Ludwigshafen Freier Blick auf gar nichts

Farbe ist das Thema von drei Ausstellungen, die derzeit in Mannheimer Galerien laufen: Ursula Keller zeigt Landschaften von Harry Meyer, Peter Zimmermann widmet sich den koloristischen Glasperlenspielen von Frank Piasta, und die Galerie Grandel macht sich einmal mehr für die fantastischen Welten von Joachim Lehrer stark.

Ölfarbe zentimeterdick aufgespachtelt, die Malweise expressiv bis ruppig: Mit Harry Meyer hat sich Keller einen Berserker der Farbe in die Galerie geholt. Und damit eine kleine Erfolgsgeschichte installiert. So viele rote Punkte sieht man auf Ausstellungseröffnungen selten. Landschaft ist das Thema, das sich für Meyers brachialen Vortrag besonders anbietet. Steile Gipfel, tiefe Täler, Vulkane, Hügel, Wege und Wolken sind die leicht erkennbaren Motive, die Dicke des Farbauftrages lässt sich manchmal nur mit dem Zentimetermaß messen.

Meyers Winterbilder bestechen durch Schnee von geradezu sahnig glänzender Konsistenz, das Ganze ist alles andere als naiv, denn selbstverständlich nimmt der Maler Maß an der Tradition der Landschaftsmalerei, die er selbstbewusst in ein brachial durchgeknetetes Heute transformiert hat. Das freut die Leute und das zu Recht.

Mit Frank Piasta ist ein in der Wolle gefärbter Farbmaler in Peter Zimmermanns Oststadt-Galerie nicht zum ersten Mal in den rechten Händen. Diese Malerei ist anspruchsvoll, navigiert aber in ästhetisch eher unproblematischen Zonen. Wenn Piasta mit Pigmenten eingefärbtes Silikon in mehreren Schichten auf Spiegel, Glas und Aluminiumplatten aufträgt, ergeben sich je nach Lichteinfall und Trägermaterial überraschende Wirkungen zwischen undurchdringlich, halbtransparent und raffinierter Durchsichtigkeit. Die Oberflächen führen ein eigentümlich selbstbewusstes Leben. Sie scheinen mal glatt, mal wirken sie haptisch bewegt, mal scheinen sie von innen zu glühen, aber dieses Glühen ist merkwürdig gebremst. Repräsentativ wäre ein durchaus positiv gemeintes Stichwort für Piastas ebenso kontrollierte wie farbbewusste Malerei.

Schrullig in die Landschaft gesetzte Automobile, ein Wohnanhänger mit Rettungsring und angeschlossenem Klohäusel, ein von wem auch immer verlassener Oldtimerbus am Meer, ein gichtumbrandeter Leuchtturm oder ein altertümliches Fachwerkhaus, das ziemlich sinnfrei auf riffartigem Ufer steht, die Himmel darüber unendlich und meist dramatisch illuminiert - Joachim Lehrers fantastische Malerei weiß, wie man die Grenze zwischen U und E überschreitet, ohne sich beim Publikum unglaubhaft zu machen.

Was aussieht wie eine rotzfrech-freihändige Parodie auf niederländische Weltlandschaften (hier: freier Blick aufs gar Nichts) und romantische Rückenfiguren (hier: Automobile in Betrachtung von maritimen Sonnenuntergängen) ist schärfst kalkuliertes Handwerk. Denn so postkartenbunt und banal die Motive auf den ersten Blick auch scheinen mögen, die Machart ist vom Feinsten. Nämlich beste, Schicht für Schicht aufgetragene Lasurmalerei und als solche natürlich dem gründlichen Studium der Alten Meister abgeluchst. Wer malt heute noch mit selbst hergestellter Harzöllasur und Eitempera auf Holz?

Für den nicht zum ersten Mal bei Grandel gezeigten Maler ist dies die erste Einzelausstellung in der Galerie. Die Bilder, heißt es, gingen weg wie die warmen Semmeln. Verständlich, der Tübinger ist ein Erzähltalent von erstaunlicher Überzeugungskraft. Menschen sind (wie auch bei Harry Meyer) aus seinem malerischen Kosmos konsequent ausgeschlossen, die Präsenz der von ihm hergestellten Stellvertreter genügt. Und dass die altmodisch-solide Herstellung der Meyer’schen Bildwerke auch eine Garantie für ihre lange Haltbarkeit beinhaltet, ist sowieso und überhaupt erst gar nicht zu unterschätzen.

x