Kaiserslautern Das weiße Bild an der Wand

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Im Slevogtsaal des Museums Pfalzgalerie (mpk) tut sich Seltenes: Erwachsene stehen, gehen, hocken oder liegen auf dem Boden und reden mit Manuskripten in Händen. Es geht (wieder) um ein weißes Bild und die Frage „Wo fängt die Wand an?“. Eine Stippvisite ergibt, dass die Spielvereinigung (SpVgg) Widrige Umstände einen Kunstkrimi von Madeleine Giese einstudiert.

Yasmina Reza stellt in ihrem Welterfolg „Kunst“ drei Freunde auf eine harte Probe. Auslöser ist ein „weißes Bild mit weißen Streifen“ für wahnsinnige 200.000 Francs. Resultat ist der teils lästernde Diskurs „Was ist Kunst?“ sowie ein Käufer des Werkes, der so sehr beleidigt ist, dass ihm das Lachen vergeht. Doch gerade das Absurde ist das Komödiantische an einem derartigen Kaufentscheid. Es regte Reza zum Schreiben des Stückes an. Vor genau zwei Jahren führten es Rainer Furch, Christian Higer und Stefan Kiefer im mpk auf und tourten danach damit durch die Region. Nun folgt eine Fortsetzung. Von Madeleine Giese. Das Wagnis eines Debüts. Mit von der Partie sind keine Geringeren als jene drei Schauspieler, die so herrlich die satirisch-parodistischen Anklänge zu „vertonen“ wissen. Diesmal übrigens mit Dame, der Schauspielerin Nathalie Forester. Auch diesmal wird der Saalboden zu Bühnenbrettern, altmeisterliche Werke an Wänden und Publikum auf Stühlen werden zu einem Teil der Kulisse. Das Proben beginnt. Museumswärter Brauer (Kiefer) taucht auf, dreht ein, zwei Runden, fischt aus dem „Entfesselten Prometheus“ sein Frühstücksbrot, begrüßt kauend seine „Saalbewohner“, stutzt und sieht schmunzelt ein großes weißes Bild an: „Nanu – bist du neu hier? Die Neuen gehören aber nach drüben. Doch von mir aus kannst du bleiben.“ Das Öffnen der Saaltür stört die Mußestunde. Drei Personen treten redend und gestikulierend ein: Hirz, der stellvertretende Museumsleiter (Higer), führt Slevogt-Mäzen Adler (Furch) und Kulturministerin Holz (Forester) durchs Museum. Gestelztes Gehabe scheint Wichtiges anzukünden. Aha – es geht um Slevogts „Frühlingsmorgen“, über den Hirz mit dem Rücken zum Bild vollmundig referiert – bis er sich ihm zuwendet. Erschrocken fährt er zusammen: „Das ist ein Anschlag!“ Er flüchtet. Zurück bleibt betretenes Schweigen, vorsichtiges Nachdenken, was ein Bild ausmacht, das so aussieht wie dieses ohne Anfang und Ende, ein Bild für die Unendlichkeit. Und überhaupt: „Wo fängt die Wand an?“, fragt Holz irgendwie laienhaft, während Adler regelrecht im Rausch reagiert: „Ein Ontrias!“ Dass irgendetwas mit dem Quartett nicht ganz astrein zu sein scheint, ist bald zu merken. Und damit dieser Eindruck als Teil der Kunstkrimikomödie beim Publikum ankommt, feilen die Akteure am Ausdruck – ohne hier etwas zu verraten – eines doppelbödigen Spiels. Giese in der Rolle der Regisseurin hakt derweil ab, was bestens funktioniert, und bespricht, was verbesserungswürdig ist. Überhaupt geht es bei den Profis der SpVgg klar demokratisch zu. Da geht es sogar an den Text, sollte er blocken. Wie brachte es doch Brauer auf den Punkt? „Es geht nicht um das Verstehen. Es geht darum, dem intuitiven Sinn zu begegnen.“ Warum statt eines Slevogt-Frühlingsmorgens ein weißer Ontrias die Gemüter auf allen Ebenen strapaziert, das erfährt das Publikum nach 70 Minuten Spieldauer mit dem Entlarven von Fakten und Identitäten. Garantiert mit schmunzelnden Gesichtern. INFO Premiere ist am Sonntag, 8. Mai, um 19 Uhr im Museum Pfalzgalerie, Karten gibt es an der Museumskasse, Telefon 0631/3647-205. Es sind sechs weitere Folgen vorgesehen.

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