Karlsruhe „Morgenlandfahrten“ in die Türkei

Die Türkei bietet gerade wieder, nicht nur politisch, ein Bild voller Widersprüche. Diese auch nur halbwegs nachvollziehen zu können, ist bei beliebten „All Inclusive“-Urlauben an der „türkischen Riviera“ kaum möglich. Die Weite des Landes erschließt sich erst, wenn man weiter reist. Unter dem Titel „Morgenlandfahrten“ will nun eine Ausstellung im Museum Schweizerhof Bretten „Annäherungen an die Türkei“ ermöglichen.

Entstanden ist eine Zeitreise, die im späten 16. Jahrhundert mit Michael Heberer beginnt und bis zu den heute unter uns lebenden Menschen türkischer Herkunft führt. Heberer, um 1555 in Bretten geboren (das Geburtshaus musste nach einem Brand 2007 abgerissen werden), hatte an den Universitäten Wittenberg, Leipzig und Heidelberg Rechtswissenschaften studiert und war abenteuerlustig auf Orientfahrt gegangen. Die Türken nahmen ihn gefangen und ließen ihn mehrere Jahre als Rudersklave auf einer Kriegsgaleere schuften. 1610 landete er mit einem in Heidelberg erschienenen Reisebericht über seine Erlebnisse einen Bestseller. Damit hat die Brettener Schau keinen schlechten Einstand. Was die historischen Exponate wie Teppiche, Kleidungsstücke, Geschirr und Zierrat aus Kupfer, Teegeschirre, Samoware, Waffen, Wasserpfeifen oder sogar Holzstäbchen zur Zahnreinigung sowie Gemälde, Stiche, Drucke und Fotos angeht, bilden zwei mit offensichtlich großer Sachkunde und Sympathie für die türkische beziehungsweise osmanische Kultur zusammengetragene Privatsammlungen aus Waldbronn und Karlsruhe einen starken Kern. Ergänzt werden diese durch Gebrauchs- und Dekorgegenstände, die teilweise von türkischen Familien zur Verfügung gestellt wurden. Aktuell leben in Bretten annähernd 2000 Menschen türkischer Herkunft, die aber längst nicht mehr alle türkische Staatsangehörige sind. Foto- und Infowände suchen zu vermitteln, dass Kommune, Schulen und Kultureinrichtungen gemeinsam mit türkischen Vereinen und Moscheen in der Region einiges für ein gutes Miteinander der Einheimischen und der „Gastarbeiter“ beziehungsweise. ihrer Nachkommen geleistet haben. Wer sich die Zeit für das Lesen der sehr umfassenden Informationstexte nimmt, kann viel erfahren über die Geschichte des Osmanischen Reiches wie der heutigen Türkei, aber auch über die Entwicklung der Einwanderung und Integration bei uns. Da wird dann vielleicht auch das eine oder andere Klischee aufgebrochen.

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