Kaiserslautern Ruhiger Atem und glockenklare Stimmen

In den Zaubergarten der Musik führte am Freitagabend das SWR4-Weihnachtskonzert in der bis auf den letzten Platz besetzten Abteikirche Otterberg. SWR4-Moderator Lothar Ackva führte dabei durch ein höchst anspruchsvolles und abwechslungsreiches Programm mit international und national renommierten Künstlern, aber auch mit sehr beachtenswerten regionalen Musikern. Die ehemalige Zisterzienserabteikirche mit ihrer farbigen Beleuchtung bot dafür einen prächtigen Rahmen.

Beginnen wir gleich mit der Sensation des Abends. Die Latvian Voices betörten buchstäblich das Publikum mit ihren lettischen Volksweisen. Der volkstümliche Lyrismus, der sinnliche Farbenreichtum, die kontemplativen, mit Klangflächen arbeitenden Interpretationen, die moderne Elemente aufwiesen, ließen ein ums andere Mal aufhorchen. Ihre Klangsprache entwickelte sich organisch: ein langer, ruhiger Atem, natürliche Schlichtheit, eine gewisse herbe Wehmut. Diese Qualitäten kamen auch deshalb bestens zur Geltung, weil die sieben A-cappella-Sängerinnen aus Riga einen außerordentlich hohen Standard boten. Der Chorklang war von betörender Reinheit und Geschlossenheit, technisch wurde von den engelsgleichen Stimmen makellos gesungen. Mit herrlichen Stimmen warteten auch die fünf A-cappella-Sänger von der Gruppe Viva Voce aus Franken auf. Lieder wie „Maria durch den Dornwald ging“ oder „Hallelujah“ von Leonard Cohen bestachen mit ausgefeilten Arrangements, einfallsreich aufgefächerten Harmonien und zum Falsett tendierenden Tenorstimmen. Der intensive und dennoch zurückhaltende Vortragsstil, die starke rhythmische Akzentuierung sowie die Experimentierfreudigkeit der Sänger waren begeisternd. Dabei imitierten die Träger des Bayerischen Staatspreises Bass und Schlagzeug kunstgerecht lediglich mit Zunge, Lippen und Gaumen. Mit dem „Ave Maria“ von Bach/Gounod und bekannten Weihnachtsliedern begeisterte der aus Ludwigshafen stammende, international anerkannte Tenor Volker Bengl. Er ist ein Beispiel dafür, wie eine vorbildliche Textausformulierung und Stimmführung die musikalische Struktur und Klangproportionen auf bestmögliche Weise beeinflussen können. Im Piano zeichnete sich sein herrliches Timbre durch subtile Klangfarben aus, im Forte und Fortissimo tendierte die leicht dunkel gefärbte Stimme allerdings zum Knödeln. Ute Freudenberg aus Weimar sang Weihnachtslieder wie „Endlich Weihnachtszeit“ oder Schuberts „Ave Maria“ mit einer Altstimme, die es so in Deutschland vermutlich kein zweites Mal gibt. Stimmenvolumen und Stimmenumfang waren betörend. Dazu präsentierte sie sich als nuancierte, äußerst flexible Phrasierungskünstlerin. Unter die Haut gingen auch Sätze wie „In dulci jubilo“ oder „Es ist ein Ros’ entsprungen“ des achtköpfigen Ensembles Holz un’ Blech aus der Westpfalz. Mit exzellenter Intonation und fein geführter Gestaltungskraft ließ das Oktett aus Klarinetten, Saxofon, Trompeten, Posaune, Bariton und Tuba die Sätze mit erzählerischer Eleganz und runder Tongestaltung erscheinen. Auch der gemischte Chor con brio unter Leitung von Markus Henz und mit der Orgelbegleitung von Christoph Immetsberger gefiel bei „Christmas Lullaby“ mit herrlichem Chorklang, makelloser Intonation und guter Phrasierung. Mit dem Prélude aus dem Concert Re Majeur von Claude Balbastre (1724 bis 1799) zeigte sich Immetsberger als überlegener Organist mit klarer Konzeption. Absoluter Höhepunkt war der gemeinsame Auftritt von Latvian Voices und Viva Voce. Sensationell wie die glockenklaren Stimmen sich miteinander verwoben. Ausschnitte des Konzerts sind am Sonntag, 20. Dezember, ab 18 Uhr im Programm von SWR 4 (UKW 105,6) zu hören.

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