Ludwigshafen Auf zur Keimzelle der Subkultur

Vom Stadtmodell im Stadtmuseum in den lebendigen Stadtteil hinter dem Rathaus-Center führte der „Streifzug durch den Hemshof“, den der Verein Rhein-Neckar Industriekultur angeboten hat. Es führten die Mannheimer Vereinsvorsitzende Barbara Ritter und der umtriebige Aktivist Bernhard Wadle-Rohe.

Vor der Gründung der Stadt 1853 war der Hemshof ein ländliches Gehöft und etwa dort gelegen, wo sich heute an einer unüberschaubar großen Kreuzung die Hemshof-, Carl-Bosch- sowie die Rheinuferstraße treffen und Tor 7 der BASF liegt. Bis dorthin ging der erlebenswerte Streifzug nicht, der seinen Endpunkt im Biergarten vom „Maffenbeier“ an der Rohrlachstraße fand. „Das ist Kult!“, so Wadle-Rohe. Die Intention des 66-Jährigen war es sichtlich nicht, seine interessierte Gefolgschaft nur durch die bekannten Straßen und über die öffentlichen Plätze des Stadtteils zu geleiten, sondern vor allem tiefere architektonische und soziokulturelle Einblicke zu geben. Immer wieder erlaubten es seine reichen Kenntnisse und vielfältigen Kontakte, hinter die Fassaden zu blicken, Menschen zu begegnen, Häuser und Hinterhöfe zu besichtigen, die sonst weitgehend verborgen bleiben. „Hier ist alles ein bisschen antik, aber herzlich“, lautete etwa sein Urteil über die alte Werkstatt der seit 1911 bestehenden Fahrrad-Handlung Wilhelm Pülz in der Hartmannstraße. Das Haus Hartmannstraße 45 auf der anderen Straßenseite mit dem Atelier des Fotografen und Druckgraphikers Günther Wilhelm gilt ihm als „Keimzelle der Ludwigshafener Subkultur“. Auf einem Mauervorsprung des Gebäudes steht eine Büste der Straßenmusikantin Hemshof-Friedel, die den Stadtteil mit ihrem Namen und dem als Single veröffentlichten „Hemshof-Boogie“ bekannt gemacht hat. Auch von ihr wusste Wadle-Rohe zahlreiche Anekdoten und Geschichten zu erzählen, so am Sozialamt, dem Don-Bosco-Haus, vor dem sie sang: „De` Maier is` e` altes Schwoi` / Der stellt mer die Sozialhilf` oi“. Es ging über die Kneipen, die sie gern aufsuchte, bis zum Verwaltungsgebäude des Rhein-Pfalz-Kreises am Europaplatz, bei dessen Grundsteinlegung 1979 sie einen ihrer letzten Auftritte hatte. Dort, im Innenhof, befindet sich etwas versteckt der künstlerisch gestaltete „Kleine Platz der Demokratie“, den Wadle-Rohe zeigte. Ganz in der Nähe, gleich hinter dem Rathaus, verwies er auf das „intensive Hochstraßengefühl“, das sich hier einstelle, und wusste wie sonst auch mit lauter werdender Stimme auf städtebauliche Missstände und Fehlplanungen aufmerksam zu machen. In der Prinzregentenstraße 37 schließlich steht sein „Traumhaus“. Die 1896 errichtete und außen wie innen weitgehend original erhaltene Villa eines Geschäftsmannes samt holzvertäfelten Decken und Wänden und getrennten Eingängen für Herrschaften und Bedienstete. Wie seine Bewohner Andreas Bold und Barbara Fischer, die Haus und Garten der Führung öffneten, würde sicher auch Wadle-Rohe sich mit dem Dienstboteneingang begnügen, wenn er sein Traumhaus bewohnen dürfte.

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