Kreis Germersheim Die Freiheit des Rollstuhls

Jockgrim. „Die Auszeichnung gebührt mir eigentlich gar nicht“, sagt Heinrich Buschmann aus Jockgrim über das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, das ihm am Montag verliehen wurde.

Für sein großes ehrenamtliches Engagement, nicht nur beim von ihm mitgegründeten verein Mobil mit Behinderung (MMB) sondern auch als Behindertenbeauftragter der Verbandsgemeinde Jockgrim, als Präsident der Stiftung „Inklusion durch Mobilität“ sowie als Berater für die Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke, wurde Buschmann nun diese bundesweite Anerkennung zuteil. Geboren wurde Buschmann 1954 und wuchs in einer Unternehmerfamilie auf. „Mein Vater übernahm in der zweiten Generation die Gärtnerei von seinem Vater“, sagt Buschmann. So sei er schon früh an strenge Strukturen und Arbeiten gewöhnt worden. Sein Arbeitseifer erstreckte sich allerdings nicht gerade auf die Schule. Das sei nicht so sein Ding gewesen, sagt er. „Ich erkannte viel zu spät, wie wichtig eine fundierte Ausbildung ist“. Was er jedoch früh erkannte, war sein Talent zum Organisieren. „Waren es anfangs Partys mit allem Drum und Dran, organisierte ich bald Discos in Jugendgruppen und mietete später ganze Hallen“, erzählt Buschmann aus seiner Jugend. Das sei eine sehr bewegende Zeit gewesen, die „ohne Arbeit allerdings auch sinnlos und vergeudet war“. Die Wende brachte die Ausbildung zum Elektrotechniker in Heidelberg. Jetzt hatte er endlich einen Job und verdiente sein eigenes Geld, womit der Grundstock für ein eigenständiges Leben gelegt war – eigentlich. Weil er nämlich an erblich bedingtem Muskelschwund leidet, sitzt Heinrich Buschmann seit seinem 18. Lebensjahr im Rollstuhl. „Egal wohin ich gehen wollte, ich brauchte immer jemanden, der mir in den Rollstuhl und wieder heraus hilft“. Buschmann war also trotz eigenem Einkommen immer noch abhängig. Ein Zustand, der für ihn nicht befriedigend war. In dieser Zeit erfuhr er am eigenen Leibe, wie wichtig selbstständige Mobilität ist. Hatte er sich als Jugendlicher noch vehement gegen den Rollstuhl gewehrt, so erkannte er nun, dass er nur so unabhängig werden konnte. „Je mehr ich behindert wurde, desto freier wurde ich“, sagt er heute. Denn als er einen elektrischen Rollstuhl hatte, „kam ich raus und konnte mich mit Freunden treffen“. Zu dieser Zeit konnte er auch noch Auto fahren, damit war jedoch bald auch Schluss. „Mehr und mehr Technik war notwendig, die aber kostet richtig viel Geld“, so Buschmann. Ein erster Antrag auf finanzielle Unterstützung wurde abgelehnt, also suchte er im Internet nach Betroffenen, die in gleicher Lage waren. „Sie halfen mir dabei, das Fahrzeug bei den Behörden richtig zu begründen“. Nachdem sein zweiter Antrag schließlich positiv beschieden wurde, wandte er sich mit einem Anliegen an seine Helfer. „Ich sagte ihnen, dass wir hier nicht aufhören können. Wenn wir jetzt auseinandergehen, dann fängt der nächste wieder bei Null an“. Aus diesem Anliegen heraus entstand 2001 schließlich der Verein „Mobil mit Behinderung“ (MMB), bei dem Buschmann bis heute das Amt des Vorsitzenden ausübt. (cde)

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