Ludwigshafen Alfa-Tiere und Wölfe im VW-Pelz

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Januar

Beim Neujahrsempfang am 13. Januar lässt Oberbürgermeisterin Eva Lohse die Katze aus dem Sack: Die CDU-Politikerin, die zehn Tage später zum zehnten Mal 50 wird, ist in freudiger Erwartung: Sie wird Oma. Die Alfa-Fraktion kündigt an, dass sie sich umbenennen wird: in WWEGWWW („Wir wissen eigentlich gar nicht, was wir wollen“) – sie verliert einen Mitstreiter, der ohnehin auf dem Absprung war: Jörg Matzat. Er schließt sich der SPD an. Die nächste faustdicke Überraschung folgt am 17. Januar bei der Hallenfußballmeisterschaft. Titelverteidiger LSC hat sich einen Wolf im VW-Pelz ausgeliehen: André Schürrle. Er bringt den im Liga-Alltag stotternden Motor der Truppe in Fahrt. Und ist beim Bürgerdialog zur „City West“ am 25. Januar Gesprächsthema. Denn bei der Übergabe des Siegerpokals in der Eberthalle kündigt er an, die Hälfte der auf 600 Millionen gestiegenen Kosten des Hochstraßenabrisses zu zahlen. Ex-Club Chelsea war ihm noch ein Monatsgehalt schuldig. Der Bauantrag fürs „Metropol“ am Berliner Platz lässt auf sich warten. Februar Beim 64. großen Fasnachtsumzug am 7. Februar sitzt Schürrle als Martin Winterkorn verkleidet neben Bald-Oma Lohse auf der VIP-Tribüne. Jörg Matzat trägt eine Bernd-Lucke-Maske. Kein Faschingsscherz: Die WWEGWWW-Fraktion nennt sich jetzt WSNEKV („Wir sind nur ein Karnevalsverein“) und schlüpft als elftes Mitglied unters Dach des Großen Rats. Bei der Altweiberfasnacht am 4. Februar in der Eberthalle wirbt die Partei unter 3000 Besuchern ein neues Mitglied. Später stellt sich heraus: Matzat hat die Ex-Kollegen abermals düpiert. Er steckt im Affenkostüm des vermeintlich neuen Alfa-, äh WSNEKV-Tiers. Zerknirscht ist er dennoch. Lohse verrät im Narrentaumel, dass sie nicht als Ministerin nach Mainz wechselt. Böse Zungen lästern: Julia Klöckner will keine Oma im Kabinett. März Opa Nörgel erklärt Nils Nager nach der Landtagswahl am 13. März, was eine große Koalition ist. „Das ist, wie wenn Lego und Playmobil sich zusammentun und dann nur noch ihr Spielzeug verkaufen.“ Die Ludwigshafener SPD verprellt ihr einstiges Sommerpärchen: Europaabgeordnete Jutta Steinruck und ihren Vorsitzenden David Schneider – die Genossen nominieren nämlich Matzat zum OB-Herausforderer Lohses. Der löst sein Versprechen ein und rasiert sich seinen frisch gewachsenen Bartflaum ab – mitten auf Rheingönheims Hauptstraße. Als Protest nennt sich die WSNEKV in WBSJ um: „Wir boykottieren Sozen-Jörg.“ Süd-Ortsvorsteher Christoph Heller wird derweil nervös. Der Bauantrag fürs „Metropol“ will nicht fertig werden. Die hochtrabenden Pläne für die Tiefgarage seien unterirdisch, sickert aus Insiderkreisen durch. April Schock für Schürrle: Jogi Löw beruft ihn nicht ins Aufgebot für die Fußball-EM. Aus Frust verlässt er den VfL Wolfsburg und heuert endgültig bei seiner alten Liebe LSC an. Bund und Land einigen sich über die Zuschüsse für den Hochstraßenabriss. Berlin trägt anderthalb, Mainz ein Prozent der 300 Millionen Euro Restkosten. Lohse tritt daraufhin als Präsidentin des Städtetags zurück. SPD-Kämmerer Dieter Feid organisiert einen Protestlauf in die Hauptstadt. Die WBSJ reagiert: Künftig firmiert sie unter OMODAFE („Ob Merkel, ob Dreyer – alles faule Eier“). Mai Parallel zum Startschuss für den Dämmermarathon am 14. Mai fällt auch der für den Feid’schen Protestsprint. Da sich 100.000 Ludwigshafener daran beteiligen wollen, beschließt Michael Kötz spontan, eine Dokumentation für das Mitte nächsten Monats beginnende Filmfestival zu drehen. Den gerne mal nörgelnden Parkinsulanern verteilt er von Schürrle signierte Kopfhörer, die vorbeugend auch im Stadtrat verteilt werden, als die OMODAFE-Fraktion ihr neues Kürzel verrät: KKARU („Kein Kino am Rheinufer“). Juni Das hindert die Cineasten der Region nicht daran, in die Zelte am Fluss zu strömen. Zum Auftakt am 15. Juni läuft „Sein letztes Rennen II“. Dieter spielt darin Dieter, also der Hallervorden den Feid, dessen Protestlauf vorm Kanzleramt endet. Verkehrsminister Alexander Dobrindt tritt vors Volk und verbiegt sich im Namen Angela Merkels: „Wir schaffen das trotzdem.“ Weil immer noch kein Bauantrag für die „Tortenschachtel“-Nachfolgerin vorliegt, wird auf dem Berliner Platz eine Großleinwand aufgebaut: EM-Public-Viewing. Filmfestival-Direktor Kötz rechnet mit einem Besucherrekord, nachdem die deutsche Elf in der Vorrunde rausfliegt. Die KKARU vollzieht den nächsten „Trikottausch“ und heißt nun OSHIKC („Ohne Schürrle habt ihr keine Chance“). Damit bedruckte T-Shirts sind in Holland ein Verkaufsschlager. Juli Kötz flippt aus: 111.111 Zuschauer kommen zum Kinospektakel. Der närrischen Zahl wegen wird er zum „Dr. humoris causa“ ernannt. Auf Druck Dobrindts erhöhen Bund und Land ihre Mittel für den Hochstraßenabriss auf elf Prozent. Der CSU-Mann wird daraufhin – gegen den Widerstand von Holger Scharff – in den Elferrat der „Munnemer Göckel“ aufgenommen. Beim Stadtfest vom 8. bis 10. Juli treten Mitarbeiter des Ettlinger Investors Timon als „Ton Steine Scherben“ auf der Baustelle des Berliner Platzes auf. Die OSHIKC reagiert prompt und tauft sich in AFDKADBP um („Alles für die Katz’ auf dem Berliner Platz“). August Das Fest „Ludwigshafen spielt“ wird am 27. August auch umbenannt: in „Ludwigshafen spielt mit dem Feuer“. Denn das parteiübergreifende Aufbegehren gegen die „lächerliche Unterstützung“ (O-Ton Lohse und Matzat) von Bund und Land erschüttert die Brücken der Beziehung nach Berlin und Mainz. Erschüttert wir auch das Verhältnis der ersten Frau der Stadt zu ihren Untertanen. Denn Lohse fordert die Verwaltungsangestellten mit Blick auf die bevorstehende Sanierung des Rathausturms dazu auf, ihre Büros in den freigewordenen Nischen der Flüchtlingshallen einzurichten. Die AFDKADBP hat erst jetzt bemerkt, dass die ersten drei Lettern ihrer Bezeichnung an ihre unrühmliche Vergangenheit erinnern und beschließt den nächsten Wechsel: KAIZ („Keine Abschiebung in Zelte“). September Der Erlebnistag im Wildpark Rheingönheim am 11. September wird zum Rohrkrepierer. Wegen der erhöhten Eintrittspreise kommt schon seit Monaten kein Schwein. Die lärmempfindlichen Bewohner des neuen Luchsgeheges freut’s ebenso wie die themensensible KAIZ, die auch auf diesen Zug aufspringt und sich fortan KPFWT („Kein Platz für wilde Tiere“) nennt. Über dem Berliner Platz kreisen die Pleitegeier. Vor der Rhein-Galerie wird das Winterdorf eröffnet. Oktober Bei der Ludwigshafener Sportschau am 3. Oktober jongliert André Schürrle die Kugel für den guten Zweck. Pro Kontakt mit dem Leder spendiert er weitere 100 Euro für die Finanzierung der langen Stadtstraße. Den Ball flach hält die marode Eberthalle. Es tropft durch die Decke. André steht plötzlich im Regen. Zum Glück hat die KPFWT die Schirmherrschaft fürs Projekt übernommen. Zur Feier des Tages erspart sie allen eine Umbenennung. November Der Berliner Platz wird mit Schneekanonen in eine Winterlandschaft verwandelt. Dennoch: Bei 25 Grad wird auf dem Weihnachtsmarkt Sangria statt Glühwein ausgeschenkt. Eine Badelandschaft ersetzt das Karussell. Die KPFWT erscheint oberkörperfrei im Stadtratssaal – auf die Brüste tätowiert ist zu lesen: WRUNMDKH („Wir reden uns nicht mehr die Köpfe heiß“). Dezember Es ist der Monat der Hiobsbotschaften: Halberg schließt, Real schließt, der „Metropol“-Bau wird abgeblasen – und zuguterletzt schließt Schürrle eine Rückkehr zu Wolfsburg nicht mehr aus. Kein Wunder: Sascha Koch hat dort als Berater angeheuert. Und wie kommentiert das die WRUNMDKH? Mit VKVDA: „Viele Köche verderben den André.“

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