Neustadt Der „Stadtsheriff“ ist zurück

Jürgen Brenner, besser bekannt als der „Sheriff von Neustadt“, sorgt als städtischer Angestellter seit knapp 20 Jahren für Ordnung auf den Straßen. In den vergangenen zehn Monaten aber war der Mann mit dem Fahrrad aus dem Stadtbild verschwunden – er hatte Krebs. Jetzt hat Neustadt seinen beliebten Ordnungshüter wieder – geheilt und um mehrere Lebensgeschichten reicher.

Jürgen Brenners bisheriger Lebenslauf ist bewegend: Durch seine schwere Jugend, in der er als Prügelknabe für den Vater herhalten musste, ließ er niemanden an sich heran. Er geriet auf die schiefe Bahn, mit Alkohol und Drogen. „Ich bin nicht stolz auf das, was ich gemacht habe“, gibt der „Stadtsheriff“ zu. Gewandelt habe er sich durch die Kraft Gottes, wie er sagt: „Der liebe Gott hat mich gelenkt, von allem Negativen weg.“ Geholfen haben ihm auch Menschen aus seinem Umfeld. Der damalige Hambacher Ortsvorsteher Benno Zech sah, wie schlecht es Brenner ging, und bot ihm einen Job im Hambacher Schwimmbad an, wo er für Ordnung sorgen sollte. Zwei Sommer lang erledigte Brenner seine Arbeit so gut, dass der damalige Neustadter Oberbürgermeister Jürgen Weiler auf ihn aufmerksam wurde. Im April 1995 folgte Brenners Einstellung bei der Stadtverwaltung. Von da an ging es mit dem gläubigen Christ, der immer eine goldene Kette mit einem Kreuzanhänger um den Hals trägt, stetig bergauf. Er trat der Freien Christengemeinde bei, der seine Frau bereits angehörte. Während seiner Arbeit ist der „Stadtsheriff“ ausschließlich mit dem Fahrrad unterwegs. Aus einem einfachen und gleichzeitig tragischen Grund: „Ich habe keinen Führerschein, weil mein Lieblingsbruder bei einem Autounfall gestorben ist. Ich traue mir das zwar zu, aber ich habe mir an seinem Grab geschworen, dass ich niemals einen Führerschein machen werde.“ Ironie des Schicksals: Am 7. Januar dieses Jahres hatte Brenner an derselben Stelle, wo sein Bruder tödlich verunglückt war, ebenfalls einen Unfall mit unvorhersehbaren Folgen für sein Leben. Im Nachhinein ist er dankbar dafür. „In Höhe des Sportstudios beim Aldi ist es passiert. Da hat mich ein Auto voll erwischt“, erzählt Brenner. Mit dem Verdacht auf innere Blutungen wurde er ins Krankenhaus eingeliefert. Dort fanden die Ärzte einen 15 Zentimeter großen Tumor in und auf Brenners Leber. „Das war zu viel für mich. Ich wollte heim zu meiner Frau. Erst kurz bevor ich an der Tür war, hielten mich die Ärzte auf und machten mir klar, dass die Lage ernst ist.“ In dem Moment verlor der sonst so positiv eingestellte Mann alle Hoffnung. „Ich gehe jetzt heim, egal was ihr mir sagt. Ich will nicht mehr“, antwortete er seinen Ärzten. Nach einem Wochenende mit seiner Familie kehrte der „Stadtsheriff“ montags doch in die Klinik zurück. Bei den folgenden Untersuchungen stellte sich heraus, dass er Lymphknotenkrebs hatte. Wäre die Krankheit nicht entdeckt worden, hätte er nur noch ein halbes Jahr zu leben gehabt. Die Behandlung im Mannheimer Uniklinikum setzte dem 58-Jährigen schwer zu: „Hinter der Hand nennen sie die Abteilung Todeszone. Bei einem Spaziergang auf der Station ging auf einmal die Tür auf und eine junge Frau wurde tot aus dem Zimmer gefahren. Wenn ich den lieben Gott nicht gehabt hätte, wäre ich damals aus dem Fenster gesprungen“, erzählt Brenner. In dieser Zeit habe er viel Unterstützung erfahren: durch seine Kirchengemeinde und die Neustadter Bürger. „Das war so ergreifend und schön. In den drei Wochen waren zwischen 30 und 50 Leute bei mir zu Besuch. Manchmal standen sie zu viert im Zimmer.“ Im Krankenhaus wurde der sonst so extrovertierte Mann auch einmal vor eine Situation gestellt, die er sich nicht gleich zutraute: „Ein Oberarzt fragte, ob ich vor Studenten über meine Krankheit sprechen wolle.“ Nach kurzem Zögern entschied sich Brenner dafür, weil er auf Gott vertraute. Wenn man so will, wurde er auch bei einem Vorfall in der Kurklinik in Bad Homburg von Gott gelenkt. „Ich war im Wald spazieren. Als ich um eine Kurve gelaufen bin, habe ich einen seitlichen Schritt gemacht. Das hat mir das Leben gerettet, weil ich plötzlich hörte, wie es unnatürlich hinter mir knackte. Der Baum, der mit einem lauten Rumms umgekippt ist, hätte mich voll erwischt. Ich habe zitternd dagestanden und sofort gebetet“, erzählt Brenner und ergänzt lachend: „Ich bin weitergelaufen und habe einen älteren Mann gesehen. Ich musste das loswerden und habe ihm meine Geschichte erzählt. Als ich fertig war, meinte der Rentner nur: Ja guter Mann, da hat’s der liebe Gott gut mit Ihnen gemeint.“

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