Grünstadt Kinoträume auf Papier

Das Cover.
Das Cover.

Dem neuesten Streich des Jugendbuch-Autoren Christoph Marzi widmet sich Rainer Scheer in dieser Ausgabe seiner „Crime Corner“-Kolumne. „Der letzte Film des Abraham Tenenbaum“ ist im Arena Verlag erschienen.

Eigentlich will Tom Balfour hier in Brooklyn seine Vergangenheit in diesem bescheidenen Ort in Maine vergessen. Doch plötzlich springt Zoe Tenenbaum hinten auf seinen Roller, damit er einen schwarzen SUV verfolgt. Der Fahrer des Wagens hat soeben das Programmkino „Rosebud“ von Zoes Großvater, Abraham Tenenbaum, durchsucht. Aber nach was? Nicht nur diese Frage wollen Tom und Zoe in der Folgezeit lösen. Abraham Tenenbaum können sie nicht mehr fragen; er ist vor wenigen Wochen an den Folgen eines Schlaganfalls verstorben. Nun versucht Zoe allein, das Kino über Wasser zu halten. Doch kann das gelingen? Da taucht ein Mister Mankiewicz bei Zoe auf und verlangt die Herausgabe alter Filmrollen. „Das Geheimnis von Brooklyn“ ist ein alter Film, an dem Abe als Kameramann selbst mitgewirkt hat. Was ist heute noch so wichtig daran? Christoph Marzi ist ein beliebter Autor im Bereich des Jugend- und Fantasybuchs. 2004 erschien mit „Lycidas“ sein erster Roman, ein Jahr später bekam er schon den „Deutschen Phantastik Preis“ verliehen. Viele seiner Romane mögen vielleicht für ein jugendliches Publikum geschrieben sein, stellen aber auch für Erwachsene reizvolle Lektüre dar. So etwa die „Malfuria“-Trilogie und eben „Der letzte Film des Abraham Tenenbaum“. Der Roman ist eine Hommage an das Kino, an jenes Kino mit Lichtspielhäusern und vor allem Programmkinos, wo nicht der Blockbuster gezeigt wird sondern ambitionierte Filme, denen die Studios in Hollywood gerne das Geld verweigern. Zahllose Verweise enthält der Roman und wer sich ein bisschen auskennt, freut sich über diese Zitate, die zwangsläufig Assoziationen auslösen. Und so läuft auch „Der letzte Film des Abraham Tenenbaum“ in nicht wirklich unerwarteten Bahnen, doch zum Kino und wohl auch zum literarischen Kino gehört eine Erwartungshaltung. Da ist es nicht nachteilig, diese Art Geschichte ähnlich schon bei den „drei ???“ gelesen zu haben, denn immerhin wurden die drei Detektive aus Rocky Beach zu Beginn ihrer Karriere – in den Romanen von Robert Arthur – von Alfred Hitchcock protegiert. Und übrigens kommt Hitchcock auch in Marzis Roman vor… Gerne ist in der Buchbranche von All Age Romanen die Rede, wenn die Jugendbuchverlage mit ihren Büchern auch auf ein erwachsenes Lesepublikum schielen. Nun gut, egal welchen Namen sich die Marketingstrategen ausdenken, was zählt, ist doch immer allein die Qualität der Geschichte. Und hier liefert Marzi Krimi, zarte Liebesgeschichte, Emotionen und Spannung. Eben wie im Kino. Also Getränk und Knabberei besorgen, sich zurücklehnen…und dann den letzten Film von Abraham Tenenbaum genießen. Lesezeichen Christoph Marzi: Der letzte Film des Abraham Tenenbaum, Arena Verlag 2017, Hardcover, 284 Seiten, 14,99 Euro. Ab 13 Jahren. Der Autor Der Journalist Rainer Scheer ist bekennender Bücherfreak und liebt Kriminalromane, Fantasy, Comics und Brettspiele. Seit 2008 ist er regelmäßig in Grünstadt, bedingt durch seine monatlich stattfindende Leseveranstaltung „Crime Time“, die in diesem Jahr ihre 100. Veranstaltung feiern wird. Scheer lebt an der Grenze zwischen Wetterau und Vogelsberg in Hessen.

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