Grünstadt Parasiten legen Uhu lahm
„Es ist schon etwas Besonderes, die größte Eule Europas im Stadtgebiet zu wissen“, freute sich Kurt Wilhelm, als sich das imposante Tier in die Lüfte erhob, das er zuvor gesund gepflegt hatte.
Was war geschehen? Vor gut drei Wochen erreicht Kurt Wilhelm ein Anruf: In der Alex-Müller-Straße sitzt ein sichtlich erschöpfter und geschwächter Uhu auf dem Hausdach. Wilhelm, der seit Jahrzehnten privat eine Vogelauffangstation betreibt, eilt zur Stelle, „fischt“ sich das wenig wehrhafte Tier mit einem Kescher. Ab nach Hause, nach Erzhütten in die sichere Voliere. Das arme Tier, ein erwachsenes Weibchen, wie sich herausstellen sollte, leidet unter einem starken Befall von Trichomonaden. Die Parasiten haben den Rachen so eng besiedelt, dass der Uhu kaum Nahrung schlucken kann. „Das muss man sich vorstellen. Der Uhu ist normalerweise in der Lage, eine ganze Ratte zu schlucken“, beschreibt Wilhelm das Dilemma. Bei seinem Patienten dagegen rutscht fast nichts mehr nach unten. „Die volle Tour Medikamente“ und ganz klein geschnittene Fleischstücke über mehrere Tage bringen das wundervolle Tier wieder auf die Reihe. Der König der Nacht, wie der Uhu von vielen fast ehrfurchtsvoll bezeichnet wird, jagt nachts. Dank seiner durchdringend großen Augen, reichen ihm kleinste Lichtquellen, um seine fleischliche Beute – Ratten, Eichhörnchen, Krähen, Tauben oder auch Enten – auszumachen. Der Bubo Bubo, so sein wissenschaftlicher Name, ist allein schon wegen seiner Größe von gut 70 Zentimetern, dem massigen Körper mit bis zu 3,5 Kilogramm Gewicht, dem dicken Kopf und seiner Spannweite von bis zu 180 Zentimetern in der Vogelwelt unverwechselbar. Zu Gesicht bekommt ihn der suchende Vogelfreund trotzdem eher selten. Er jagt erst in der späten Dämmerung und dazu vollkommen lautlos. Eine nur ihm eigene Federstellung verhindert jedes Windgeräusch im An- und Abflug. Zu tarnen versteht sich der Uhu, dessen Weibchen deutlich größer als die Männchen sind, ebenfalls. Sein in Brauntönen gemustertes Gefieder lässt ihn im Baumwipfel oder vor Steinbrüchen, auf denen er sich gern niederlässt, unsichtbar erscheinen. Ein gesundes Wildtier gehört laut Vogelschützer Kurt Wilhelm in keinen Stall. Ein Uhu schon gar nicht. Kaum gesund, lässt der Vogelschützer das Tier an einer geeigneten Stelle, an der schon des Öfteren das Rufen eines balzenden Uhus zu vernehmen war, wieder frei. Der Transportkarton geht auf, ein letztes „Schau mir in die Augen, Kleiner“, die Schwingen öffnen sich, und der Uhu hat seine Freiheit wieder.