son Of Mine“, sondern, nach einem kurzen Intro, mit „Tonight, Tonight“ und ließ daraufhin das eher selten zu hörende „Hanging Long Enough“ folgen. Dann aber gingen der Hit-Express und die eingangs erwähnten Leibesübungen richtig los. Die Tanznummer „Don’t Lose My Number“, das schwülstige „Against All Odds“ – im Duett mit Sängerin Larissa Doll gesungen und von Matthias Engel am Piano begleitet –, der verspätete „No Son Of Mine“, die „Genesis“-Nummer „That’s All“ und das vom echten Phil Collins als Reaktion auf die Trennung von seiner damaligen Ehefrau geschriebene „I Missed Again“ – alle Gassenhauer wurden präsentiert und sehr nahe am Original dargeboten. Dazu gab es auf einer Leinwand, die auf der Bühne hinter dem Schlagzeug aufgespannt war, eine Mischung aus echten Collins/„Genesis“-Videos, selbstgedrehten „Phil“-Filmchen und Liveaufnahmen direkt vom Neustadter Marktplatz zu sehen. Das „direkt“ ist dabei nicht so wörtlich zu nehmen, denn von der Aufnahme bis zur Ausstrahlung verzögerte sich die Übertragung jeweils um ein paar Sekunden, so dass beispielsweise der letzte Schlag des Drummers erst dann auf der Leinwand zu sehen war, als der Song längst vorbei war. Aber so genau wollte das an diesem Abend keine/r wissen und wenn solch eine Ungereimtheit doch mal zu deutlich aufgefallen sein sollte, hatte Mayer, wie etwa bei „Land Of Confusion“, stets einen Spruch auf Lager, um den Fauxpas schnell vergessen zu machen. Zu „I Know What I Like (In Your Wardrobe)“ imitierte Mayer den im Film „Genesis in Concert“ von 1976 zu sehenden Tanz von Collins mit dem Tamburin, und zu „Invisible Touch“ stellte er dem Publikum die Aufgabe, seine „Yeah, oh yeah“-Rufe in „Call and Response“-Manier zu wiederholen. Mehrfach machte er während seines Gesangsvortrags auch Film- und Fotoaufnahmen von der Menge, die ihm die Hände entgegen reckte. Zu einem Highlight des Konzerts wurde natürlich Collins’ zweitgrößter Hit nach „Another Day In Paradise“, „In The Air Tonight“, der, sieht man einmal von einem Mayer’schen Mitklatschgesuch gegen Ende des Liedes ab, wohltuenderweise fast ohne Showeinlagen auskam. „I Can´t Dance“ war wie immer von einem Ausflug von Mayer und seinen Backgroundsängerinnen in die Zuschauermenge begleitet, und zu „Another Day In Paradise“ wurden, ebenfalls wie immer, Textblätter von den Musikern in die Höhe gehalten, um den Fans das Mitsingen zu erleichtern. Das Spektakel endete schließlich nach rund zweieinhalb Stunden mit den Zugaben „Sussudio“ und „Carpet Crawlers“, einem Song, der einst von Peter Gabriel gesungen wurde und nichts mit Phil Collins zu tun hat, aber genau der richtige war, um das aufgewühlte Publikum wieder auf Normalzustand zurückzufahren.

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