Südwestpfalz Reiner Hohn (FDP) kritisiert Koalitionswechsel im Kreistag als „Lachnummer“

Die Kreistagssitzung am Montag lief nicht so, wie die neue Koalition das geplant hatte.
Die Kreistagssitzung am Montag lief nicht so, wie die neue Koalition das geplant hatte.

50 Zuhörer im Kreistagssaal zeigten am Montagmittag deutlich, dass die Sitzung des Kreistags Südwestpfalz unter besonderen Vorzeichen stand. Nach dem Bruch der großen Koalition stand die neue Koalition aus CDU, FWG und Grünen vor ihrer Nagelprobe. Und sie entging nur knapp einer Bruchlandung.

Es ist außergewöhnlich, dass eine Kreistagssitzung auf solch eine Resonanz stößt: Es war aber kein Querschnitt aus der Bevölkerung, der sich da am Montagnachmittag im Kreistagssaal auf den mehr als 50 Zuhörerplätzen versammelte. Da waren bekannte Gesichter darunter, etwa die früheren SPD-Kreisbeigeordneten Willi Lehmann und Ernst Hügel. Die meisten standen hinter der SPD, aber auch die CDU hatte einige Amtsträger und Sympathisanten unter den Zuhörern.

Von der CDU und der SPD gab es in der Sitzung die seit dem Bekanntwerden des Koalitionsbruchs immer wiederkehrenden Argumente. Zuletzt hatte die CDU am Freitag per offenem Brief erneut ihren Standpunkt vertreten und die Beziehung zur SPD als zerrüttet dargestellt. Schuld daran seien die SPD und ihre „Steinewerfer aus der zweiten Reihe“, die sich in den Kreistagssitzungen nicht an Vereinbarungen gehalten hätten, hieß es darin. „Es gab sicher Gründe für die Einführung des hauptamtlichen Beigeordneten vor drei Jahrzehnten. In der Politik muss man aber immer wieder hinterfragen, ob getroffene Entscheidungen noch richtig sind“, sagte Reichert. Als er vom sechsstelligen Einsparpotenzial beim Wegfall der Hauptamtlichkeit des Beigeordneten sprach, erntete er höhnisches Gelächter aus den SPD-Reihen.

Kommentar

RHEINPFALZ Plus Artikel
Die neue Koalition fängt sich eine Ohrfeige ein

Fuhr: Massiver Vertrauensbruch

Die beiden Fraktionsvorsitzenden der Juniorpartner, Christof Müller (FWG) und Fred Konrad (Grüne), betonten, dass es ihnen nicht um die Person des SPD-Beigeordneten Peter Spitzer gehe. Konrad fügte an, dass er durch die Koalition die Chance sehe, grüne Inhalte auf Kreisebene umsetzen zu können.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Alexander Fuhr sprach von einem „massiven Vertrauensbruch“, den die CDU „um jeden Preis“ gewollt habe. Es sei eine „ungeahnte Respektlosigkeit gegenüber den Sozialdemokraten“, sagte er. „Dies gilt in besonderem Maße für die vorgeschobenen, unausgegorenen und erschreckend von Intoleranz geprägten Begründungen für den Wortbruch. Was wir hier erleben ist der ertappte Ehebrecher, der seiner Ehefrau die Schuld gibt für seinen Ehebruch“, sagte Fuhr unter großem Applaus seiner Fraktion und der SPD-Anhänger im Publikum.

Kein Blankoscheck über Höchstsätze

Der SPD-Fraktionsvorsitzende kritisierte, dass „weder Geschäftsbereich noch Personen“ für die drei ehrenamtlichen Beigeordnetenposten benannt worden seien. „Der Kreistag soll heute einen Blankoscheck ausstellen und für zwei Beigeordnete mit Geschäftsbereich den Höchstsatz an Entschädigungen festlegen“, sagte er. Bis heute wisse aber niemand im Kreistag, wie diese Geschäftsbereiche aussehen sollen und ob die festgelegten Höchstentschädigungen dafür angemessen seien.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Reiner Hohn ging mit der neuen Koalition hart ins Gericht. Die CDU habe zunächst mit der FDP gesprochen, berichtete er, „ich habe gesagt, dass wir einer Änderung der Hauptsatzung nicht zustimmen werden“. Danach habe die CDU Verhandlungen mit den Grünen aufgenommen. In Richtung des Grünen-Fraktionsvorsitzenden Konrad gewandt sagte Hohn: „Ihr seid die Ersatzspieler. Wenn unsere Fraktion zugestimmt hätte, hätte man euch nicht gefragt.“

Reicherts „Milchmädchenrechnung“

In Richtung Landrätin bemerkte Hohn: „Die FDP war die Fraktion, die Ihnen am nächsten gestanden hat. Es war die FDP, die Ihrer Gehaltserhöhung zugestimmt hat. Die Kameraden der FWG und der Grünen haben dagegen gestimmt. Und plötzlichen sitzen die im Boot der CDU. Das ist eine Lachnummer.“ Dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Christof Reichert warf Hohn vor, er stelle bei dem Verweis auf das Einsparpotenzial durch den Wegfall der Hauptamtlichkeit des Beigeordneten „eine Milchmädchenrechnung“ auf. Für ihn sei es unverständlich, das Hauptamt in einer Zeit abzuschaffen, „wo wir alle nicht wissen, was auf den Kreis zukommt“.

Hohn kritisierte auch den Zeitpunkt des Koalitionswechsels. „Eine neue Koalition macht man nach einer Kommunalwahl, nicht ein Jahr vor einer. Böse Zungen könnten hier von einem Wahlbetrug sprechen“, sagte er. Die Aussage, dass die Koalition nach der Kommunalwahl 2024 weitergeführt werden soll, ärgerte ihn. „Ich glaube das nicht. Ich werde Werbung dafür machen, dass diese Koalition nach der Wahl keine Mehrheit mehr hat“, sagte er unter dem Applaus der SPD-Fraktion und der SPD-nahen Zuhörer.

Appell an den Charakter

Lutz Wendel (AfD) betonte, „der Kreis braucht einen hauptamtlichen Beigeordneten, das hat sich seit drei Jahrzehnten bewährt“. Anstand gehe anders, sagte er mit Blick auf die CDU.

Silvia Henne (SPD) appellierte an den Kreistag: „Zeigen Sie Charakter und lehnen Sie den Antrag ab.“ Die Worte wirkten nicht, nur Barbara Schenk (FWG) wich von der Koalitionslinie ab. Mit der qualifizierten Mehrheit von 22 Ja-Stimmen, den Ausschlag gab CDU-Landrätin Susanne Ganster, beschloss der Kreistag die Abschaffung des hauptamtlichen Beigeordneten und die Einführung dreier ehrenamtlicher Beigeordneter. Weil Ganster über Aufwandsentschädigungen nicht mitstimmen darf, fehlte der Koalition bei der Entscheidung eine Stimme. Die einfache Mehrheit von 21 Stimmen reichte nicht aus. Hier verfehlte der Antrag die erforderliche Mehrheit.

x