Kreis Südliche Weinstraße „Nicht alles Machbare sinnvoll“

Ist die Menschheit berechtigt, alle Erkenntnisse, die durch die Forschung in der Biotechnologie heute möglich geworden sind, auch auszuschöpfen? Darum ging es bei den ersten „Trifelser Gesprächen“ am Donnerstag im Kurhaus Trifels in Annweiler-Bindersbach.

Zum Thema „Was verspricht uns die Synthetische Biologie?“ diskutierten miteinander die Landtagsfraktionsvorsitzende und stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Julia Klöckner, Florian Bauer, Professor für Wein-Biotechnologie an der Universität Stellenbosch in Südafrika, Jürgen Eck, Technischer Vorstand der Brain Biotech AG Zwingenberg, und Klaus Tanner, Professor an der Universität Heidelberg und Vorsitzender der Ethik-Kommission für Stammzellenforschung bei der Bundesregierung. Thomas Holstein, Professor für Molekulare Evolutionsbiologie an der Universität Heidelberg, moderierte die Diskussion. Die Veranstaltung war der Abschluss der interdisziplinären „Summerschool im Kurhaus Trifels“, die von der Marsilius-Akademie Heidelberg initiiert wurde und eine Woche dauerte. Dort setzten sich Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen und Universitäten mit den Chancen und Risiken moderner Biotechnologie auseinander. Aufgehängt wurde die Podiumsdiskussion am Themenblock Weinanbau. Der Wein als Naturprodukt gelte als Kulturgut, sagte Klöckner. In Übersee aber herrschten andere Weingesetze. Die unterschiedliche Herstellung dort dürfe jedoch nicht gleich als Bedrohung gesehen werden, und der Preis sage nichts über die Qualität aus. Der Verbraucher aber solle wissen, was er trinkt. In sein Konsumverhalten werde sich der Staat nicht einmischen. Er wolle jedoch auch die regionalen Produkte unterstützen, den Weinanbau an steilen Hängen fördern und verhindern, dass Anbauflächen nur wegen der einfacheren Bewirtschaftung angelegt werden. Auf die Frage, ob sich Billigware sensorisch so auffrischen lasse, dass sie einem Pfälzer Riesling gleichkomme, erwiderte Bauer, Qualität entscheide sich am Geschmack. Auch in Südafrika basierten die Weingesetze auf internationalem Standard. Einen Wein künstlich herzustellen, sei wegen der Unzahl von Geruchs- und Geschmacksstoffen viel zu teuer. Dem Einwand eines Zuhörers, dass an den Flaschenetiketten Mengenangaben über die vorhandenen gesundheitsschädlichen Histamine und Sulfite fehlten, entgegnete Klöckner, die Debatte sei schon geführt worden. Es werde keine Beipackzettel geben. Jeder Winzer könne darüber für seinen Wein Auskunft geben. Gerade hier könne die Biotechnologie regulierend eingreifen durch den Einsatz bestimmter Hefepilze, wurde aus dem Publikum argumentiert. Man müsse sich von der Vorstellung lösen, alles, was natürlich sei, sei auch gut. Mit großer Skepsis werde dem Experimentieren im Biomedizinischen Bereich begegnet, stellte Holstein fest. Einig war man sich, dass die Akzeptanz eine Rolle spiele. Was etwa in der Krebsforschung nützt, werde vom Bürger auch angenommen. In Deutschland bestehe eine gewisse Skepsis gegenüber Fortschrittskultur, vermutete Tanner. In komplexe Dinge werde nicht gerne eingegriffen, wenn die Folgen nicht überblickt werden könnten. Das hänge auch mit Wohlstandsdenken zusammen. Wem es gut geht, der brauche keine Technologie der Veränderung. Aber Computerstudien hätten ergeben, dass weltweites Wirtschaftswachstum nicht weiterführe. Die Bio-Technologie biete Lösungen und Chancen, mit ihr neue Branchen in der chemischen Industrie zu eröffnen, bioökonomisch nachwachsende Rohstoffe zu erzeugen, die nicht aus Naturprodukten stammten, ergänzte Eck. Am Computer ließen sich neue Mikroorganismen entwerfen und im Labor zusammenbauen für den Einsatz von Enzymen. Nicht alles Machbare sei jedoch sinnvoll. Verantwortungsvolles Handeln sei unumgänglich bei den schier unbegrenzten Möglichkeiten, die durch die moderne Bio-Technologie entstünden, so Tanner. Die Synthetische Biologie zwinge, über ethische Grundbegriffe nachzudenken. Für Bauer ist erst der Anfang des Potenzials erreicht. Eck stellte fest, es mangele nicht an Verantwortungsbereitschaft, jedoch bestünden noch Hemmungen in der Ausübung. Die Grundlagenforschung habe ihre Bedeutung, schloss Klöckner, aber nur mit dem nötigen ethischen Verständnis. (ppo)

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