Kusel Oberweiler im Tal: Schäfer ohne Wanderei

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Zutrauliche Jungtiere: Die Schafe von Frank Christoffel leben teils weit entfernt auf Koppeln.

Frank Christoffel und seine Schafe schauen herrannahenden Wölfen entgegen

Frank Christoffel warnt: An Regentagen sähen Schafe mitunter aus wie „das Leiden Christi“. Doch so wirklich zum Erbarmen schauen die rund 300 Schafe nun nicht drein, die an diesem trüben Wintertag auf einer eingezäunten Weide am Osthang des Herrmannsbergs stehen. Kein Geblöke, kein Gerenne, eher bedächtig meditierend harrt die Herde in der feuchten Witterung aus.

Herr über 900 Schafe

Frank Christoffel ist einer der wenigen hauptberuflichen Schäfer, die es noch im Landkreis Kusel gibt. Der 46-jährige Landwirt aus Oberweiler im Tal ist Herr über rund 900 Schafe und eine kleine Herde mit Mutterkühen. Ein weiterer Betriebszweig ist der Acker- und Futterbau, um die Schafe, wenn sie über Winter im Trockenen sind, mit wirtschaftseigenem Heu, Silage und Getreide zu versorgen.

Aussterbender Beruf

Schäfer sei in hiesigen Breiten ein „aussterbender Beruf“, obwohl er als einer der ältesten gelte, erklärt der Landwirt. Fehlender Nachwuchs, hohe Arbeitsbelastung, überbordende bürokratische Auflagen – die bis zu einem Drittel der Arbeitszeit beanspruchten – und eine alles andere als üppige Einkommenssituation sind Stichworte dafür, was Schafhaltern wie Landwirten immer wieder als Gründe für die Betriebsaufgabe anführen. Und die Zahlen geben Christoffel recht – immer seltener sind Schäfer mit ihren Herden unterwegs.

2016 noch 34 schafhaltende Betriebe

Landesweit belief sich der Schafbestand im Jahr 1999 noch auf 145.000 Tiere, im Jahr 2016 waren es nur noch 90.000. Im selben Zeitraum ging im Kreis Kusel die Zahl der Schafe von knapp 10.000 auf weniger als 4000 zurück. Wurden am Ende des 20. Jahrhunderts im Landkreis dem Statistischem Landesamt zufolge noch 114 Betriebe mit Schafhaltung gezählt, betrug deren Zahl im Jahr 2016 nur noch 34.

Keine Geduld für Wanderschäferei

Für „romantische“ Wanderschäferei habe er keine Geduld, verrät Christoffel. Das beim Hüten mit dem Hirtenstab gemächliche Tempo – zwei Schritte vorwärts, ein Schritt zurück – sei seine Sache nicht. Ohnehin sei diese Haltungsform in seinem Ein-Mann-Betrieb nicht zu bewältigen. Deshalb hat Christoffel sich für die extensive Koppel-Schafhaltung entschieden. Rund 250 Hektar, darunter auch kreiseigene Ausgleichsflächen zur Pflege, bewirtschaftet der Landwirt. Mehr als 20 Kilometer müssten die Herden mitunter zu den Weidenflächen zurücklegen, erklärt er.

Merino, Fuchs, Rhön und Suffolk

In Christoffels Herden gibt es überwiegend Merinoschafe, daneben Fuchs- und Rhönschafe sowie einige Suffolk. Während der Lammzeit sind die wolligen Wiederkäuer nahe dem Dorf im Stall, damit sie täglich besser kontrolliert werden können, erläutert Christoffel, der Metzger gelernt und eine Ausbildung zum Landwirt absolviert hat. Drei bis vier Wochen müssten die Junglämmer, die altersabhängig in wechselnden Boxen aufgestallt sind und nach der Geburt am Mutterschaf säugen, intensiv beobachtet werden. Mit zunehmendem Alter saugen die Lämmer weniger Muttermilch und werden mit acht bis zwölf Wochen abgesetzt.

Hochleistungssport Schafschur

Vergleichbar einem Hochleistungssport sei das Schafscheren, mit dem im Frühsommer die Schafe von ihrem Wollvlies befreit werden, sagt Christoffel. Das Scheren sei schon ein Kostenfaktor, zumal es immer schwieriger werde, professionelle Scherkolonnen zu finden. Für die Wolle sind die Erlöse nach Angaben des Schäfers äußerst bescheiden und bewegen sich um 60 Cent je Kilogramm. Abnehmer für die Wolle von Christoffels Schafen ist Eric Sommer aus dem lothringischen Morsbach, die Lämmer gehen an einen Händler aus der Eifel.

Immer mehr Bürokratie

Das Schneiden der Klauen und die Hebammendienste in der Lammperiode besorgt der Schäfer selber. Beim Acker- und Futterbau greift er auf zuverlässige Lohnunternehmer zurück. Als Hilfen stehen Christoffel, der auch ältere und schwächere Tiere in seiner Herde belässt, zudem drei Neffen und eine Nichte aus Norddeutschland hin und wieder zur Seite. Was die immer aufwendiger werdende Bürokratie angeht, bescheinigt der Schafhalter den Sachbearbeitern der Kreisverwaltung Hilfsbereitschaft und das Bemühen um praktikable Lösungen.

Problem Wolf

Doch es gibt ein Problem, das den Schafhaltern zunehmend Sorge macht: der Wolf. Zwar seien bislang in der Pfalz noch keine Rissopfer zu verzeichnen, sagt Christoffel, doch wisse er von Berufskollegen in Brandenburg und Frankreich um Übergriffe auf Weidetiere. Vor dem Hintergrund der Ausbreitung der Wölfe – zuletzt wurden in Deutschland bis zu 70 Rudel registriert – erscheinen dem Schafhalter Herdenschutzmaßnahmen nicht ausreichend. Verstärkte Elektrozäune, Nachtgatter oder Herdenschutzhunde hielten die Wölfe nicht ab, fürchtet Christoffel, der dennoch für eine nüchterne Betrachtung wirbt. „Wir werden irgendwann mit dem Problem konfrontiert“, ist er sich sicher.

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Werdende Mütter und Jungtiere kommen aber in den Stall nahe des Dorfes.
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