Ludwigshafen Zwölfjähriger hatte mehrere Ziele im Visier

In Wien steht seit gestern ein 19-jähriger Österreicher vor Gericht. Er soll den Attentatsversuch eines damals Zwölfjährigen auf den Ludwigshafener Weihnachtsmarkt gesteuert haben. Vorher hatte er mit dem Jungen über andere mögliche Anschlagsziele in dessen Heimatstadt diskutiert.

Aus den Lautsprechern schallt die Stimme eines Zwölfjährigen in den Wiener Gerichtssaal: „Salam aleikum“ („Friede sei mit euch“), sagt er am Beginn eines kurzen Handy-Films, den die Berufsrichter nun den Geschworenen zeigen. Entstanden ist die Aufnahme am 26. November 2016: als Bekennervideo eines jungen Deutsch-Irakers, der gerade durch die Ludwigshafener Innenstadt läuft, um bei einem Selbstmordattentat eine Eigenbau-Bombe zu zünden. Explodieren sollte sie auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Platz. Doch ehe er sich für das Budendorf entschied, hatte der Junge über andere Ziele in seiner Heimatstadt nachgedacht. Auch sie kommen im Prozess zur Sprache. Die österreichische Justiz beschäftigt der Fall, weil sie über einen mutmaßlichen Anstifter des Ludwigshafeners zu richten hat: über den mittlerweile 19-jährigen Lorenz K., der nicht nur eigene Anschlagspläne schmiedete, sondern mit seinem fünf Jahre jüngeren Gesinnungsgenossen im Online-Dauerkontakt stand.

Kirche schien als Anschlagsziel geeignet

Die Chats der beiden haben Ermittler später sichergestellt, nun werden sie im Prozess zu einem wichtigen Beweismittel. Dazu kommen die Aussagen, die beide Nachwuchs-Islamisten in langen Polizei-Verhören gemacht haben. Und: Lorenz K. nimmt auch im Gerichtssaal gestern selbst Stellung. Zum Beispiel zu den Debatten, die er und der Zwölfjährige über den richtigen Anschlagsort führten. So habe der Ludwigshafener zunächst sogar über eine Explosion in einer Polizeieinrichtung nachgedacht. In der musste der als Problemkind bekannte Junge offenbar im Zusammenhang mit einem anderen Delikt erscheinen. Seinem Wiener Gesinnungsgenossen schrieb er daraufhin: Wenn er dort eine Bombe zündete, würden ein Polizist und ein „Jugendamtsfuzzi“ zu seinen Opfern – und sein eigener Vater, der ihn demnach zu dem Termin begleiten sollte. Doch auch eine Kirche schien dem Zwölfjährigen als Anschlagsziel geeignet. Zu klären war da allerdings, ob es eine katholische oder eine protestantische treffen sollte.

„Das war ein Scherz“

Der Wiener empfahl, offenbar von österreichischen Verhältnissen ausgehend, ein katholisches Gotteshaus. Der Ludwigshafener hingegen widersprach: In Deutschland seien die meisten Christen Protestanten. Also fiel seine Wahl auf die Apostelkirche, einen Plan mit den Gottesdienstzeiten am bevorstehenden ersten Adventssonntag fand er im Internet. Doch Lorenz K. stellte auch noch eine schiitische Moschee zur Debatte. Schließlich sprach er den Anhängern dieser islamischen Glaubensrichtung ab, überhaupt Muslime zu sein. Im Gerichtssaal allerdings behauptet er: „Das war ein Scherz.“ Überhaupt, er will sich für den Anschlagsversuch in Ludwigshafen nicht verantwortlich machen lassen – obwohl er derjenige war, der dem Jungen irgendwann schrieb: „Es muss bei euch doch auch Weihnachtsmärkte geben.“ Mittlerweile führt er in diesem Zusammenhang unter anderem an, dass einer alten Überlieferung zufolge der Prophet Mohammed zumindest die christlichen Mönche unter besonderen Schutz gestellt habe. Im Chat mit dem Zwölfjährigen allerdings geht es vor allem darum, dass in Kirchen nur noch naive Menschen gingen. Und dass es auf einem Weihnachtsmarkt viel mehr Opfer geben würde. Er ziehe los, „um die Hunde der Kreuzzügler zu terrorisieren“, sagt der Junge schließlich in seinem Bekennervideo. Und: „Ich verabschiede mich jetzt. Salam aleikum.“

x