Ludwigshafen Die Welt im Chaos

Vieles ist im Laufe des Jahres gesagt und geschrieben worden über den Ersten Weltkrieg, der vor 100 Jahren begann und Europa und weite Teile der Welt ins Chaos stürzte. Ein „Leuchtturm“ in diesen Debatten ist sicherlich das Buch „Die Büchse der Pandora“ des Freiburger Professors Jörn Leonhard. Am Donnerstagabend hat Leonhard auf Einladung der Ludwigshafener Bezirksgruppe des Historischen Vereins der Pfalz seine Forschungen dargelegt – und seine Zuhörer begeistert.

Jörn Leonhard, Professor für Geschichte des Romanischen Westeuropa am Historischen Institut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, ist ein mehrfach ausgezeichneter Historiker, dessen wissenschaftliche Karriere auch Stationen wie Oxford und Harvard aufweist. Und er ist momentan ein viel gefragter Mann. Sein fast 1200 Seiten umfassendes Buch „Die Büchse der Pandora. Geschichte des Ersten Weltkriegs“, in diesem Jahr erst erschienen, liegt bereits in der fünften Auflage vor und hat für großes Aufsehen gesorgt. Trotz Terminhatz mit Vorträgen, Interviews und wissenschaftlichen Kongressen im In- und Ausland, ließ sich der 47-Jährige die Fahrt nach Ludwigshafen nicht nehmen. „Ich gehe gerne zu Geschichtsvereinen. Da werde ich mit ganz anderen Fragen konfrontiert als im Kollegenkreis“, sagte Leonhard im Gespräch. Davon profitiere er durchaus. Und so schnell wollte das Publikum im vollbesetzten Vortragssaal des Ludwigshafener Stadtarchivs den Historiker auch nicht gehen lassen. Nach seinem fulminanten Vortrag, in dem er immer wieder von kleinen Begebenheiten und Schlaglichtern einen großen Bogen auf das Ganze schlug, schloss sich eine fast zweistündige lebhafte Diskussion an. Der Blick der Deutschen auf die „Urkatastrophe“ zwischen 1914 und 1918 sei eng. Er werde meist „nur“ als erster von zwei Weltkriegen gesehen, sagt Jörn Leonhard, und das noch mit einer Art Tunnelblick auf Europa und die Westfront. Er jedoch geht in seiner Analyse der Ursachen in der Vorgeschichte bis zum 16. Jahrhundert zurück. Seine Darstellung wirft außerdem Schlaglichter auf die Kriegsherde und ihre das Staatsgefüge verändernden Folgen in der ganzen Welt. Der Historiker weist an vielen Beispielen schlüssig nach, dass die Auswirkungen dieses globalen Krieges bis heute massiv nachwirken. Ein Krieg, der teilweise mit den Mitteln und den überholten militärischen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts begann, und sich zu einem „modernen“ Abschlachten mit Maschinengewehren und Giftgas entwickelte. Entsprechend hat Leonhard das Cover seines Buches gewählt: Es zeigt einen Soldaten mit Stahlhelm und Gasmaske – 20. Jahrhundert –, der aber mit einer Lanze bewaffnet auf einem Pferd sitzt. (umi)

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