Kaiserslautern Alles hat ein Ende, auch der Horst hat eins

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Die wenigen Alibimänner waren am Samstagabend unter den 500 Besuchern im Ramsteiner Haus des Bürgers Exoten und mussten sich bei den satirischen Vorträgen des Homburger Frauenkabaretts ganz schön warm anziehen. Denn deren neuestes Best-of- Programm unter dem Motto „Da war schon viel Schönes dabei“ war ganz schön frech, prickelnd und pikant, aber auch hoch intelligent gemacht.

Gerade unter dem Aspekt der jüngsten Diskriminierungen wollten die fünf Kabarettistinnen, zwei Frauenärztinnen, eine Lehrerin, eine Sprecherzieherin, eine Sozialarbeiterin, hinterfragen, ob Männer und Frauen wirklich so sind, wie sie sind. „Prägt der Mensch das Geschlecht, oder prägt das Geschlecht den Menschen?“ Tief einblicken in die Möglichkeiten modernster Technik ließ dabei der Sketch über das Problem der Leihmütter. Birgit Schöndorf alias Oma Hedwig soll ein Kind für ihre vielbeschäftigte Tochter austragen. „Wie hann dann die das Kind bei dir do unne rinkrieht?“, will Freundin Gerda wissen. Getrimmt wird das „Bobbelche“ schon im ersten Lebensjahr darauf, ein glänzendes Abitur zu bauen. Nur ein Problem dabei: „Mer derfe net Platt schwätze!“ Das ist für Gerda kein Problem: „Du könntest bei dem Institut mol fragen, ob ich auch noch ein Kind kriegen kräte.“ Zeitkritik übt das Frauenkabarett, das seit 1990 besteht, auf witzige Weise und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Von Politik über Zeitgeschehen bis zum banalen Alltag nehmen sie sich querbeet alles vor. Und das ohne Tabus, aus dem wahren Leben. „Die Geschichten laufen uns einfach hinterher“, verrät Ursula Pfeiffer-Anslinger, die wie Heidi Henn zu den Gründungsmitgliedern zählt. Man dürfe nur nicht blind und taub sein. Die Texte sind alle selbst geschrieben. Schauspieler Thomas Engel, der dabei geholfen hat, bleibt als Regisseur im Hintergrund. Einen breiten Raum nimmt natürlich das Thema Frau/Mann ein. In allen Altersstufen und in allen Lebenslagen. Männer, meinen sie, seien gar nicht schlecht und selbstgerecht. Sie würden auf äußere Reize nur autonom reagieren. Ganz im Sinne Luthers: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“ Auf die Schippe nehmen sie auch die Männer, die sich in Ostasien ihre Frau kaufen und sich dabei als selbstherrliche Autokraten gebärden. „Ich Watschi“, weiß die Konkubine eines solchen Typen nur zu sagen, aber hinter seinem Rücken verrät sie, wie sie ihn reinlegt: „Watschi allein. Alles hat ein Ende, auch der Horst hat ein. Dann ist alles mein.“ Schlag auf Schlag wechseln sich Sketche und starke Lieder ab. Dabei wird gerappt, gesoult und gebluest, und das Stimmungsbarometer steigt von Mal zu Mal höher. Die hormonellen Einflüsse auf Paare werden ebenso zum Thema wie das Grapsch-Testosteron von Donald Trump oder das Absinken des Dopamin-Spiegels im Gehirn alternder Menschen, das zu Turbulenzen führe. Kritik üben sie an unnatürlichen Lebensmitteln in Supermärkten und in Bangladesch produzierten Billigstwaren, und als Kabarettistinnen, die etwas auf sich hielten, „misse mer unbedingt de Erdogan beleidiche“. Einer der Glanzpunkte ist der Sketch von Heidi Hennen über die Parteienlandschaft. In ihrer Antrittsrede als Vorsitzende des „Bündnis Wohlfühlen, Die Blauen“ fordert sie das Grundrecht auf Rausch und belegt, dass Komasaufen Arbeitsplätze schaffe. Süffisant behauptet die trinkfeste Präsidentin nach gefühlten 20 Schnäpschen: „Wir Blauen sind die Lösung der Arbeitslosen.“ Die Sprache der Politprofis mit ihren hohlen, inhaltslosen Sätzen wird dabei schonungslos entlarvt. Schauspielerisch gibt sich in dem Programm Heidi Hennen genauso großartig wie die Silke Müller, Gisela Walter, Birgit Schöndorf und Ursula Pfeiffer-Anslinger. Von der Kostümierung bis zur Aussprache stimmt jedes Detail, sitzt jede Geste, jede Bewegung. Schauspielkunst auf hohem Niveau mit jeder Menge Sinn für Ulk, Klamauk, aber auch Selbstironie. Wie sie ihre Kritik an der Gesellschaft in saftigen Humor verpacken, ist grandios. Selten hat man ein so intelligentes Kabarett erlebt. „Wir gängten jetzt noch singen und dann gängten wir gehen“, eröffneten sie nach der stürmisch, im Stehen geforderten Zugabe.

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