Ludwigshafen Paten-Oma als „Erfüllung“

Fröhliche Runde in Neuhofen: Familienpatin Brigitte Behrendt (links) bei den Kindern von Mitra Tanchova und ihrem Mann Andreas K
Fröhliche Runde in Neuhofen: Familienpatin Brigitte Behrendt (links) bei den Kindern von Mitra Tanchova und ihrem Mann Andreas Kubiaczyk.

«Neuhofen.»Als es klingelt, ist Ina sofort zur Stelle. Und kaum hat Brigitte Behrendt die Wohnung betreten, holt die Dreijährige schon einen Ball, der kurz darauf munter hin- und hergerollt wird. Zwischendurch hört die 64-Jährige aufmerksam der sechsjährigen Sophie zu, die sorgfältig Aufkleber in ein Stickerheft einklebt und ihr Werk gerne präsentieren möchte. Ein Außenstehender würde wohl wie selbstverständlich davon ausgehen, dass hier eine Oma mit ihren Enkelinnen spielt. Und mittlerweile fühlt es sich auch für alle Beteiligten beinahe so an, als wäre genau das der Fall. Brigitte Behrendt kommt seit mehr als eineinhalb Jahren regelmäßig zu der Neuhofener Familie, betreut eines, manchmal auch beide Mädchen oder bringt Sophie vom Kindergarten zur Musikschule. Anzeigen, die über das Angebot der Familienpaten informieren, waren Mitra Tanchova und ihrem Mann Andreas Kubiaczyk schon häufiger aufgefallen. Und als bei der 44-Jährigen nach einem Jahr Elternzeit die Rückkehr in den Beruf anstand, hat sie bei Constanze Eichhorn angerufen. Die Familienpaten-Koordinatorin für Schifferstadt, Limburgerhof sowie die Verbandsgemeinden Rheinauen und Römerberg-Dudenhofen traf sich zunächst allein mit der Familie. Das ist generell üblich. „Ich schaue dann, mit wem es passen könnte“, erklärt Eichhorn. Für die Familie Tanchova/Kubiaczyk wurde trotz teils langer Wartelisten schon nach vier Monaten die passende Patin gefunden. Brigitte Behrendt hatte kurz zuvor zufällig den Flyer der Familienpaten im Rathaus in Waldsee gesehen. Und da sie ohnehin auf der Suche nach einer Beschäftigung war, meldete auch sie sich bei Constanze Eichhorn. „Wenn man im Rentenalter ist, hat man ja plötzlich furchtbar viel Zeit“, erklärt die 64-Jährige. Erfahrung mit Kleinkindern bringt sie ebenfalls mit: Ein- bis zweimal in der Woche kümmert sie sich um ihre Enkeltochter. Die Rentnerin empfindet das Zusammensein mit ihrer eigenen oder den zwei Paten-Enkelinnen als „Erfüllung“, wie sie ohne lange nachzudenken erklärt. „Wenn ich hier bin, vergesse ich meine ganzen Sorgen“, sagt sie und fügt hinzu: „Es motiviert mich, mich fit zu halten.“ Und das ist auch durchaus nötig, denn Ina hat manchmal recht sportliche Spielideen. „Das letzte Mal haben wir getanzt“, berichtet Brigitte Behrendt und lacht. „Ich war danach fertig, aber Ina war fit.“ Die Eltern der Dreijährigen sehen das Konzept der Familienpaten ganz klar als Win-win-Situation für alle Beteiligten. Für die Patin sei es eine schöne Aufgabe, ihnen verschaffe es ein wenig Zeit für andere Dinge und den Kindern tue es gut, die volle Aufmerksamkeit eines Erwachsenen zu bekommen. „Die älteren Leute haben viel mehr Ruhe im Umgang mit den Kindern“, findet Mitra Tanchova. Ihr selbst mangele es im stressigen Alltag oft an der nötigen Geduld. Andreas Kubiaczyk freut sich, dass Brigitte Behrendt häufig spielerisch versucht, die Kinder aufzufangen und für ein neues Spiel zu begeistern, wenn sie mal trotzig oder schlecht gelaunt sind. „Das ist auch richtig so, aber man muss die Zeit dafür haben“, meint der 44-Jährige, der Vollzeit im Vertrieb eines Automobilzulieferers arbeitet. Auch Mitra Tanchova arbeitet seit Kurzem wieder Vollzeit und hat auch danach einen eng gestrickten Zeitplan. Noch lässt sich dank der Ganztagsplätze in der Kindertagesstätte alles unter einen Hut bringen, doch mit Sophies Einschulung im kommenden Jahr wird sich das wohl ändern. „Es gibt zwar einen Hort, aber das ist teuer“, sagt die SAP-Angestellte. Deshalb überlegt sie, ob sie dann ihre verbliebene Elternzeit nehmen muss. Zum Glück kann sie aber auch weiterhin auf das Angebot der Familienpaten zurückgreifen, da sie mit Ina noch ein jüngeres Kind hat. Mit der Einschulung endet im Regelfall die Betreuung durch die ehrenamtlichen Familienpaten. Anfangs lag die Altersgrenze sogar bei drei Jahren, sagt Constanze Eichhorn. „Aber dann hat man festgestellt, dass Familien mit größeren Kindern auch Bedarf haben.“ Und der ist enorm. Im vergangenen Jahr wurden laut Eichhorn 60 Familien im Rhein-Pfalz-Kreis betreut, doch in fast allen Orten gebe es Wartelisten. „Es werden mehr Paten gebraucht“, so die Koordinatorin. Die Ursache des Betreuermangels sieht Constanze Eichhorn vor allem darin, dass viele Menschen dorthin ziehen, wo sie eine Arbeit finden. Wenn Kinder da sind, fehle somit die Unterstützung durch die Großeltern. Den Eltern regelmäßig ein wenig Zeit zum Luftholen zu verschaffen, ist das primäre Ziel der Familienpaten. „Wir sind kein Ersatz für die professionelle Familienhilfe“, betont Constanze Eichhorn. Es gehe also auch nicht darum, Familien mit starken Problemen unter die Arme zu greifen. Dennoch ergänzt das Projekt entsprechende frühe Hilfen. Die Expertin bringt es auf den Punkt: „Je sorgenfreier die Eltern sind, umso glücklicher können die Kinder aufwachsen.“

x