Südwestpfalz Kreisfinanzen: Kreistag fordert Hilfen vom Land

Weil der Landkreis Südwestpfalz zu wenig Geld vom Land erhält, ist er auf Dauer nicht leistungsfähig.
Weil der Landkreis Südwestpfalz zu wenig Geld vom Land erhält, ist er auf Dauer nicht leistungsfähig.

Der Kreistag Südwestpfalz hat am Montagnachmittag ein deutliches Signal in Richtung Mainz gesandt. Einstimmig beschloss das Gremium eine Resolution, die einen finanziellen Ausgleich für die Benachteiligung des Kreises durch die Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs fordert. Beim Haushalt 2023 war die Einigkeit aber dahin.

„Sowohl das Urteil des Verfassungsgerichtshofes als auch das Landesfinanzausgleichsgesetz haben die Verpflichtung des Landes zur auskömmlichen Finanzausstattung aller Kommunen sowohl für deren Pflichtaufgaben als auch in einem angemessenen Rahmen für freiwillige Aufgaben festgestellt. Mit der Änderung des kommunalen Finanzausgleichs wird dies im Fall unseres Landkreises nicht absehbar erreicht.“ So lautet die zentrale Feststellung in der Resolution, die der Kreistag Südwestpfalz am Montag einstimmig beschloss.

In der Resolution werden die Landesregierung und der Landesgesetzgeber aufgefordert, mit einer Sonderzuwendung die Benachteiligung des Landkreises Südwestpfalz durch die Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs auszugleichen. Wie schlecht es finanziell um den Kreis bestellt ist, schilderte Landrätin Susanne Ganster. Sie sprach von einem „historischen Defizit“ mit 13,7 Millionen Euro Minus im Ergebnishaushalt und 11,6 Millionen Euro Minus im Finanzhaushalt. Erstmals werde der Kreis Liquiditätskredite benötigen.

Angesichts der Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung mit einem Rückgang der Steuereinnahmen um mehr als zehn Prozentpunkte „wird sich die Situation des Landkreises in den folgenden Jahren noch deutlich verschlechtern“, sagte die Landrätin. Die Folge sei, dass der Landkreis „dauerhaft leistungsunfähig“ werde. Ganster verwies auf Mehrausgaben von 5,1 Millionen Euro, die durch die gestiegenen Energiekosten, den daraus resultierenden Preissteigerungen bei den Betriebskosten von Gebäuden und Straßen sowie im Bereich von Schülerbeförderung und Nahverkehr entstanden seien. Diesen deutlichen Mehrausgaben stünde keine Verbesserung der allgemeinen Deckungsmittel aus Kreisumlage und Schlüsselzuweisung gegenüber. Der vom Land im Zuge der Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs versprochene Ausgleich zwischen den finanzstarken und -schwachen Gebietskörperschaften „kommt in der Südwestpfalz nicht an“. Für sie sei „eine rote Linie überschritten“.

Reichert sieht „Webfehler“

Christof Reichert, der Fraktionsvorsitzende der CDU, wies auf den „Webfehler“ des neues Gesetzes hin. Es sei klar, dass es bei einem neuen System Gewinner und Verlierer und für Einzelfälle keine Lösung gebe. „Die Landesregierung hat es versäumt, für diese Fälle einen Ausgleichsmechanismus zu schaffen. Schon im vorgelagerten Beteiligungsverfahren haben die Kommunalen Spitzenverbände und auch der Rechnungshof darauf hingewiesen, dass ein Härtefall-Ausgleichsfonds unumgänglich sein wird. Leider war die Mehrheit im Landtag nicht bereit, diesen Fehler zu korrigieren. Man hat diese Folgen sehenden Auges bewusst herbeigeführt“, kritisierte er. „Mit der Resolution möchten wir unserer Landrätin ein starkes Verhandlungsmandat mit nach Mainz geben. Wir hoffen sehr darauf, dass es auf dem Verhandlungsweg gelingt, die zwingend notwendigen Nachbesserungen zu erreichen. Sollte dies aber nicht gelingen, sind wir auch bereit, juristische Schritte zu prüfen und für meine Fraktion kann ich sagen: Wir sind auch bereit, gegebenenfalls zu klagen“, sagte Reichert.

Heino Schuck trug die Stellungnahme des erkrankten SPD-Fraktionsvorsitzenden Alexander Fuhr vor. Der hielt sich mit Kritik am neuen Gesetz zurück und erklärte, dass man bei der Beratung des Haushaltsentwurfs unterscheiden müssen zwischen dem, „was wirklich drin steht und dem, was politisch daraus gemacht wird“.

SPD spricht von Vorläufigkeit

Die SPD verwies darauf, „dass bisher lediglich ein Haushaltsplan vorliegt, noch keine belegten und abgerechneten Zahlen“. Der Haushaltsentwurf sei vorläufig, weil er der Prüfung der Kommunalaufsicht unterliegt. „Die Gespräche mit der Kommunalaufsicht werden sicher nicht einfach. Wie also die Finanzplanung wirklich aussieht und was also tatsächlich umgesetzt werden kann und in diesem Jahr noch finanzwirksam wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig offen“, trug Schuck vor. Die SPD verwies auf die Evaluation nach drei Jahren, die Bestandteil des Gesetzes sei, und darauf, dass Mindestausstattung jährlich neu berechnet werde.

Im Gegensatz zu Fuhr kritisierten Fred Konrad (Grüne) und Reiner Hohn (FDP) deutlich die Ampelkoalition in Mainz, zu der ihre Parteien gehören. „Wir unterstützen unsere Landesregierung, indem wir Kritik an ihr üben“, sagte Konrad. Angesichts der SPD-Bemerkungen zur Vorläufigkeit konterte er, wenn das Zahlenwerk so vorläufig sei, dann könne man es ja gar nicht beschließen. Seine Fraktion sei in höchstem Maße besorgt, „wie die Finanzen stabil und die Aufgaben finanziert werden sollen“. Dass die Grünen den Haushalt ablehnten, hatte aber einen anderen Grund: Der Kreis könne sich mit diesem Haushalt nicht seinen Zukunftsaufgaben stellen, weil der Gesetzgeber dem Kreis keinen Spielraum lasse.

FWG sieht Verschleierung

Hohn (FDP) machte das neue Gesetz für die Finanzmisere verantwortlich. Auch er hoffte, dass sich durch Verhandlungen mit dem Land etwas ändern lasse. Ansonsten „müssen wir den Weg gehen, die rechtlichen Mittel prüfen und diese auch ausführen“.

Am deutlichsten formulierte Christof Müller, der FWG-Sprecher, die Kritik am Land: Der klar formulierte Auftrag des Verfassungsgerichtshofs „wurde durch eine Regelung, welche allen Vorurteilen über die Komplexität deutscher Gesetzgebung gerecht wird, offenbar mit dem Ziel umgesetzt, unter dem Strich keinen Euro mehr in die Kommunen zu investieren als vorher, um das Ganze durch komplizierte Berechnungen so zu verschleiern, dass es niemandem auffällt.“ Dem Haushalt stimmte die FWG „mit zwei weinenden Augen“ zu.

AfD: Haushalt des Schreckens

Lutz Wendel, der Fraktionsvorsitzende der AfD, sah im Zahlenwerk einen „Haushalt des Schreckens“. Die Reform des kommunalen Finanzausgleichs hielt er für verfassungswidrig. Wendel forderte „eine Verfassungsklage gegen den Landesfinanzausgleich, eine Streichung der Leistungen an abgelehnte Asylbewerber und eine angemessene Ausschüttung der Sparkasse“. Weil der Haushalt nicht den AfD-Vorstellungen einer soliden Haushaltsführung entspreche, enthielt sie sich.

Mit Blick auf die Forderung Wendels, die auch Hohn äußerte, dass die Sparkasse ihren Gewinne wieder an die Kommunen ausschütten soll, statt sie der Rücklage zuzuführen, sagte Ganster, dass dies derzeit rechtlich noch nicht möglich sei. Für 2022 habe das die Bankenaufsicht noch untersagt. „Die Verwaltungsratsmitglieder werden das aber sehr genau prüfen“, sagte Ganster, die Verwaltungsratsvorsitzende der Sparkasse ist. Vor der Corona-Pandemie flossen zwei Millionen Euro von der Sparkasse in den Kreishaushalt. Derzeit unterstützt das Kreditinstitut etwa die Kreisvolkshochschule und die Kreismusikschule finanziell.

Bei vier Enthaltungen der AfD und vier Nein-Stimmen der Grünen wurde der Haushalt mehrheitlich beschlossen.

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