Ludwigshafen Begeisterndes Finale

Gelungener Saisonabschluss bei den Mannheimer Philharmonikern: Tschaikowskys zweites Klavierkonzert mit dem jungen russischen Pianisten Lukas Geniusas und Schuberts vierte Sinfonie vermochten das Publikum im gut gefüllten Musensaal des Mannheimer Rosengartens in vollem Maße zu begeistern.

Das Konzept hat sich seit Jahren als Erfolgsmodell bewährt: ein Orchester aus hochqualifizierten Absolventen der Musikhochschulen der Region, das den jungen Musikern Gelegenheit gibt, die für die Festanstellung in professionellen Klangkörpern unabdingbare Orchestererfahrung zu sammeln und sich zu präsentieren. Die Jungprofis danken es mit engagiertem Spiel auf höchstem technischem und musikalischem Niveau – auch natürlich ein Verdienst des Initiators, Gründers und Leiters des Orchesters, Boian Videnoff. Im ersten Teil Tschaikowsky, aber nicht dessen populäres erstes Klavierkonzert, sondern das weitaus unbekanntere zweite in G-Dur op. 44. Dass es sich nie so ganz durchsetzen konnte, hat sein Gründe. Seine Themen sind weit weniger plastisch und eingängig und auch nicht so geschickt verarbeitet wie beim fünf Jahre älteren Schwesterwerk. Dabei hat es durchaus auch seine Reize. Der Pianist Lukas Geniusas und Boian Videnoff mit seinen Mannheimer Philharmonikern verstanden es, das Beste aus dem Konzert herauszuholen. Geniusas wurde 1990 in Moskau geboren, wo er auch seine pianistische Ausbildung absolviert hat. Gastspiele führten ihn zu den Musikfestivals im Rheingau oder in Lockenhaus oder in die Wigmore Hall. Er besitzt einen herzhaften, aber kultivierten Anschlag. Nicht die typisch russische große Emotionalität zeichnet sein Spiel aus, sondern große Stringenz und Klarheit. Klug artikulierend, gab er dem Geschehen Profil und Prägnanz, wobei besonders die bewegten Ecksätze wirkungsvoll gerieten. Aber auch im Andante non troppo vermochte er zu überzeugen. In dem Satz, den Tschaikowsky quasi als Tripelkonzert angelegt hat, fand er sich zu feinem Zusammenspiel mit dem Konzertmeister Vladimir Tolpygo und dem Solocellisten Fernando Garcia-Baró Huarte. In besten Einvernehmen musizierte er auch mit dem Orchester, da auch Videnoff auf satten, farbenreichen Klang und vorwärts drängende Tempi setzte. Die Wiedergabe von Franz Schuberts Sinfonie Nr. 4 in c-Moll nach der Pause ließ in puncto technischer Qualität und musikalischer Gestaltung keine Wünsche offen. Als „Tragische Sinfonie“ hat Schubert sie bezeichnet und sich dezidiert an Beethoven orientiert. Aber so tragisch geht es nicht zu. Schubert ist nicht Beethoven, sondern bleibt – zum Glück – Schubert. Es geht nicht titanisch düster zu, sondern schön lyrisch mit einem wunderbar dramatisch-elegischen Unterton. Videnoff, der das Orchester mit suggestiver Zeichengebung zu präzisem und lebendigem Spiel anhielt, und die Mannheimer Philharmoniker wurden der Sinfonie des 19-Jährigen in allen Aspekten gerecht. Auf flotte Tempi setzte der Dirigent, ohne dabei den romantischen Tonfall, eben das Lyrisch-Gefühlvolle aus den Augen zu lassen. Eine hoch beglückende, mitreißende Aufführung. Die spritzig-tänzerische Zugabe stammte von dem russischen Komponisten Leonid Desyatnikow. Nach dem Konzert noch eine Überraschung: Im Deutschland-Trikot erschien Videnoff noch einmal auf der Bühne und verkündete, dass die Sponsoren eine Saison-Abschlussfeier im Nebensaal organisiert hatten – mit dem EM-Spiel auf der Großleinwand samt passender Fanspeisen. Es gab ukrainischen Borschtsch und deutsche Currywurst.

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