Grünstadt Patienten stehen derzeit Schlange

Echte Grippe, oder nur eine Erkältung? Allgemeinmediziner Alexander Reidick aus Grünstadt demonstriert an seiner Sprechstundenhi
Echte Grippe, oder nur eine Erkältung? Allgemeinmediziner Alexander Reidick aus Grünstadt demonstriert an seiner Sprechstundenhilfe, wie die Untersuchung abläuft.

Derzeit stehen die Patienten von Allgemeinmediziner Alexander Reidick in Grünstadt Schlange. Er diagnostiziere derzeit täglich 20 bis 30 Fälle einer echten Grippe. Ob damit der Höhepunkt der Grippewelle erreicht sei, könne er nicht sagen. Erkältungssymptome wie Husten, Schnupfen oder Halsschmerzen seien in dieser Zeit ganz normal, sagt der Mediziner, der den Unterschied zwischen einer Erkältung und einer Grippe (Influenza) erklärt: „Wer eine echte Grippe bekommt, dem geht es schlagartig schlecht. Der Patient bekommt Fieber und kann sich kaum noch auf den Beinen halten. Ein grippaler Infekt, also eine ganz normale Erkältung, ist dagegen ein schleichender Prozess mit Erkältungssymptomen.“ Da es sich bei einer Grippe um einen Virusinfekt und nicht um eine bakterielle Infektion handele, helfe auch kein Antibiotikum. Man könne lediglich eine begleitende Therapie verordnen, um die Beschwerden der Atemwege zu lindern, sagt der Mediziner, der seit 30 Jahren als Hausarzt tätig ist. „Der Patient möchte natürlich schnell wieder fit sein. Allerdings ist die Unterdrückung der Symptome mit Medikamenten der unnatürliche Weg. Fieber an sich ist nichts Schlechtes, denn dadurch kämpft das Immunsystem gegen die Krankheitskeime an.“ Ungefähr eine Woche oder länger könne die Grippe andauern. Bei schwerwiegenden Fällen, oder wenn es zu einer Lungenentzündung kommt, müsse der Patient ins Krankenhaus eingeliefert werden, sagt Reidick. Er empfiehlt Risikopatienten sowie Menschen über 60 Jahren eine Grippeimpfung. Dies sei auch jetzt, während der Grippezeit, noch möglich, allerdings nicht, wenn der Patient bereits erkrankt sei. Doch wie schützt sich der Mediziner selbst vor einer Ansteckung? „Ich werde von morgens bis abends angehustet und müsste eigentlich krank werden. Allerdings stärke ich mein Immunsystem mit gesunder Ernährung. Zudem versuche ich, negativen Stress zu vermeiden, denn dieser schwächt indirekt das Immunsystem.“ Einen Tipp hat der Mediziner: „Wer mindestens ein halbes Jahr regelmäßig in die Sauna geht, der kann das Risiko, einen Infekt zu bekommen, um 50 Prozent senken.“ Auch bei seinem Kollegen, dem Hausarzt Achim Raabe aus Hettenleidelheim, sind die Stühle im Wartezimmer derzeit voll besetzt. Raabe rät ebenfalls Risikopatienten, das heißt Menschen, die beispielsweise mit vielen anderen in Kontakt kommen sowie älteren Menschen, zu einer Impfung bereits im Herbst. Werde eine Influenza übrigens innerhalb der ersten 48 Stunden nach dem Ausbruch diagnostiziert, gebe es antivirale Medikamente, die die Viren hemmen könnten. „Das ist aber nur in diesem Zeitraum möglich“, erläutert Raabe. Dies bestätigt auch sein Kollege Burkhard Schreiber aus Ramsen. Die richtige Erkrankungszeit gehe allerdings jetzt erst richtig los und wie sich die Zahl der Fälle entwickelten, wisse niemand. Eine Blutuntersuchung helfe zudem, die Viren zu erkennen, erklärt der Mediziner. „Bei einer Blutabnahme dauert es zwar länger, bis man das Ergebnis hat, dafür ist es sehr genau.“ Zur Immunstärkung rät er, viel an die frische Luft zu gehen, gesunde Ernährung und Vitamin C und Zink zu sich zu nehmen. Vitamin D sei ebenfalls sehr hilfreich. Am besten man beginne damit schon frühzeitig. Wichtig sei es auch, sich immer wieder gründlich die Hände zu waschen. Acht Spender mit Desinfektionsmittel hängen in seinen Praxisräumen. Im Wartezimmer sei bis jetzt noch keiner aufgestellt, es sei aber eine gute Idee, hier auch aufzurüsten, findet Schreiber. Allgemeinmediziner Heino Schneider aus Grünstadt empfiehlt immer dann zum Arzt zu gehen, wenn man starke Beschwerden habe und die Atemwege beeinträchtigt seien. Ein schlagartiger Beginn der Krankheitssymptome wie starke Gliederschmerzen und Fieber seien typisch für eine echte Grippe. „Da eine Grippe nur mit einem Test nachzuweisen ist, ist die Dunkelziffer der Erkrankten hoch“, fügt Schneider hinzu. Der Impfstoff werde den Grippeviren jährlich neu angepasst und in jeder Saison individuell zusammengestellt, erklärt der Arzt. In den Sommermonaten würden dazu die aktuellen Viren, die sich auf der Südhalbkugel der Erde verbreiten, gesammelt und damit der Wirkstoff entwickelt. Noch bis Ende März, Anfang April dauere die Grippewelle erfahrungsgemäß an, sagt Hausarzt Michael Beck aus Hettenleidelheim. Zum Thema Impfen sagt er: „Es gibt eine Dreifach- und eine Vierfach-Impfung. Letztere muss der Patient selbst zahlen“. Die Kosten dafür betrügen rund 20 Euro. Allerdings sei diese wirksamer, da darin noch ein weiterer Influenza B-Virusstamm beinhaltet sei. Risikopatienten könnten sich sogar zweimal impfen lassen. Im Oktober und November sowie zur Auffrischung im Januar oder Februar. Dass er sich selbst bisher noch nicht angesteckt habe, begründet Beck so: „Durch den dauernden Kontakt mit Krankheitserregern ist bei mir eine Immunität entstanden“. Generell sei die Händehygiene natürlich das A und O. In die Praxis von Michael Goldner in Grünstadt, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, kommen im Schnitt täglich 60 bis 80 Kinder wegen Atemwegserkrankungen. Das sei in dieser Jahreszeit ganz normal. Schwerwiegende Krankheitsverläufe habe es bisher nicht gegeben. Eine genaue Statistik, wie viele seiner Patienten eine Influenza haben, hat der 53-jährige Mediziner nicht. „Ich schätze jedes 20. Kind ist betroffen. Wir machen allerdings keinen Abstrich, da symptomatisch behandelt werden muss“, erklärt er. Der Krankheitsverlauf gleiche dem bei Erwachsenen. Allerdings sei die Ansteckungsgefahr bei Kindern höher – bedingt durch den engen Kontakt in Kitas oder Schulen. Zudem sei das Immunsystem von Kleinkindern noch unreif. Diese bilde sich erst durch die Anzahl der Infekte, die das Kind durchmache, aus. Geimpft werden können Säuglinge ab sechs Monaten. Kinder, die chronische Erkrankungen haben, sollten generell geimpft werden, empfiehlt er. Der Impfstoff sei der gleiche wie bei den Erwachsenen. Auf die Frage, wann Eltern mit ihren Kleinen zum Arzt gehen sollten, sagt der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin: „In der Regel, wenn hohes Fieber auftritt, die Eltern unsicher sind und einen Rat brauchen.“ Zur Sache

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