Ludwigshafen „Komm in den totgesagten Park und schau!“

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Seine letzten beiden Regionalkrimis hat Harald Schneider bei den Nibelungenfestspielen in Worms („Sagenreich“) und bei einem Kartoffelgroßhändler in Frankenthal („Mordsgrumbeere“) angesiedelt. In Palzkis 14. Fall schickt der Vielschreiber seinen Ermittler nun wieder einmal zum Einsatz auf die andere Rheinseite nach Mannheim. Schauplatz ist der Luisenpark.

In „Parkverbot“ gibt es drei Tote. Der erste ist der Hausmeister der Festhalle Baumhain, der während einer Fitness-Ausstellung erstochen wird. Die zweite eine gewisse Eirin Mähn vom Mannheimer Sportverein TSV 1846, die vom Fernmeldeturm gestürzt wird. Der dritte ein Funktionär des TSV, der Michael Messer heißt und sinnigerweise auch mit einem Messer in der Brust im Pflanzenschauhaus aufgefunden wird. Damit Reiner Palzki auf baden-württembergischen Hoheitsgebiet ermitteln darf, wird der Schifferstadter Kommissar an die Mannheimer Polizei ausgeliehen. Bei seinen Ermittlung stößt er auf ein geheimes Büro im Fernmeldeturm, auf unklare Eigentumsverhältnisse des Geländes und irrwitzige Umbaupläne, die auf dem Areal des Luisenparks einen Hubschrauberlandeplatz, eine Indoor-Skihalle und einen Hotelkomplex vorsehen. Gott sei Dank kann Palzki dem größenwahnsinnigen Umgestalter, der natürlich auch der Mörder ist, das Handwerk legen. Harald Schneider lässt seine Fantasie also wieder ungehemmt ins Kraut schießen. Seine wildwuchernde Einbildungskraft führt ihn allerdings auch immer wieder weit ab vom geraden Weg der Verbrechensaufklärung. Nebenzweige überwuchern immer wieder den Hauptstrang aus Täterspuren und Tatmotiv. Eine solche Nebenhandlung, die viel Raum einnimmt, betrifft die Fitnessgeräte, die Palzkis unfähiger und arroganter Vorgesetzter, Klaus Pierre Diefenbach, kurz KPD genannt, diesmal der Schifferstadter Kriminalinspektion und seinem unsportlichen Kriminalhauptkommissar verordnet. Ausführlich geht es auch wieder einmal um die Diät, die der übergewichtige und bekennende Fastfood-Fan Palzki sich selbst verordnet hat. Selbstverständlich muss die treue Harald-Schneider-Fangemeinde aber nicht auf das Stammpersonal jedes Palzki-Krimis verzichten. Dr. Metzger ist inzwischen zum „Not-Notarzt“ aufgestiegen und verkauft ein an „Asterix und Obelix“ angelehntes Druiden-Gebräu. Jacques Bosco, der geniale Erfinder und „letzte Allgemeinwissenschaftler“ (was auch immer das sein mag), ist dabei, ein ultimatives Mittel, um schlank zu werden, zu entwickeln. Der lästige Hobbyschriftsteller Dietmar Becker, neben Palzki ein weiteres Alter Ego des Verfassers, der diesem reichlich Gelegenheit zu selbstironischen Bemerkungen gibt, weicht ihm nicht von der Seite. Frau Ackermann, Palzkis geschwätzige Nachbarin, kommt erfreulich kurz weg, was jedoch nicht bedeutet, dass dieser bemüht humorvolle Krimi keine Längen hätte. Im Gegenteil, er enthält „Kilowattstunden Geschwafel“, wie es einmal zutreffend heißt. Auch sonst ist „Parkverbot“ wieder ein typischer Harald-Schneider-Krimi. Wenn nicht alles täuscht, dann enthält er allerdings nicht so viele Rechtschreibfehler wie seine Vorgänger. Mit Stilblüten und grammatikalischen Schnitzern ist er jedoch wieder reichlich gespickt. Ein Satz wie „Zu meinem Unbill war sie nicht allein“ lässt jedem einigermaßen verständigen Leser die Haare zu Berge stehen, „Beinahe hätte ich vor Lachen laut herausgelacht“ trägt dagegen eher zur Erheiterung bei. Statt „prustete sich auf“ hätte es wohl heißen sollen „plusterte sich auf“, und der „Recherchator“ ist eine Harald-Schneider-Neuprägung. Ob der Abdruck von Schwarzweiß-Fotos zur Illustration von Schauplätzen – Luisenpark, Fernmeldeturm, Polizeiinspektion Schifferstadt, Friedenskirche und der Imbiss „Currysau“ in Speyer – der Fantasie des Lesers zuträglich ist, ist sehr die Frage. Ein Urteil über „Parkverbot“ fällt Harald Schneider selbst mit einer kritischen Bemerkung über die Bücher seines Hobbyschriftstellers Dietmar Becker. „Ich konnte es nicht glauben“, heißt es da, „wie viele Menschen es gab, die ihre kostbare Lebenszeit mit dem Lesen von Beckers unrealistischen Pseudokrimis vergeudeten.“ Zu den unfreiwillig komischen Seiten dieser Krimi-Groteske gehört es, dass ihm das Gedicht „Wilder Park“ von Stefan George vorangestellt ist. Der Zusammenhang der geschliffenen Verse des völlig humorfreien, bis zur Pedanterie formvollendeten Lyrikers mit Harald Schneiders 14. Palzki-Krimi erschließt sich nicht. Einziger Anknüpfungspunkt für die Assoziation ist der „Park“ in beiden Titeln. Aber warum dann nicht Georges bekannteres Gedicht „komm in den totgesagte park und schau“? Lesezeichen Harald Schneider: Parkverbot. Palzkis 14. Fall. Gmeiner-Verlag Meßkirch 2017.

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