Annweiler/Koblenz Stadt muss Chrupalla-Auftritt zulassen: Das sagen AfD und Stadt zu OVG-Entscheidung

Bereits am vergangenen Wochenende waren Hunderte Menschen in Annweiler für Demokratie und Vielfalt auf die Straße gegangen.
Bereits am vergangenen Wochenende waren Hunderte Menschen in Annweiler für Demokratie und Vielfalt auf die Straße gegangen.

Die Stadt Annweiler ist dazu verpflichtet, ihren Hohenstaufensaal am Samstag der AfD für deren „Bürgerdialog“ zur Verfügung zu stellen. In der vergangenen Woche war die Partei noch vor Gericht gescheitert. Das Oberverwaltungsgericht hat ihr nun Recht gegeben. Mit welcher Begründung?

„Schade, dass es so gekommen ist“, reagiert erster Stadtbeigeordneter Benjamin Burckschat auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG). Wie die Koblenzer Justizbehörde am Donnerstag bekannt gegeben hat, ist die Stadt Annweiler verpflichtet, der AfD den Hohenstaufensaal am Samstag für deren „Bürgerdialog“ mit Parteichef Tino Chrupalla zur Nutzung zu überlassen. Damit hat das höchste Verwaltungsgericht des Landes die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt aufgehoben. Die dortigen Richter hatten in der vergangenen Woche den Antrag der AfD auf Nutzung des Stadtsaals abgelehnt. Sie waren in ihrer Begründung der Argumentation der Stadt gefolgt, wonach kein Mietvertrag zwischen den beiden Seiten zustande gekommen war, weil die AfD versäumt hatte, das Reservierungsangebot der Stadt zu bestätigen. Daraufhin hatte die Partei Beschwerde beim OVG eingelegt.

Dieses teilt zwar die Auffassung der Vorinstanz, dass kein wirksamer Vertrag zustande gekommen sei. „Dies stehe dem von der Antragstellerin geltend gemachten Zugangsanspruch aber nicht entgegen“, so die Koblenzer Richter. Der Stadtrat hatte Mitte Februar mit großer Mehrheit beschlossen, der AfD eine Absage zu erteilen und deren Veranstaltung verhindern zu wollen, da „die Partei eine konkrete Gefahr für den Rechtsstaat und die demokratische Grundordnung darstelle“, wie das OVG auf die städtische Begründung verweist. Doch damit lasse sich der Ausschluss durch die Stadt nicht rechtfertigen, da staatliche Stellen zur politischen Neutralität verpflichtet seien. Bis zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei durch das Bundesverfassungsgericht sei es zwar erlaubt, diese politisch zu bekämpfen, nicht aber, diese bei der Vergabe kommunaler Einrichtungen zu benachteiligen, so das OVG. Dies würde gegen den Grundsatz der Chancengleichheit verstoßen. Zudem dürfen die Stadt als Trägerin öffentlicher Gewalt die Nutzung ihrer Einrichtungen nicht wegen einer bestimmten politischen Richtung verweigern. Denn so würde die Vergabe öffentlicher Räume zum Teil des politischen Meinungskampfes gemacht.

AfD hat sich schon mehrfach eingeklagt

Das Oberverwaltungsgericht habe die Auffassung der AfD bestätigt, dass diese einen öffentlich-rechtlichen Nutzungsanspruch habe, kommentiert Andreas Bleck, Landessprecher der AfD-Bundestagsfraktion, auf Anfrage der RHEINPFALZ die Entscheidung. „Die Stadt Annweiler wollte der AfD die Räumlichkeit aus politischen Gründen verwehren. Dieser Willkür hat das Gericht einen Riegel vorgeschoben“, sagt er. Die Partei hatte während der gesamten juristischen Auseinandersetzung an der Umsetzung ihres „Bürgerdialogs“ festgehalten. Bereits einige Stunden nach der offiziellen Veröffentlichung am vergangenen Mittwoch habe sich eine dreistellige Zahl an Zuschauern angemeldet, so Bleck. Der Organisator rechnet mit einer Vollbelegung. Der denkmalgeschützte Festsaal bietet Platz für bis zu 460 Gäste.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Partei einklagen konnte. Auch das hessische Rödermark beispielsweise wollte eine AfD-Veranstaltung verhindern. Dort hatte das Verwaltungsgericht Darmstadt entschieden, dass die Stadt ihre Kulturhalle für den „Politischen Aschermittwoch“ der AfD zur Verfügung stellen muss. Die Veranstaltung war begleitet von einem großen Protest. Rund 1200 Menschen demonstrierten dort gegen die AfD-Veranstaltung. Auch für Annweiler ist einen Gegenveranstaltung angemeldet.

Demo „bunt statt blaubraun“ am Samstag

Ein breites Bündnis rund um den Verein für Toleranz und Menschlichkeit Südpfalz, die Omas gegen Rechts Landau und Verdi Pfalz planen von 12.30 bis 17 Uhr ein „Hochfest der Demokratie“ in der Trifelsstadt. Bei einer gegenteiligen Entscheidung des OVG hätte die Stadt ihnen sogar den Hohenstaufensaal überlassen. Nun ist laut Organisator um 12 Uhr Treffpunkt auf der Straße vor dem Hohenstaufensaal. Unter dem Titel „Trifelsland bleibt bunt statt blaubraun“ ist von 12.30 bis 13.30 Uhr eine Kundgebung geplant. Von 13.45 bis 15 Uhr wird es Workshops und von 15.30 bis 17 Uhr eine Podiumsdiskussion geben. Dazwischen wird der „Verein Menschenwürde, Toleranz und Demokratiebildung Annweiler“ neu gegründet. Bereits am vergangenen Wochenende hatten sich Hunderte Menschen auf dem Rathausplatz in Annweiler versammelt. Unter dem Motto „Annweiler bekennt Farbe“ waren sie zusammengekommen, um ein Zeichen für Demokratie, Vielfalt und Solidarität zu setzen. Zu der Kundgebung hatten 20 Südpfälzer Parteien und Organisationen aufgerufen.

Die AfD hat ihren Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla nach Annweiler eingeladen.
Die AfD hat ihren Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla nach Annweiler eingeladen.

Wie schon am vergangenen Sonntag wird auch jetzt am Samstag die Stadtspitze Flagge zeigen. „Wir bedauern, dass das OVG von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts abgerückt ist, die Tatsache des nicht geschlossenen Vertrags als vorrangiges Kriterium zu sehen“, sagt Stadtbeigeordneter Burckschat. Gleichzeitig macht er deutlich: „Wir leben in einem Rechtsstaat, und wir achten unsere Verfassung.“ Daher müsse die Stadt das Gerichtsurteil akzeptieren. Er macht aber auch noch einmal deutlich, dass die Trifelsstadt alles tun wolle, um nicht noch einmal in solch eine Lage zu kommen. „Wir werden uns beraten und Beschlüsse fassen, um die aktuellen Regelungen zu präzisieren. Das alles muss aber, wie im Gerichtsurteil dargelegt, nach dem Gleichheitsgrundsatz geschehen.“ Der Annweilerer Fall hat bereits Kreise gezogen. Auch die SPD in Rheinzabern hat nun einen Antrag gestellt, die Nutzungsordnung gemeindeeigner Räume zu ändern, um „Gruppen mit demokratiefeindlichem Verhalten“ die Vermietung zu verweigern.

x