Ludwigshafen Fröhlich sinnbefreit

Jahrelang hat das Vollplaybacktheater sich „Die drei ???“ zur Brust genommen, sich „Hanni und Nanni“ vorgeknöpft, die „TKKG“-Bande oder den „Geisterjäger John Sinclair“. Vor zwei Jahren verkündete das Ensemble sein Ende. Jetzt sind die stummen Mimen zur Freude vieler Fans doch zurückgekehrt. „Ganz ehrlich, wir können auch nichts anderes“, erklärte David J. Becher in der Alten Feuerwache, wo man eine schräge Version des Filmklassikers „Pulp Fiction“ servierte.

Nach mehreren Hörspielen dient mit Quentin Tarantinos „Pulp Fiction“ damit zum ersten Mal ein Film als Vorlage für das erfolgreiche Ensemble aus Wuppertal. Als Basis des Mannheimer Abends dient in erster Linie die Audiospur des Films, zu der die Schauspieler ihre Körper und Lippen bewegen, ohne selbst ein Wort zu sprechen. Wir hören also Thomas Danneberg, Helmut Krauss, Manfred Lehmann oder Petra Barthel, die Sprecher der deutschen Synchronfassung des Films, und sehen dazu Supaknut Heimann, David Becher, Sabrina Kirschner und Christoph Landwehr in den Rollen von John Travolta, Samuel L. Jackson, Bruce Willis und Uma Thurman. Auch in ihrem Äußeren orientieren sich die Darsteller am Film. Supaknut und Becher tragen als Auftragskiller Vincent Vega und Jules Winnfield schwarze Anzüge und lange Haare beziehungsweise eine Afro-Perücke, Landwehr trägt Jeans und ein am Ende blutbeflecktes Unterhemd wie Boxer Butch Coolidge. Die Akteure erscheinen also weitgehend wie im Film, bis auf Sven Blievernicht, dem mit einer besonderen Statur und einer Körpergröße von 2,03 Metern ohnehin fast nichts übrig bleibt, als aus jeder Rolle zu fallen. Die verschiedenen Nebenrollen, in denen er auftritt, vereinen Hommage und Parodie auf ganz eigentümliche Weise. Überhaupt lebt die ganze, annähernd zweistündige Show von ihren Brüchen, vom Spiel mit einer Unmenge popkultureller Zitate, von Ironie und der veränderten, verschobenen Perspektive, die dadurch aufscheint, wie vom Humor, der auf diese Weise zustande kommt. Die Kultfilmshow des Vollplaybacktheaters trägt Züge eines Fanprojekts, einer verspielten, bisweilen ziemlich sinnbefreiten, albernen Hommage. Die Szenen des Films werden in eine neue Reihenfolge gebracht und um Figuren, Songs und Versatzstücke aus anderen Genres erweitert. Da beauftragt Gangsterboss Marsellus Wallace ausgerechnet „Die drei ???“ hinter das Rätsel des schwarzen Aktenkoffers zu kommen, das in Tarantinos „Pulp Fiction“ nie aufgelöst wird. Da wird Butch, wenn er wütend wird, plötzlich zu Louis de Funès und schreit „Nein?! - Doch! - Ohh!“, fährt Bus mit den Film- und TV-Serienmördern Freddy Krueger, Jason Voorhees und Dexter Morgan, die in „Pulp Fiction“ gar nichts zu suchen haben. Marvin tanzt noch als Leiche mit riesigem Loch im Kopf zum Disco-Funk-Song „Car Wash“. Tatortreiniger Winston Wolf wird zu Christian Wulff und Mamie van Doren zu Conchita Wurst. So geht es fröhlich weiter, bis es am Ende heißt: „Ding-Dong! The Witch is dead“.

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