Ludwigshafen Nest mit Alarmanlage gesichert

„Sie wurden vergiftet, gefangen oder abgeschossen“, sagt Franz Stalla, Leiter des Arbeitskreises für Ornithologie und Naturschutz an der städtischen Volkshochschule. Erst seit knapp 30 Jahren gehe die Anzahl der im Stadtgebiet brütenden und jagenden Vögel wieder nach oben. „Zum ersten Mal brütete ein Wanderfalke 1985 wieder in Ludwigshafen, und zwar an einem Bau der BASF in 36 Metern Höhe. Der Platz wurde seitdem ununterbrochen genutzt und wird bereits in der vierten Generation bebrütet.“ Obwohl Wanderfalken eigentlich Felsbrüter seien, würden sie in großen Städten auf Gebäude als Brutstätten zurückgreifen. Es sind nicht nur Wanderfalken, die Ludwigshafener bei einem Blick nach oben zu Gesicht bekommen können. Auch Baumfalken, die ihren Nachwuchs vorwiegend in Bäumen großziehen, und Turmfalken, die sowohl Gebäude als auch Bäume als Brutstätten nutzen, lassen sich hier nieder. „Turmfalken sind in der Pfalz bedeutend häufiger zu finden als Wanderfalken. Am seltensten sieht man hier Baumfalken“, sagt Stalla. Anhand ihres Gefieders kann man die verschiedenen Falkenarten gut auseinanderhalten. Junge Wanderfalken erkennt man an ihren dunkelbraunen Federn mit hellen Spitzen und der schwarzbraun gestreiften, hell-bräunlichen Unterseite. Altvögel haben eine schwarzgraue Kappe mit breitem Bartstreif, sind an Wangen und Kehle leuchtend weiß und haben eine schiefergraue Oberseite, die teilweise aufgehellt ist. An ihrer weißlichen Unterseite sind dunkle Streifen zu erkennen. In der Pfalz gibt es laut Stalla momentan 25 Brutpaare, die meisten davon im Süden der Region. Dem Vogelexperten geht es aber vor allem um die Wanderfalken, im Fachjargon „Falco peregrinus“ genannt. Für die bis zu 51 Zentimeter großen Vögel hat sein Arbeitskreis in den letzten Jahren künstliche Brutkästen aufgestellt, die in einer Behindertenwerkstatt hergestellt wurden. Einer davon befindet sich in einer Kirche im Stadtgebiet. „Da sie kein eigenes Nest bauen, muss die Brutstätte groß genug für die Vögel und ihren Nachwuchs sein“, sagt Stalla. Mehr zu den Aufenthaltsorten der 80 Zentimeter langen und 50 Zentimeter hohen und breiten Holzkästen verrät Stalla nicht, da die Tiere nach wie vor sehr begehrt sind und er den Diebstahl von Eiern verhindern will. Am Kasten auf dem Gelände der BASF sei sogar eine Alarmanlage installiert worden. „Für Tiere, die als Jagdvögel eingesetzt werden können, zahlen manche Abnehmer bis zu 50.000 Euro“, sagt Stalla. Bis die Jungvögel flugfähig sind, vergehen in der Regel 35 bis 42 Tage. Dann erst verlassen sie ihr Nest. Ausgewachsen sind die Weibchen bis zu sechs Zentimeter größer als die männlichen Wanderfalken. Viele der Vögel erreichen kein allzu hohes Alter, da sie laut Stalla von Autos und Lastwagen angefahren werden oder versehentlich gegen Glasscheiben fliegen. „Der älteste Wanderfalke in Deutschland ist 21 Jahre alt“, sagt er. „Wenn Jungvögel wegen einer Störung das Nest verlassen und gefunden werden, kommen sie in die Greifvogelstation in Haßloch, wo sie bis zur vollen Flugfähigkeit betreut und anschließend freigelassen werden.“ Auf dem Speiseplan der flinken Raubvögel stehen andere Vögel von Drossel- bis Hühnergröße, bei uns überwiegend Amseln, Stare, Tauben und Raben. Ein Falke fängt seine Beute mithilfe seiner langen und scharfen Krallen und stößt oft beim rasanten Sturzflug von oben auf andere Vögel herab, laut Stalla mit bis zu 200 Stundenkilometern. „Es gibt keine Klasse des Tierreichs, die so gut erforscht ist wie die Vogelwelt“, erklärt er. Dazu beigetragen habe auch die Beringung der Tiere. Nicht nur den Wanderfalken, sondern 60.000 Vögeln von über 100 verschiedenen Arten haben Stalla und seine Mitarbeiter bisher kleine Metallringe um die Beine gebogen. Darauf zu lesen sind der Name der Vogelwarte Radolfzell, die zum Max-Planck-Institut für Ornithologie gehört, und einige Ziffern und Buchstaben, die eine genaue Identifizierung der Tiere ermöglichen. So können die Forscher nicht nur das Alter der Tiere genau bestimmen, sondern auch ihre Zugwege nachvollziehen. Falken ziehen zwar nicht zur Überwinterung nach Afrika, bleiben aber auch nicht ihr Leben lang an einem Ort. Sie streunen im Winter auf der Suche nach neuen Jagdgebieten vor allem nach Norden und kehren später wieder an ihren Geburtsort zurück. „Wir haben schon Rückmeldungen aus Leverkusen bekommen, dass einer unserer Vögel dorthin gezogen ist“, sagt Stalla.

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