Jockgrim Wohnungsnot: Flüchtlinge sollen in Container ziehen

Mitarbeiter der Verwaltung haben sich Containeranlagen in mehreren Orten angeschaut, darunter auch die in Herxheim.
Mitarbeiter der Verwaltung haben sich Containeranlagen in mehreren Orten angeschaut, darunter auch die in Herxheim.

Die Verbandsgemeinde möchte Flüchtlinge in Containern unterbringen. Über drei Wohnanlagen hat der Rat am Montagabend diskutiert. Weil sie nichts sagen durften, verließen Zuhörer wütend den Saal.

Die Stuhlreihen im Jockgrimer Ziegeleimuseum waren schnell voll. Mehr als 90 Zuhörer waren zur Sitzung des Verbandsgemeinderats gekommen. Drei uniformierte Mitarbeiter des Ordnungsamts waren ebenfalls da: Die Verwaltung hatte sich offenbar auf großes Publikum eingestellt, wohlwissend, dass das Container-Thema emotionalisiert.

Drei Wohnanlagen sollen entstehen: neben der Freizeitanlage in Rheinzabern, an der alten Kläranlage in Hatzenbühl und neben dem Rathaus in Jockgrim. Die Standorte hatten die Ortsgemeinden nach nicht-öffentlicher Beratung vorgeschlagen. Bis zu 25 Menschen – Geflüchtete und Obdachlose – sollen jeweils dort unterkommen. Eine Anlage wird speziell für Familien geplant. „Wir sind verpflichtet, die uns zugewiesenen Leute unterzubringen“, sagte Bürgermeister Karl Dieter Wünstel (CDU) eingangs. Geregelt ist das im Landesaufnahmegesetz Rheinland-Pfalz.

Nein zu Massenunterkünften

Bislang leben 211 Menschen in angemieteten Wohnungen, darunter 20 Familien mit 55 Kindern. Ansonsten handelt es sich um Alleinreisende (50) oder Einzelpersonen mit einem bis vier Kindern. Die allermeisten haben einen Fluchthintergrund und der größte Anteil kommt aus der Ukraine. Unter den Obdachlosen sind aber auch deutsche Bedürftige. Man sei bei den Wohnungen innerhalb der VG „am Ende der Fahnenstange“ angelangt, so Wünstel. Im Frühjahr soll der Flüchtlingsstrom zudem ansteigen: Die Verwaltung rechnet damit, dass ab März vier bis sechs Menschen wöchentlich in der Verbandsgemeinde ankommen. Eine Massenunterkunft wollte man nicht: „Der Gedanke Turnhallen zu belegen, kam für uns nicht in Betracht“, erläuterte der Bürgermeister. Es soll kein Schulsport ausfallen, nicht ins Vereinsleben eingegriffen werden. Auch Werkshallen und kirchliche Einrichtungen hatte die Verwaltung im Blick, wegen hoher Umbaukosten diese Option aber nicht weiterverfolgt. Die Verwaltung habe eine Lösung mit „wenig Konfliktpotenzial“ gesucht – und das Container-Konzept entwickelt.

Zuhören ja, reden nein

Dass die Container Fragen bei den Bürgern aufwerfen, war zu erwarten. Stellen durften sie die Zuhörer am Montagabend nicht. Bürger haben in Gremiensitzungen üblicherweise kein Rederecht. Nachdem Wünstel eine Zuhörerin, die bereits ans Mikro getreten war, darauf hinwies, verließ sie aufgewühlt den Saal: „Wir haben hier nichts zu melden – viel Spaß!“. Eine Handvoll andere Zuhörer folgten ihr unmittelbar nach. Applaus erhielt CDU-Mitglied German Guttenbacher, der anmerkte, dass eine Einwohnerversammlung zu dem Thema geplant ist. „Wahrscheinlich nach Fasching“ will die Verwaltung, die Bürger „ausführlich informieren“, ergänzte Bürgermeister Wünstel. Ob es in allen vier Orten Einwohnerversammlungen oder eine größere Veranstaltung geben wird, ist noch unklar.

Fehlt Geld für Kitas?

Zunächst zwei Jahre mieten ist aus Sicht der Verwaltung günstiger als die Container kaufen und unterhalten – und später nicht wissen, wohin damit. Vergleichszahlen blieb die Behörde allerdings – trotz Nachfragen von Grünen- und FWG-Mitgliedern – schuldig. Die Verwaltung rechnet mit Mietkosten von rund 460.000 Euro für die drei Container-Anlagen über zwei Jahre. Hinzu kommen Ausgaben für den Transport sowie Auf- und Abbau von rund 78.000 und 157.000 Euro, je nach Anbieter. Einige Bürger hätten – unter anderem in sozialen Medien – Bedenken geäußert, dass das Geld dann bei Kitas, Schulen oder in anderen Bereichen fehle, sagte Karl Dieter Wünstel. „Das ist so nicht korrekt.“ Die Mittel könne die Gemeinde über Land und Kreis beim Bund abrufen. 7,9 Millionen Euro hat der Kreis für die Unterbringung von Schutzsuchenden zur Verfügung, sie werden über einen Schlüssel verteilt. Für die Kommune entstünden so zunächst keine weiteren Kosten. Ein Vorteil: Leerstandskosten wie bei angemieteten Wohnungen gebe es bei der Container-Lösung nicht. Denn für Zeiträume, in denen Wohnungen nicht belegt sind, könne Geld nicht abgerufen werden.

Weil die Zeit drängt, hat die Verwaltung um einen Grundsatzbeschluss für Container an bis zu vier Standorten gebeten. So kann sie Mietverträge mit Firmen abschließen und Aufträge vergeben. Der Rat stimmte bei zwei Enthaltungen zu. Neupotz hat noch keinen Standort benannt.

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