Ludwigshafen Ludwigshafen: Team im Ernst-Bloch-Zentrum ist komplett

Neu im Team des Ernst-Bloch-Zentrums: Archivleiter Matthias Mayer und Kulturmanagerin Pamela Pachl.
Neu im Team des Ernst-Bloch-Zentrums: Archivleiter Matthias Mayer und Kulturmanagerin Pamela Pachl.

Das neue Team im Ernst-Bloch-Zentrum ist nun komplett. Im Herbst übernimmt Immacolata Amodeo die Leitung der Ludwigshafener Kultureinrichtung. Die längere Zeit vakante Position des Archivleiters ist mit Matthias Mayer besetzt worden, Pamela Pachl ist die neue Kulturmanagerin. Matthias Mayer und Pamela Pachl sind seit Herbst im Bloch-Zentrum beschäftigt, beide wurden aus einer Vielzahl von Mitbewerbern ausgewählt.

Matthias Mayer ist nun eine Art Bindeglied zwischen Tübingen, dem letzten Wohnort Ernst Blochs, und Ludwigshafen, wo Bloch geboren und aufgewachsen ist. Mayer hat nämlich neben seiner neuen Tätigkeit als Archivleiter in Ludwigshafen noch einen Lehrauftrag an der Universität Tübingen und pendelt daher zwischen den Städten. In Tübingen studierte der gebürtige Stuttgarter zunächst katholische Theologie, dann Philosophie, wurde in beiden Fächern promoviert und schrieb seine beiden Dissertationen zwar nicht ausdrücklich über Blochs Philosophie, aber doch vor deren Hintergrund.

Interesse trotz anfänglichen Schwierigkeiten mit den Schriften

„Ich kam mit Blochs Philosophie zuerst im Theologiestudium in Berührung“, erinnert sich der neue Archivleiter. „Von den Theologen in Tübingen wurde sie damals stärker rezipiert.“ Dreimal habe er während seines Theologiestudiums angefangen, Schriften Blochs zu lesen; dreimal habe er sie wieder weggelegt, weil sie ihm zu schwierig erschienen. Aber sein Ehrgeiz war geweckt. So schrieb Mayer seine erste Dissertation über „Die politische Theologie Girolamo Savonarolas“, eine Studie über die Vorstellungswelt des religiösen Eiferers, der am Ende des 15. Jahrhunderts drei Jahre lang über Florenz herrschte und auf dem Scheiterhaufen endete. Gleich im Titel griff die Untersuchung mit der Wendung „politische Theologie“ einen Begriff auf, der Bloch mit dem befreundeten Johann Baptist Metz verband. Als Mayer jetzt das Bloch-Archiv übernommen hat, galt sein erster Griff daher dem Briefwechsel Blochs mit dem linkskatholischen Theologen.

Berührungspunkte mit Bloch

Noch näher rückte Mayer Bloch im Philosophie-Studium bei Bloch-Schüler Eberhard Braun. Die zweite Dissertation hieß „Ohnmächtige Ethik: Psychoanalyse und Marxismus bei Jean-Paul Sartre“. Und wieder ging es in der Untersuchung nicht ausschließlich um den französischen Existenzphilosophen, sondern auch um Berührungspunkte mit Bloch. Mayers Habilitationsschrift schließlich, die Voraussetzung für eine Professur, galt Schelling. Schon ihr Titel „Objekt-Subjekt“ greift Blochs Buchtitel „Subjekt-Objekt“ über Hegel auf. Weil Mayers philosophischer Lehrer Eberhard Braun, ein früherer Assistent Blochs, inzwischen gestorben war, habilitierte sich Mayer bei Manfred Frank, einem renommierten, inzwischen emeritierten Tübinger Spezialisten für die Romantik und den Deutschen Idealismus, der schon der Zweitgutachter seiner Dissertation über Sartre war.

Aufarbeitung der archivierten Schriften

Ernst Bloch gilt dem neuen Leiter des lange verwaisten Archivs als „einer der bedeutendsten Denker des 20. Jahrhunderts“. Bei den Studenten in Tübingen sei seine Philosophie auch heute noch gefragt, wie er an seinen Lehrveranstaltungen sehe, erzählt Mayer. Von der Stelle im Ernst-Bloch-Zentrum verspricht er sich nun die Möglichkeit, Archivschätze zu heben und die Ergebnisse seiner Nachforschungen an der Universität in Tübingen mit der Lehre weiterzugeben oder in dem vom Bloch-Zentrum herausgegebenen Bloch-Almanach mitzuteilen. So seien etwa die Stasi-Protokolle aus Blochs Zeit in der DDR noch nicht aufgearbeitet. Und erst jüngst sei das Archiv um Mitschriften eines Hörers von Blochs Leipziger Vorlesungen erweitert worden. Die Manuskripte der Vorlesungsreihe, die Bloch von 1949 bis 1956 hielt und in der er damals die gesamte Philosophiegeschichte durchmaß, seien zwar längst bei Suhrkamp in vier Bänden veröffentlicht. Es wäre für den Archivleiter jedoch interessant zu prüfen, wie weit der in seinen Reden mündlich oft improvisierende und bald von der DDR-Führung geächtete Bloch sich damals „aus dem Fenster gelehnt“ hat. Seine Zukunft sieht Mayer aber nicht an der Universität, sondern im Bloch-Zentrum, wo Manuskripte, geordnet in 227 Mappen und gesichert in zwei Panzerschränken, auf eine Sichtung warten.

Berufswunsch schon im Studium

Pamela Pachl, Kulturmanagerin und im Bloch-Zentrum für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, hat von klein auf eine enge Bindung an Bloch. Auch ihr Elternhaus stand in der Ludwigshafener Maxstraße, und schon während ihres Studiums in Mannheim hatte sie den Wunsch, eines Tages eine Beschäftigung im Bloch-Zentrum zu finden. Bis es soweit war, studierte sie erst einmal Kunstgeschichte und Germanistik in Heidelberg, Mannheim und Landau und wurde mit einer Arbeit über „Skateboard Sticker“ bei dem Heidelberger Kunsthistoriker Henry Keazor promoviert. Dabei handelt es sich um Werbeaufkleber mit Motiven von Leonardo da Vincis Abendmahl bis zu M. C. Escher, die von Skateboardern als Erkennungszeichen benutzt werden. Nach ihrem Studium arbeitete Pamela Pachl viele Jahre als freie Kunsthistorikerin unter anderem in Mannheim an der Abendakademie, in der Stadtgalerie, im Einraumhaus, bei Zeitraumexit und als Galeristin in den Mannheimer Quadraten. Im Bloch-Zentrum hat sie bereits bei der Ausstellung „Engel der Geschichte“ mitgewirkt und jüngst die Foto-Ausstellung über die Walzmühle kuratiert. Für die Zukunft hat sie viele Ideen, etwa eine Ausstellung über „aufrechten Gang“, eine Blochsche Wendung für Zivilcourage. Für die Zukunft wünscht sie dem Ernst-Bloch-Zentrum mit seinem anspruchsvollen Wissenschaftsprogramm, dass die immer noch verbreitete Schwellenangst weiter sinken möge.

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