Kaiserslautern Katzen, Löwen und ein Transvestit

Von singenden Katzen und Löwen, Kaiserinnen und Transvestiten, Vampiren und Phantomen: Zum wiederholten Male wartete die „Nacht der Musicals“ mit einem fesselnden und vielseitigen Potpourri aus den bekanntesten und erfolgreichsten Musicalproduktionen aller Zeiten auf. Am Sonntag sorgten die internationalen Künstler mit gleich zwei Vorstellungen im Pfalztheater für eine Show der Superlative.

Das Versprechen von schillernden Bühnenbildern, stimmgewaltigen Darbietungen und zeitlosen Klassikern aus der bunten und vielfältigen Welt des Musicals lockte auch in diesem Jahr unzählige Gäste ins Große Haus. Und sie wurden nicht enttäuscht. Sechs Sängerinnen und Sänger sowie ein achtköpfiges Tanzensemble entführten das Publikum auf eine knapp zweistündige Reise durch die wundersamsten Universen weltbekannter Broadway-Musicals. Die berauschend finsteren Melodien von „Tanz der Vampire“ und „Phantom der Oper“ waren dabei ebenso ein Muss wie Andrew Lloyd Webbers emotionales Meisterwerk „Cats“. In den ersten beiden Stücken brillierte der aus New Orleans stammende Bariton Robert Wagner sowohl als blutgieriger Vampirfürst, als auch als das von Eifersucht getriebene Phantom, beide Rollen mit einer immensen Kraft vorgetragen. Janina Wilhalm rührte dagegen mit der elegischen Arie „Memory“ zu Tränen, makellos ihr sanft perlender Sopran, der sich mal behutsam, mal kraftvoll, und doch immer glasklar durch jede Tonlage schmeichelte. Das war bei ihrer Interpretation des „König der Löwen“-Stücks „Schattenland“ nicht anders, mit dem sie in der Rolle der „Nala“ eine überragende Leistung ablieferte. In Sachen überragender Leistung hat die niederösterreichische Koloratursopranistin Nadja Plattner die Messlatte bereits zu Beginn des Abends hoch angesetzt, zuerst mit ihrer Darstellung der Christine Daaé („Phantom der Oper“), mit der sie bravourös die höchsten Töne erreichte, und später in der Figur der Kaiserin Elisabeth mit der zauberhaft filigranen Ballade „Ich gehör’ nur mir“. Martin Werth brachte Dynamik ins Repertoire. Er rockte sich als Jesus Christ Superstar durch die basslastigen Arrangements des gleichnamigen Erfolgsmusicals und hob sich auch in dem fäustereckenden Queen- und Ben-Elton-Bühnenstreich „We Will Rock You“ durch seine wuchtig energiegeladene Stimmfarbe vom Rest des Ensembles ab. Die in Ungarn geborene Adrienn Szegoe konnte ihren Kollegen dank ihres prachtvollen Stimmvolumens noch übertrumpfen. Sie bewies, im wahrsten Sinne, einen langen Atem, als sie für Queens „Somebody To Love“ die Töne bis zum Ende ausreizte – nur dem Publikum blieb mit jeder verstreichenden Sekunde der Atem weg. Für einen überwältigten Zwischenapplaus reichte es aber trotzdem. Der Berliner Schauspieler und Sänger Alexander Kerbst sorgte mit seinen Darbietungen für die wandlungsfähigsten Höhepunkte des Abends. Eben noch glänzte er in seiner unangefochtenen Paraderolle als der ebenso exzentrische wie geniale Falco – die naturgegebene optische Ähnlichkeit und das beeindruckende Talent des Sängers zur Imitation machten die Illusion perfekt –, schon schlüpfte er in den legendären schwarzen Hut des sonnenbebrillten „Panikrockers“ Udo Lindenberg und begeisterte nicht nur mit stilechter Mimik und Gestik, sondern auch mit einer Stimme, die ganz dicht am Original siedelte. Apropos Höhepunkte: Kerbst ließ es sich nach der Pause nicht nehmen, mit seinem verrucht-schlüpfrigen Ausflug ins Publikum als der hemmungslose und in Strapsen gekleidete Dr. Frank N. Furter der „Rocky Horror Show“ dem männlichen Geschlecht die Schamesröte ins Gesicht zu jagen. Ganz nebenbei sorgte auch der US-Amerikaner Robert Wagner als der dauerverängstigte und überraschenderweise „Schwyzerdütsch“ sprechende Brad für den ein oder anderen Lacher, wenn auch nicht bei seiner Janet. Die Zuhörerschaft war von dem Können des Ensembles restlos begeistert. Ob solo, im Duett, oder im Ensemble – die Sänger liefen mit jeder Nummer zur Höchstform auf. Eine Aufforderung zum kollektiven Mitklatschen während des schwungvollen ABBA-Medleys zu „Mamma Mia“ war da quasi hinfällig – das Publikum sang die Evergreens textsicher und freudestrahlend in Richtung Bühne und hatte sichtlich Spaß an den grell glitzernden und für Männer leicht unvorteilhaft geschnittenen Disco-Kostümen der Darsteller. Mit einem Querschnitt aus dem beliebten Udo Jürgens-Bühnenwerk „Ich war noch niemals in New York“ holten Publikum und Künstler zum großen Finale aus. Schöner und nostalgischer hätte diese spektakuläre Reise durch die Musikgeschichte kaum ausfallen können.

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