Grünstadt So bereitet sich die Stadt auf Gasmangel vor

Die Kita Pfalzkitz in der Otto-Fliesen-Straße könnte im Notfall zur „Wärmeinsel“ werden.
Die Kita Pfalzkitz in der Otto-Fliesen-Straße könnte im Notfall zur »Wärmeinsel« werden.

Die Stadt Grünstadt bereitet sich wie alle anderen Kommunen im Land auf den Tag vor, an dem das Gas knapp wird. So sollen bestimmte Gebäude als Orte zum Aufwärmen dienen, in öffentlichen Gebäuden soll Energie gespart werden. Und hinter dem Weihnachtsmarkt steht ein Fragezeichen.

Zwar ist die Gasversorgung in Deutschland im Moment stabil, doch Bundesregierung und Bundesnetzagentur warnen seit Monaten vor einem Mangel: „Die Lage ist angespannt und eine weitere Verschlechterung der Situation kann nicht ausgeschlossen werden“, heißt es in der jüngsten Analyse der Netzagentur, zumal durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 seit Wochen nur 20 Prozent der täglichen Maximalleistung fließen und Russland zuletzt angekündigt hat, die Gas-Lieferung über Nord Stream 1 nächste Woche für drei Tage zu unterbrechen.

Landauf, landab wird versucht, Energie zu sparen und Konzepte auszuarbeiten. Auch die Grünstadter Stadtverwaltung, die Stadtwerke und der Entsorgungs- und Servicebetrieb bereiten sich auf eine mögliche Gasmangellage und auf Stromausfälle vor – denn Ersteres könnte Zweites bedingen: „Wenn das Gas tageweise ausfällt, werden viele Personen mit elektrischen Geräten heizen“, heißt es in einer Ausarbeitung der Stadt zu dem Thema. Ob die Stromnetze das verkraften, sei fraglich. Deswegen müsse auch mit einem Stromausfall gerechnet werden. Bürgermeister Klaus Wagner (CDU) bringt es so auf den Punkt: „Wenn wir keinen Strom mehr haben, ist es ganz aus.“ Doch auch hierfür wolle man gewappnet sein.

Kita als „Wärmeinsel“

Die meisten öffentlichen Gebäude in Grünstadt werden mit Gas beheizt. Es gibt aber einige Gebäude, für die das nicht zutrifft. Diese könnte man als „Wärmeinseln“ nutzen, als Orte also, die die Bürger aufsuchen können, um sich aufzuwärmen. Voraussetzung für eine solche Wärmeinsel ist allerdings, dass die Stromversorgung funktioniert.

Für eine solche Wärmeinsel kommt unter anderem die neue Kita Pfalzkitz in der Otto-Fliesen-Straße in Betracht. Sie wird mittels Wärmepumpe und Strom beheizt. Eine weitere mögliche Wärmeinsel könnte die Turnhalle der Dekan-Ernst-Schule werden. Hier wurde die Heizung vor längerer Zeit von Öl auf Gas umgestellt. „Man könnte die Turnhalle aber wieder von Gas auf Öl umstellen“, informiert Büroleiter Joachim Meyer. Dafür müsste man den Kessel austauschen. Drei weitere städtische Gebäude könnte man sich als Wärmeinseln vorstellen. Wahrscheinlich wird es zudem darauf hinauslaufen, dass die Menschen sich im Notfall gegenseitig helfen – mit „privaten Wärmeinseln“: Menschen, die Holzöfen oder Ölheizungen haben, gewähren ihren frierenden Nachbarn Unterschlupf. „Im Krisenfall wird die Bevölkerung zusammenrücken müssen“, heißt es in der Ausarbeitung der Stadt.

Sollte es tatsächlich zu einem Stromausfall kommen, stehen Notstromaggregate zur Verfügung, um wichtige Bereiche – wie Feuerwehr, Stadtwerke oder IT – zu versorgen. Zudem sollen mobile Tankanlagen gekauft werden, damit auch bei Stromausfall noch getankt werden kann – was beispielsweise für die Feuerwehr wichtig ist. „Die Tankstellen werden in Zeiten eines Stromausfalls erst einmal keine Kraftstoffe ausgeben können“, heißt es in der Analyse.

Schulen und Kitas bleiben zu

Was in Corona-Zeiten „eingeübt“ würde, könnte eine Wiederauflage erleben: geschlossene Schulen und Kitas, leere Arbeitsorte. „Bei einem Ausfall der Gasversorgung ist ein Weiterbetrieb von Schulen und Kindertagesstätten zur Zeit nicht vorstellbar“, heißt es. Kommunale Einrichtungen wie die Stadtverwaltung müssten „auf ein Mindestmaß zurückgeführt werden“. Zwar habe die Stadt 15 Heizlüfter gekauft, damit auch im Krisenfall einige Rathaus-Räume geheizt werden können, doch man fürchte – siehe oben – eine Überlastung des Stromnetzes, wenn zu viele Heizlüfter dran hängen. Deswegen müssten die Mitarbeiter wohl wieder ins Homeoffice ausweichen. Die Einrichtung einer Task-Force mit Mitarbeitern von Verwaltung, Stadtwerken, Entsorgung- und Servicebetrieb, Feuerwehr und eventuell Polizei ist angedacht.

Was ist schon umgesetzt?

Die Sauna im Cabriobad Leiningerland bleibt seit Monatsbeginn dienstags, mittwochs und donnerstags geschlossen. Die Temperatur von Luft und Wasser in den Becken wurde gesenkt.

Die Brunnen – beispielsweise bei der Martinskirche – und das Kneippbecken im Stadtpark sind außer Betrieb. „Einerseits spart man Energie, andererseits ist es auch ein Signal an die Bevölkerung, dass wir uns in der Verantwortung fühlen“, sagt Bürgermeister Wagner. Die Mitarbeiter von Verwaltung, Kitas und Schulen seien sensibilisiert, sagt Büroleiter Meyer: „Wir sprechen bewusst keine Verbote aus, sondern appellieren an die Vernunft.“ Es gehe einfach darum, mit Energie bewusster umzugehen – dazu gehöre auch, die Bildschirme über Nacht nicht im Standby-Modus zu lassen, sondern sie abzuschalten. Geplant ist unter anderem, Heizungsanlagen in Schulen und Schulturnhallen auf die konkreten Nutzungszeiten einzustellen, für jede Einrichtung gibt es ein Nutzungsprofil mit Belegungsplan.

Was ist in der Prüfung?

Viele weitere Maßnahmen – wie beispielsweise das Abschalten der Heizung in Sportanlagen sowie Turnhallen und Schulen (in den Ferien) – sind nach Angaben der Verwaltung in der Prüfung. Die Idee, die Straßenbeleuchtung zu bestimmten Zeiten auszuschalten, sei problematisch: „Eine Abschaltung zu gewissen Zeiten ist nur über die Pfalzwerke für das gesamte Gebiet möglich“, heißt es. Die dimmbaren Lampen in der Obersülzer Straße und im Bordolloring könnten gegebenenfalls weiter optimiert werden.

Geprüft werden soll auch, ob der Weihnachtsmarkt in diesem Jahr überhaupt stattfinden soll – und falls ja, ob er in reduzierter Form umsetzbar wäre (weniger Buden, weniger Beleuchtung). Auch die Frage, ob man im Advent komplett auf die Weihnachtsbeleuchtung und Bäume in der Fußgängerzone verzichtet (außer vielleicht einem großen Baum auf dem Luitpoldplatz und dem Carrières-sur-Seine-Platz) sind laut Wagner in der Diskussion und sollen mit dem Wirtschaftsforum besprochen werden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat vorvergangene Woche eine Verordnung zum Energiesparen angekündigt: Demnach sollen öffentliche Gebäude von 1. September an nur noch auf höchstens 19 Grad geheizt werden – das gilt allerdings nicht für Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Schulen und Kindertagesstätten. Zudem soll es verboten werden, Gebäude zu beleuchten. Selbst wenn das Gas weiter fließen sollte, steht uns ein kalter und dunkler Winter bevor.

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