Landau „Eine unterschätzte Macht“

Sind Teil eines großen Netzwerks (von links): Birgitta Kuntz, Kreisvorsitzende der Landfrauen in der Südpfalz, Thomas Storz und
Sind Teil eines großen Netzwerks (von links): Birgitta Kuntz, Kreisvorsitzende der Landfrauen in der Südpfalz, Thomas Storz und Alicia Doll, die beide in der Ortsgruppe in Schweigen-Rechtenbach vertreten sind.

Es war der 59. Landfrauenverein im Kreisverband Südpfalz, der im Frühjahr dieses Jahres in Siebeldingen gegründet wurde. Schon bald werden weitere Ortsgruppen dazukommen, ist Kreisvorsitzende Birgitta Kuntz überzeugt. „Wir haben sehr viele Anfragen, denen wir noch nachkommen müssen. Jede Vereinsgründung braucht aber eine gewisse Vorbereitungszeit und Planung“, sagt sie. Während in vielen Bereichen Vereine seit geraumer Zeit mit Mitgliederschwund zu kämpfen haben, beispielsweise in Gesangs- und Sportvereinen, braucht man sich um die Landfrauen offensichtlich keine Sorgen zu machen. Die Mitgliederzahlen seien in den vergangenen Jahren relativ konstant geblieben, informiert Kuntz. Derzeit seien rund 4700 Landfrauen in der Südpfalz aktiv, dessen Kreisverband seit dem Jahr 1976 besteht und von den sechs Kreisverbänden in Rheinland-Pfalz der größte ist. Als damals, in den 70er Jahren, die Kreisverbände Landau-Land, Bad Bergzabern und Germersheim sich zum Kreisverband Südpfalz zusammenschlossen, war Friedel Dambach schon mehr als zehn Jahre eine Landfrau. Ihr Ortsverein Niederhochstadt wurde 1964 ins Leben gerufen. Damals noch mit der Absicht, die Frauen aus dem Haus zu holen und ihnen so die Möglichkeit zu geben, sich auszutauschen und weiterzubilden. „Damals bestimmten die drei Ks – Kinder, Küche und Kirche – das Leben von uns Frauen“, erzählt Dambach. Nach der Gründung des Landfrauenvereins in ihrem Ort konnte sie sich weiterbilden, indem sie zahlreiche Betriebe kennenlernte, die ihr Landfrauen-Ortsverein besuchte. Zudem wusste sie über neue Haushaltsgeräte Bescheid, die den Frauen vorgestellt wurden. Auch das Kochen kam nicht zu kurz. Fernsehsendungen à la „Das perfekte Dinner“ gab es früher schließlich nicht. Erstaunlich sei gewesen, erzählt die Dambach, dass man früher den Saal immer voll bekam - ganz gleich, was auch Thema war. Ob nun ein Vortrag gehalten oder ein Ausflug unternommen wurde. „Das hat sich einfach bei uns im Ort herumgesprochen, was ansteht, und dann war man da.“ Auch ohne Telefon und Internet konnten die Mitglieder zusammengetrommelt werden. Heute sieht die Situation paradoxerweise umgekehrt aus. Obwohl man junge wie auch ältere Frauen auf allen möglichen Kanälen erreichen kann, sei es per E-Mail, in den sozialen Netzwerken oder mit Nachrichtendiensten wie Whatsapp, sei es schwieriger geworden, sie für Veranstaltungen zu gewinnen, merkt Birgitta Kuntz an. Die Zeiten hätten sich aber auch geändert. „Der berufliche Alltag nimmt einen stärker und länger ein.“ Davon abgesehen gebe es zeitgleich auch mehr Alleinerziehende, sodass auch die Freizeit immer kürzer wird. So wundert man sich auch nicht über die Tatsache, dass Landfrauen heute älter sind, wenn sie sich einem Ortsverein anschließen, als das früher der Fall war. Und doch gebe es erfreulicherweise regelmäßig junge Frauen, die in den Ortsvereinen der Landfrauen eintreten. Alicia Doll, 17 Jahre, ist beispielsweise seit zwei Jahren in der Schweigen-Rechtenbacher Ortsgruppe vertreten. „Über meine Mutter habe ich die ersten Berührungspunkte mit den Landfrauen gehabt“, erzählt Doll. Sie finde es schön, sich mit der älteren Generation auszutauschen und von ihren Erfahrungen zu profitieren. Andere Ortsvereine schaffen hingegen eine Untergruppe für junge Landfrauen. Ein Paradebeispiel sind laut der Kreisvorsitzenden Kuntz die jungen Bienen in Altdorf, die ein bestimmtes Budget zur Verfügung gestellt bekommen, um eigene Veranstaltungen auf die Beine zu stellen. Insbesondere die Kreativangebote und Kochkurse würde sie reizen, erzählt Alicia Doll. Von diesen gibt es im Programm der Ortsvereine etliche zu finden. „Allerdings sollte man uns Landfrauen nicht allein auf Kochen, Kaffee trinken, Stricken und Häkeln reduzieren“, betont Kuntz. Dieses Klischee habe sich leider in den Köpfen vieler Menschen eingenistet. Handwerkliche Arbeiten und das Zubereiten diverser Köstlichkeiten würden zwar einen Großteil des Jahresprogramms ausmachen. Allerdings gebe es auch andere Veranstaltungen, die man(n) wohl nicht gleich mit Landfrauen in Verbindung bringt: Computerkurse, Lehrgänge, in denen über den Aufbau und die rechtlichen Inhalte einer Homepage gesprochen wird, Krimilesungen, Studienfahrten, Ladys Night im Baumarkt und und und. Das vielfältige Programm, das Landfrauen zu bieten haben, war für Thomas Storz einer der Gründe, um dem Landfrauenverein in Schweigen-Rechtenbach beizutreten. Tatsächlich, auch für männliche Mitglieder sind die Landfrauen offen. Zumindest im Kreisverband Südpfalz. „Wieso auch nicht?“, so die rhetorische Frage von Kreisvorsitzenden Kuntz. „Wir freuen uns über jedes Mitglied.“ Thomas Storz weiß das Angebot der Landfrauen zu schätzen. „Als gelernter Koch bin ich dankbar über Rezeptideen und Anregungen.“ Und wer könne wohl eher infrage kommen als eine langjährige Landfrau, die das Handwerk beherrscht? Eine Landfraue, die noch alte Familienrezepte aus der Schublade holen und dafür sorgen kann, dass Kräuter wieder verwendet werden. Und was ist, wenn die Landfrau nicht mit Rezepten dienen kann, weil sie mit Kochen nicht viel am Hut hat? Ja, dann wird sie eine Freundin kennen, die weiterhelfen kann. Eines sind Landfrauenvereine nämlich allemal: ein Netzwerk, in denen die Mitglieder einander unterstützen und Wissen und Fähigkeiten austauschen. Deshalb bezeichnet Storz die Landfrauen gerne auch als „unterschätzte Macht“. Habe man sie auf seiner Seite, könne man sich auf unabdingbare Unterstützung freuen.

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