Kaiserslautern „Betriebe sehen eine Chance“

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Flüchtlinge in den deutschen Arbeitsmarkt zu bringen beherrscht zunehmend die Diskussion in Politik und Gesellschaft. In der Handwerkskammer der Pfalz ist das Thema bei Flüchtlingsnetzwerkerin Simone Brandt seit August Tagesgeschäft. In einem Projekt mit der Bundesagentur für Arbeit und dem Mainzer Wirtschaftsministerium berät und unterstützt sie nicht mehr schulpflichtige Flüchtlinge zwischen 18 und 35 Jahren mit konkreter Bleibeperspektive auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz.

„Die Betriebe sehen in Flüchtlingen und Asylbewerbern eine Chance, den Fachkräftemangel zu beheben“, schildert sie im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Ob Kraftfahrzeugmechaniker, Bäcker, Schreiner oder Elektriker, die Betriebe zeigten Interesse, ihre Fachkräfte selbst heranzuziehen. Gestützt auf ihre Ausbildung in Aus- und Weiterbildung und langjährige Erfahrung zuletzt als Projektmitarbeiterin beim Saarländischen Beratungsnetzwerk für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge (SABENE) ist es Brandts Aufgabe, die Zielgruppe zu beraten, zu motivieren und zu unterstützen. Wo sind die Kompetenzen, welches die Perspektiven im Handwerk und wie finden Betrieb und Bewerber zueinander? Zwölf Teilnehmer aus Syrien, Ägypten, Afghanistan und Georgien haben die Arbeitsagenturen Kaiserslautern-Pirmasens, Landau, Ludwigshafen und das Jobcenter Ludwigshafen der Flüchtlingsnetzwerkerin zugewiesen. Dazu kommen Ehrenämtler und karitative Organisationen mit Anliegen nach Beratung zur Ausbildung auf sie zu. Auf der anderen Seite stehen die Betriebe der Handwerkskammer, ein Netzwerk, auf das sie sich stützen kann. Ein Betrieb sei bereit mitzumachen wenn er wisse, dass er nicht alleine dastehe, dass er weiter die Beratungsdienstleistung habe, erläutert Brandt. Tatsächlich wollen beide Seiten nicht alleine gelassen werden. „Die junge Generation ist willig und diszipliniert, sich dem deutschen Arbeitsleben zu stellen und sich integrieren zu lassen“ so die bisherige Erfahrung der Netzwerkerin. Schwierig sei indes, einem Menschen in kurzer Zeit zu vermitteln, was Deutschland bedeutet, wie das System hier funktioniert. „Das kann man von diesen Menschen nicht erwarten“, stellt die Beraterin fest: „Sie kennen das Wort Ausbildung; Inhalt, Bedeutung und Gewicht müssen sie selbst erleben.“ Brandt erzählt von der Begeisterung eines jungen Mannes nach vier Wochen Praktikum in einem Kraftfahrzeugbetrieb: „Ich hab’ alles gesehen und kann alles machen.“ Sie konnte ihn erfolgreich in die Realität des Ausbildungsrahmenplans und in seinen Betrieb zurückholen. Zur so genannten Wegeplanung über ein Jahr gehört für Brandt als oberste Aufgabe, denn jungen Menschen so zu motivieren, dass er sich selbst für den Arbeitsmarkt interessiert, das System kennenlernen will und dass er sich selbst bei der Arbeitsagentur oder im Internet über den Beruf informiert, den er erlernen möchte. Nachzufragen wie es damit aussieht, auch dazu dienen die monatlich zwei Coaching-Gespräche mit der Flüchtlingsnetzwerkerin. Sie unterstützt ihn bei der Suche nach Praktika, bei den Bewerbungsunterlagen und vermittelt Vorstellungsgespräche. Besondere Betreuung sieht Simone Brandt bei unbegleiteten Flüchtlingen: „Sie sind noch im Entwicklungsalter. Ich muss berücksichtigen, dass sie die Flucht eventuell noch nicht verarbeitet haben“, so die Beraterin. Seit Projektbeginn hat Simone Brandt mehr als 30 Teilnehmer betreut, elf Ausbildungsplätze, 17 Plätze für eine Einstiegsqualifizierung und 30 Praktikumsplätze akquiriert. Und die Arbeit reißt nicht ab. Zwischen zehn und 15 Beratungskontakte am Tag können es schon sein. Das Erfolgserlebnis für die Beraterin? „Ich freue mich über jeden jungen Menschen, über den ich höre ,Frau Brandt, der Junge macht sich prima’“

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