Ludwigshafen Pilgerreise zur Kunst und Skulpturen aus dem Wald

Macht ihre Pilgerreise zu Orten der Kunst zur Kunstaktion: Die Schweizerin Marinka Limat.
Macht ihre Pilgerreise zu Orten der Kunst zur Kunstaktion: Die Schweizerin Marinka Limat.

Ein Schweizer, eine Schweizerin und ein Deutscher in Irland – macht zusammen drei bemerkenswerte Neuentdeckungen in Mannheimer Galerien. Bei Grandel ist die Performerin Marinka Limat zu Gast, bei Zimmermann absolvieren der Maler Holger Baehr und der Bildhauer Marcus Messmer im Rahmen einer mit Highlights aus dem Galerieprogramm bestückten Sommerausstellung einen ersten Probelauf.

Fünf Jahre ist es jetzt her, da bekam Reinhold Weinmann unerwarteten Besuch von einer Künstlerin, die er bis dahin nicht kannte. Marinka Limat kam aus dem schweizerischen Fribourg, hatte 2011 in Bern ihren Master in Art Education gemacht und war jetzt freischaffend unterwegs. Der Grund des Besuches elektrisierte den Galeristen. Marinka Limat war mit Einmannzelt und Landkarten unterwegs auf einer Pilgerreise von Fribourg ins 1100 Kilometer entfernte Berlin. Entlang der meist durch ländliche Gebiete führenden Route besuchte sie gut 50 Museen, Galerien und Ateliers. Jedesmal ließ sie sich ihr Pilgerbuch abstempeln und bat „im Namen der Kunst“ um einen Segen. Nicht wenige waren irritiert, die meisten fügten sich dem ungewöhnlichen Wunsch. Auch Reinhold Weinmann, dessen Reisesegen in einer (unverkäuflichen) dreiminütigen Videosequenz auf Minibildschirm festgehalten ist. Mit nach Hause nehmen kann der Kunstfreund allerdings für schlappe 50 Euro in einem Schächtelchen einen USB-Stick mit der etwa einstündigen, an skurrilen, interessanten und vielleicht auch wichtigen Ereignissen und Geschichten reichen Filmdokumentation der „Kunstpilgerreise 1“. Die Nummerierung deshalb, weil Marinka Limat bisher noch zweimal on the road war: 2015 ging es von Murten zur Biennale nach Venedig (41 Tage), im Documenta-Jahr 2017 in 163 Tagen von Kassel nach Athen. Die Ausstellung bei Grandel sammelt die Spuren ihres Tuns: Eine Federkrone, eine wandfüllende Fotodokumentation von Limats Schlafplätzen, eine Boden-Installation mit Handschalen aus Keramik, je eine für die 65 Tage der Fußtour nach Berlin, eine 40-teilige „Tafel der Erkenntnisse“ mit Merksätzen wie „Être chassé pieds nus“, also so viel wie „barfuß gejagt werden“. Da lob einer doch den Galeristen, der sich mit dieser Ausstellung ziemlich weit von seinem üblichen Programm entfernt hat, einfach weil ihm die Künstlerin und ihr Projekt (zu Recht) so wichtig waren. Der Appell, sie zu berühren, ist unwiderstehlich. Stelenartig schlank aufwachsende, von innerer Bewegung beseelte Figuren von elegantem bis knorrig-rustikalem Charakter: Marcus Messmers Skulpturen kommen aus den Wäldern, in denen sie entstanden sind. Vom Sturm gefälltes „Opferholz“ oder vom Förster freigegebene Stämme sind das Material in Messmers mit der Kettensäge zur Kunst erhobenem Freilufttheater. In diesem finden sich Winzlinge von 22 Zentimetern Höhe und museumstaugliche Köpfe, die fast einen Meter erreichen. Alle Exponate sind gefertigt aus frisch geschlagener Eiche aus Ostschweizer Wäldern und anschließend geschwärzt. Das nicht abgelagerte Holz wird weiterarbeiten, da sind einige Überraschungen drin. Dem 1973 in Winterthur geborenen Messmer sieht man den einstigen Banker schon lange nicht mehr an. Mit seiner Frau hat er den Biohof der Schwiegereltern übernommen, ist ein begnadeter Koch (Rezepte im Internet) und fest davon überzeugt, dass „Natur und Kunst zusammenbleiben müssen“. Ebenfalls bei Zimmermann ausgestellt und leicht zu übersehen sind die kleinen quadratischen Erinnerungs-Landschaften von Holger Baehr, einem weiteren Seiteneinsteiger, der in Irland seine Passion für die Landschaft des Shannon und die Malerei entdeckte. Mit ihren tiefgelegten Horizonten und den dröhnend illuminierten Himmeln darüber wirken sie ein bisschen fremd in der Gesellschaft von Galeriegrößen vom Kaliber der Kuno Gonschior, Klaus Staudt, Georges Noel und Katie Pratt. Und behaupten sich trotzdem. Öffnungszeiten —Galerie Grandel in Mannheim, S 4, 23. Bis 25. August, geöffnet Samstag 10 bis 16 Uhr und nach Vereinbarung. —Galerie Peter Zimmermann in Mannheim, Leibnizstraße 20. Bis 4. August, geöffnet Dienstag bis Freitag 12.30 bis 18 Uhr, Samstag 11 bis 14 Uhr.

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