Kaiserslautern Einfach zu köstlich

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Ein Debüt kommt zur Uraufführung. Oder: Die SpVgg Widrige Umstände spielt einmal mehr in der Pfalzgalerie. Oder: Ein ehemaliger und drei derzeitige Pfalztheater-Schauspieler bauen betreffs Stoffes und Regie auf Autorin Madeleine Giese, proben seit Wochen die Kunstkrimikomödie „Wo fängt die Wand an?“ und feierten am Sonntagabend Premiere. Jede der drei Aussagen trifft zu. Fehlt nur noch, wie es war.

Dass nach 70 Minuten das Besuchervolk „garantiert schmunzelt“, prophezeite unser Vorbericht am 30. April. Dass jedoch 70 Minuten lang teils herzhaft gelacht wurde – das zeigte die Premiere. Es war aber auch zu köstlich, wie sich das Besetzungsquartett fetzte. Und zwar mit hinreichend bekannten Phrasen und Begriffen auf höchstem Niveau sowie den sich quasi selbst erledigenden Diskussionsthemen in puncto Kunstgeschichte, Kunstmarkt und zeitgenössischer Kunstszene teils unterster Schubladenrhetorik. Die Komik steckte genau in deren Details und Gegenargumenten. Wurden diese doch mit hehrem, hektischem und empörendem Duktus, mit gewichtiger Mimik und gegeneinander wetteifernd parodiert und persifliert. Vier Experten, die sich schon mal nah schlechten Benehmens vergaloppierten. Kurz: Es war höchst elitär und nicht zuletzt deswegen so schreiend komisch. Ging es doch um jenes geistreich-kritische Verspotten einer Geisteshaltung, welche die Protagonisten für sich, jedoch nicht für andere beanspruchen. Was Giese da an Argumenten, Studien, Lehren sowie „Fußvolksdenken“ und Stammtischparolen zusammentrug, wie sie es für die Akteure mundgerecht fabulierte, wie sie in den Fluss einer in sich schlüssigen, temporeichen Handlung Pointe um Pointe streute – das ist Vergnügen pur. Motto: erst mitdenken, dann kann mitgelacht werden. Nun jedoch ist höchste Zeit zu erwähnen, dass alles bisher Erwähnte nicht wäre, stünden nicht diese zwielichtigen Vier in der Bühnenkulisse des Slevogtsaals: die drei vom Pfalztheater Nathalie Forester, Rainer Furch und Stefan Kiefer sowie Christian Higer, engagiert am Staatstheater Saarbrücken. Diese theatralische Farbigkeit! Diese dubiosen Wortgefechte über Kunst und Identität! Alles kam vor, von todernsten Schrecken bis hin zu veralberten Ängsten, von Hintergehen bis zu hauchzartem Anbandeln dreier Herren mit der einen Frau. Dabei fängt alles so harmlos normal an: Museumswärter Brauer (Kiefer) macht seinen nächtlichen Rundgang, hält Zwiesprache mit den „Saalbewohnern“ an den Wänden und stöhnt, als der stellvertretende Museumsdirektor Mirtz (Higer) einen Rundgang durch die Ständige Ausstellung mit der Kulturbürgermeisterin Holz (Forester) und Mäzen Adler (Furch) ankündigt. Letzterer wolle dem Haus ein Gemälde vermachen. Alles bestens, wäre da nicht dieses weiße Bild, wo sonst Slevogts Frühlingsmorgen hängt. Brauer merkt es zuerst, Mirtz erst nachdem er bereits euphorisch Farben und Licht im impressionistischen Slevogt angepriesen hatte und entsetzt in weißes Nichts sieht. Und schon beherrscht die sattsam bekannte Frage, was Kunst sei, die Szene. Dabei steht Brauer der Schalk im Gesicht geschrieben, in tänzelnder Gelenkigkeit und wohlgesetztem Tonfall. Higer ist ein Meister dramatischer Wechselstimmungen. Dabei fuchtelt er mit sprechenden Augen und Armen, ist hier, rast dorthin, macht Freudensprünge. Furch spielt den Etablierten, den Alleswissenden, bis er am Schluss einen Teil des aufgeklebten Schnauzers verliert – mehr wird nicht verraten. Forester spielt ganz Dame im Kostüm. Beobachtet dabei allerdings mit lauerndem Blick, stellt dauernd infrage, fragt dauernd, auch Fakten, die sie als Kulturbürgermeisterin wissen sollte... Madeleine Giese begann ihre Krimiroman-Karriere mit einem Mord im Museum. Ihr Theaterstoff-Debüt siedelte sie erneut im musealen Kontext an. Eine neue Karriere? Wer weiß. Wir bleiben dran. Garantiert! Aufführungen... ... jeweils um 19 Uhr am 21. und 22. Mai sowie 4., 5., 18. und 19 Juni im Slevogtsaal der Pfalzgalerie; Karten an der Museumskasse.

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