Ludwigshafen „Es ist ein metaphorischer Ort“

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Wenn das Festival des deutschen Films am Mittwoch beginnt, verwandelt sich die Ludwigshafener Parkinsel zum zwölften Mal in einen Ort voller Geschichten. Doch es seien nicht nur die Filme, die die Menschen auf die Insel zögen, sondern auch die Insel selbst, sagt Festivaldirektor Michael Kötz.

Herr Kötz, das Festival des deutschen Films ist nicht nur beim Publikum beliebt, sondern auch bei der Filmbranche. Was ist das Erfolgsgeheimnis?

Das Erfolgsgeheimnis – witzigerweise sowohl bei der Branche als auch beim Publikum – ist tatsächlich die Urlaubsatmosphäre der Parkinsel. Man kann das schöne Leben genießen, selbst wenn es regnet. Es hat etwas mit frischer Luft zu tun, mit dem Blick auf das Wasser, den Schiffen, die vorbeifahren, der Zeit, die man dabei verstreichen sieht. Es ist ein metaphorischer Ort, und jeder der hier war, spürt das. Als wir vor 13 Jahren selber das erste Mal auf der Parkinsel waren, um uns die Location anzuschauen, war es Herbst und die Bäume waren kahl. Trotzdem dachte ich: „Das ist stark hier.“ Die erste Jury hat gesagt, es sei ein magischer Ort wie das Kino selbst. Das ist das Kapital dieses Festivals. Seine Qualität hängt eindeutig an diesem besonderen Ort, der ist nicht ersetzbar! Nun, die Filme sind bestimmt auch nicht ganz unschuldig. Wenn die Filme schlecht wären, wenn die Gespräche über die Filme nichts taugten und wir als Macher des Festivals auch nicht, dann würde die Parkinsel allein natürlich auch nicht helfen. Aber wir nehmen die Filmauswahl sehr ernst. Wenn ich einen Film toll finde, dann will ich ihn auch zeigen, und wenn ich einen Film nicht mag – auch wenn er von einem guten Freund produziert wurde –, dann sage ich: „Es tut mir leid, den nehmen wir nicht.“ Wir sind Kuratoren aus dem Bauch, dem Kopf und dem Herz heraus. Auch das ist ein Faktor, der sich bei Publikum und Branche herumgesprochen hat. Der Dokumentarfilm „Experiment 150“ über die BASF ist also nicht nur mit im Programm, weil der Chemiekonzern Hauptsponsor ist? Thomas Grube ist ein guter Regisseur, das hat er mit „Rhythm is it!“ bewiesen. Es handelt sich ja nicht um einen Werbefilm. Natürlich hat Grube gewusst, für wen er das macht. Aber der Film hat eine beachtliche Qualität, und er ist brisant und spannend. Wie würden Sie Ihr Festival definieren – vor allem mit Blick auf andere Filmfestivals, etwa in Cannes, Berlin oder auch München? Über Cannes muss man nicht reden: Es ist das wichtigste Festival der Welt und der größte Marktplatz für Film weltweit. Cannes ist ein wunderbares Festival, das von Menschen gemacht wird, die Film lieben und das Niveau halten. In Berlin ist es schon anders. Die Berlinale ist zwar ebenfalls ein sehr wichtiger Markt. Allerdings sind manchmal Filme im Programm, bei denen sich niemand erklären kann, warum. Aber mit diesen Festivals messen wir uns gar nicht. München ist fraglos ein wichtiges Festival. Das liegt auch daran, dass dort ein Teil der Branche lebt. Mit der Bedeutung des Münchner Festivals für die Branche können wir auch nicht konkurrieren. Aber was die Beliebtheit betrifft, da können wir prima mithalten! Sie zeigen Kino- und Fernsehfilme gleichermaßen. Wie ist es denn Ihrer Meinung nach um die Qualität im Fernsehen bestellt? Die Qualität des deutschen Films hängt zu 80 Prozent vom deutschen Fernsehen ab. Der sogenannte freie Markt des Kinos würde diese Qualität gar nicht herstellen können. Es gibt nur wenige Filme, die wirtschaftlich funktionieren. Das sind Filme von Till Schweiger, „Fack ju Göhte“ und noch ein paar wenige andere. Alle Filme, die wir zeigen, sind ja nicht wirtschaftlich. Ohne das öffentlich-rechtliche Fernsehen würde es aber solche Filme gar nicht geben. Selbst die Kino-Filmförderung funktioniert oft nur, weil es eine Fernsehbeteiligung gibt. Die Trennung zwischen Kino und Fernsehen in Deutschland ist völlig fiktiv. Im Festival-Programm ist mit „Weinberg“ wieder eine Serie vertreten. Die Serienreihe hat allerdings beim Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg im Vorjahr nicht ganz so eingeschlagen. Sie geben nicht so schnell auf, oder? Nein, wir probieren es noch mal. Es ist auch eine sehr schöne Serie, muss man sagen. Jede Folge für sich ist ein kleines Kunstwerk. „Weinberg“ ist einfach toll gemacht und nicht das, was man sonst mit Serien verbindet. Wenn ich Regisseur oder Autor wäre, würde es mich auch reizen, eine Serie zu drehen oder zu schreiben. Ich kann eine Geschichte in diesem Format viel breiter erzählen. Vielleicht sollte man jedoch ein anderes Wort erfinden. Das Wort „Serie“ assoziiert etwas anderes als das, was „Weinberg“ ausmacht. Die Bezeichnung „Mehrteiler“ wäre passender, fällt mir gerade auf. Wenn wir gerade beim Programm sind. Warum ist die Krimi-Reihe weggefallen? Wir haben bereits viele Krimis im Hauptprogramm. Man muss dazu sagen, dass es in diesem Jahr auch besonders viele gute Filme gab. Wir kriegen zwar keineswegs alle Filme, die wir haben wollen, weil die Macher sie manchmal lieber woanders zeigen möchten. Aber wir bekommen jetzt deutlich mehr Filme als früher. Das ist übrigens der Job meiner Frau als Co-Direktorin, nämlich uns die Filme zu sichern. Das ist wirklich viel Arbeit und ein harter Kampf.

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