Grünstadt „Die Realität hat uns überholt“
Derzeit leben etwa 180 Flüchtlinge im Leiningerland. Zum Jahresende werden es allein in der Stadt und der Verbandsgemeinde Grünstadt-Land mehr als 300 sein. „Wir schaffen es nicht mehr, der steigenden Zahl von Asylbewerbern zu helfen“, stöhnt Bernd Frietsch, Mitbegründer der Leininger Initiative gegen Ausländerfeindlichkeit (Liga). Am Montag sollen im Weinstraßencenter unterstützende Ehrenamtliche geworben werden.
Das kündigte Frietsch im Beirat für Migration und Integration (BMI) an. Ursprünglich sollte die Veranstaltung im Herbst stattfinden und in aller Ruhe geplant werden. „Doch die Realität hat uns links und rechts überholt“, erläuterte Frietsch, dass die Zahl der Flüchtlinge zu rasant steige, um noch warten zu können. Das Café International, in dem jeden Dienstagabend im Jugendhaus Grünstadt Mitstreiter der Liga ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Asylbewerber haben, sei derzeit überfüllt. „Wir kommen selten vor Mitternacht da raus“, beschrieb er die aktuelle Lage. Die wenigen Ehrenamtlichen seien dann auch die Woche über quasi nur damit beschäftigt, die „Fälle“ zu bearbeiten. Viele Menschen, die sich eigentlich engagieren möchten, haben eine gewisse Scheu, wenn es um Flüchtlinge geht. Sie fühlen sich nicht kompetent genug, was Sprache und Rechtskenntnis betrifft, haben Angst, den Aufgaben nicht gewachsen zu sein. Am Montagabend soll darüber informiert werden, wie der Einzelne doch helfen kann. „Je nach Neigung gibt es für jeden ein passendes Betätigungsfeld“, so Frietsch. Der BMI-Vorsitzende Bayram Türkoglu ergänzte: „Ein Ehrenamtlicher kann beispielsweise einfach für eine Familie verantwortlich sein, sie im Alltag begleiten.“ Hilfe sei vor allem auch notwendig, wenn ein Asylbewerber Bleibe-recht erhalte. Dann sei nicht mehr die Kommune für ihn zuständig, erläuterte Frietsch. Der Flüchtling solle dann möglichst schnell die ihm zur Verfügung gestellte Wohnung verlassen, so Bernd Frietsch. Auch erhalte er kein Geld mehr vom Sozialamt, sondern müsse Hartz IV übers Jobcenter beantragen. „Der Infoabend ist eine Art Hilferuf von Stadt und VG“, sagte Grünstadts Beigeordneter Bernhard Ellbrück. „Ideal wäre es, wenn sich Interessierte zu einem Flüchtlingshilfe-Verein zusammenschlössen“, meinte er. Eingeladen zu der Veranstaltung seien auch Vereine, Kirchen und andere Institutionen, die den Einwanderern Angebote machen können. Laut Frietsch soll auch die VG Hettenleidelheim mit einbezogen werden, wo es schon private Engagements gebe. Für wichtig hält es Frietsch, eine professionelle Koordinierungsstelle einzurichten, auch damit Bemühungen nicht parallel laufen. „Bei Stadt und VG wird überlegt, für eine solche Anlaufstelle für Ehrenamtliche eine befristete Stelle zu schaffen“, sagte VG-Bürgermeister Reinhold Niederhöfer zur RHEINPFALZ. (abf) INFO Zu der Informationsveranstaltung zur ehrenamtlichen Betreuung von Flüchtlingen am Montag, 8. Juni, 19 Uhr im Weinstraßencenter Grünstadt laden ein die Mitglieder des Runden Tischs Flüchtlinge und Asyl Grünstadt, darunter Stadt Grünstadt, VG Grünstadt-Land, Stadtmission Grünstadt und Liga.