Ludwigshafen Ein eingespieltes Team

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Für den Fotografen der RHEINPFALZ setzen sich Annegret Rupp und Leotrime nicht einfach nur so auf eine Bank im Hof des Mehrgenerationenhauses im Hemshof. Wer ihn dabei hatte, lässt sich gar nicht mehr nachvollziehen. Plötzlich jedenfalls rollen die beiden einen roten Igelball zwischen sich hin und her. Und lassen Wörter durch die Luft fliegen, die Farben benennen: „Rot.“ – „Rosa.“ – „Blau.“ Immer abwechselnd, wie aus der Pistole geschossen. So wie an diesem sonnigen Freitagnachmittag im April laufen die meisten Treffen von Annegret Rupp und Leotrime ab. „Ein Wortfangspiel gehört eigentlich immer dazu“, sagt die 30-Jährige. „Wir schreiben auch ganz viel, gehen in die Bibliothek, lesen Geschichten oder machen Mathe, wenn gerade eine Klassenarbeit ansteht.“ Aber es ist nicht einfach Nachhilfe – wenn auch eine der etwas unterhaltsameren Art –, zu der sich die beiden treffen. Sie spielen auch mal Federball zusammen, und an Ostern waren sie im Heidelberger Zoo. Den Rahmen für die Treffen der beiden bildet das Programm „LU Startklar“ der in Mannheim ansässigen gemeinnützigen Organisation „Kinder-Helden“. Seit Mai 2015 begleiten Mentoren wie Annegret Rupp zehn Kinder beim Übergang von der Goetheschule Nord aufs Gymnasium. „Das hat auch bei allen gut geklappt“, sagt „Kinder-Helden“-Geschäftsführerin Linn Schöllhorn. Im Juni läuft das Programm aus. Die Tandems können dann ins allgemeine Projekt „Starkmacher“ wechseln und ihre Treffen unter dem Schutzschirm der „Kinder-Helden“ fortsetzen. „Wir haben das auf jeden Fall vor“, sagt Annegret Rupp, und Leotrime nickt dazu. Die Mannheimerin, die bei der dortigen Industrie- und Handelskammer als Pressereferentin arbeitet, widmet ihrem Ludwigshafener Schützling mindestens zwei Stunden pro Woche. „Mentoring ist gut für die Kinder“, sagt sie, „aber es macht mir auch sehr viel Spaß. Ich habe entdeckt, wie viel Freude mir alltägliche Dinge machen können.“ Mit Leotrime hat sie zum Beispiel das Fotografieren als Hobby für sich entdeckt. Und beide bekommen Einblicke in das jeweilige Leben der anderen. Annegret Rupp zum Beispiel in Leotrimes Familie, in der Deutsch und Albanisch gesprochen wird: Die Eltern stammen aus dem Kosovo. „Sie finden es toll, dass ich jemanden zum Lernen habe“, sagt Leotrime, die noch eine ältere Schwester und einen jüngeren Bruder hat und die fünfte Klasse des Theodor-Heuss-Gymnasiums besucht. Dabei soll der Mentor – der für Mädchen immer eine Frau ist und für einen Jungen ein Mann oder eine Frau sein kann – nicht die Eltern ersetzen, versichert Linn Schöllhorn. „Wichtig ist, dass sich alle im Vorfeld gut kennenlernen.“ Die Auswahl der Mentoren geschehe in einem mehrstufigen Verfahren. Schließlich sollen die Tandems gut zusammenpassen und im Idealfall viele Jahre in Kontakt bleiben. „Mentoring wirkt über Nachhaltigkeit“, ist die 39-Jährige, die mit ihrer Familie im Stadtteil Süd lebt, überzeugt. „Bildung durch Beziehung“ nennt sie ein Schlagwort, das die Idee der verschiedenen „Kinder-Helden“-Projekte zusammenfasst. Etwa 280 Kinder betreut die Organisation derzeit in der gesamten Rhein-Neckar-Region. Mehrere Tandems des „Big Brothers Big Sisters“-Programms setzen unter dem Dach der „Kinder-Helden“ ihre Treffen fort. „Wir haben gerade einen 18. Geburtstag gefeiert“, erzählt Schöllhorn. „Viele Tandems sind seit fünf, sechs oder sieben Jahren zusammen.“ Auch sie selbst engagiert sich seit vielen Jahren als Mentorin. Wie lange Leotrime und Annegret Rupp zusammenbleiben wollen, wissen sie noch nicht. Aber für den Zeitpunkt, zu dem sie ihre Treffen einstellen, haben sie einander schon einmal Briefe geschrieben, die erst dann geöffnet werden dürfen. Von allen ihren Aktivitäten machen sie Fotos, die sie in ein Buch kleben. Leotrime weiß jetzt schon ganz genau: „Das werden später tolle Erinnerungen sein.“

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