Kaiserslautern Galaktisches Gesamtkunstwerk

Geht in seiner Rolle auf: Frontmann Rolando Pacella.
Geht in seiner Rolle auf: Frontmann Rolando Pacella.

Wer kann in diesen Tagen als glücklicher, zufriedener Veranstalter WM-Fieber und Schwimmbadsaison trotzen? Die Krügers konnten: Am Samstag platzte der Musikclub Ventil in ihrer Galerie „Bildhaus“ auf dem Hahnbacherhof in Schallodenbach aus allen Nähten. Die südwestpfälzische Band Udos Lindenwerk war weit mehr als eine Imitation. Das Konzert war eine Sensation und eine echte Alternative zu Udo Lindenberg und seinem Panikorchester.

Udo Lindenberg genießt als Rockmusiker mit seinen sozial- und gesellschaftskritischen und für Humanität und Offenheit werbenden auch pazifistischen Texten, sowie als Schriftsteller und Kunstmaler Kultstatus und ist mit 72 Jahren fast eine Legende. Udos Lindenwerk nun kommt dem Kultstatus ihres Idols sehr nahe. Bedingt durch die Bühnen- und Raumverhältnisse kam die Pirmasenser Offensive zwar in reduzierter Besetzung. Trotzdem erzielte die sehr authentisch wirkende Mischung aus Bühnenshow und Konzert sowie Moderation ähnlich galaktische und „panische“ Wirkung wie das Original. Dass Lindenberg immer noch den Nerv der Fans trifft, war auch am Samstag im Ventil zu spüren. Das Publikum von etwa 18 bis 80 war fasziniert, ja infiziert von der ungebrochenen Aktualität seiner Anti-Kriegs-Thematik, etwa in der Ballade „Wozu sind Kriege da?“, und seiner unverblümten Szenesprache. Die fällt bekanntlich mal durch Metaphorik und dann wieder Drastik auf, bringt alles auf den Punkt, was Menschen bewegt. Rolando Pacella, Frontmann im Tributprojekt, imitiert diese deutsche Rockikone nicht bloß, er geht vielmehr völlig in seiner Rolle auf: in Kleidung, Gestik, Mimik und dem Habitus und in der typisch belegt und rauchig wirkenden, leicht nasalen Stimme des Idols. Dass Parodisten - wie etwa Matze Knop als „Kaiser“ Franz Beckenbauer - auf ihr Vorbild treffen und von diesem geschätzt werden, ist keine Seltenheit. Wie Beckenbauer und Matze Knop sich kennen und schätzen, gilt dies auch für Udo Lindenberg und Rolando Pacella. Man kann annehmen, dass Pacella und seine Band, perfekt in den melodischen Riffs, der Stimmgebung und den Texten, Lindenbergs Popularität durch solch glanzvolle Auftritte wie auf dem Hahnbacherhof sogar noch steigern. Wie man es nun nennen mag, Tribut- oder Coverband, Parodist oder schlicht und ergreifend infiziert vom Bazillus der „Lindianer“: Der aus Fischbach bei Dahn kommende Sänger gibt als Udo alles – und vielleicht noch ein bisschen mehr: Das, was in den fetzigen Soundkreationen, zündenden Riffs von E-Gitarre (Reinhold Hilz) und virtuosen Tastenumspielungen (Tobias Schwarz) an elektrisierenden Rhythmen (Christoph Sommer, Drums, und Michael Schwartz, Bass) mitschwingt, bringt Pacella schonungslos offen auf den Punkt. Aufrüttelnde statt einlullende Textinhalte, aufpeitschende statt besänftigende Klänge. Dabei handelt es sich um eine Art Gesamtkunstwerk aus Bühnentechnik, Choreographie – unterstützt durch die Tänzerin Danni Wittmer – und Modern Entertainment, auch mit einem Schuss Clownerie und Selbstironie. So lebt die Bühnenshow vom ständigen Wechselspiel im Call-and -Response-Prinzip, was durch die zweite Sängerin Katrin Graf gelingt: atemberaubend, spektakulär, impulsiv und explosiv – aber stets in kontrollierten musikalischen Abläufen, eben eng am Original. Mit ihrer sanften und reinklingenden Stimme bietet die Graf einen guten Kontrast zu Pacella, mit diesem aber wirkungsvoll verschmelzend. Neben dem authentisch wirkenden Gesang überzeugte die Begleitband durch routinierte Abläufe, Akkuratesse und exaktes Timing. Auch hier galt professionelles Agieren in dem Streifzug durch deutsche Rockgeschichte seit den 70ern. Info Weiter geht’s auf dem Hahnbacherhof am Samstag, 14. Juli, mit der fünfköpfigen Band „Four“, die Jazz, Funk und Fusion vorstellt: mit Tasten, „Gebläse“ und Saitensprüngen.

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