Grünstadt Barocke Lieder ohne Worte

Seit gut 20 Jahren organisiert der aus Mußbach stammende Posaunen-Professor Henning Wiegräbe die Osterkonzerte im Herrenhof – in
Seit gut 20 Jahren organisiert der aus Mußbach stammende Posaunen-Professor Henning Wiegräbe die Osterkonzerte im Herrenhof – in diesem Jahr hat er ein besonders spannendes Programm ausgewählt.

«Neustadt-Mussbach.» In eine liebenswert anmutige Fiktion kleidet Hennig Wiegräbe – ebenso pädagogisch wie historisch durchaus abgesichert – sein spritziges Programm, das er beim traditionellen Osterkonzert im Festsaal des Mußbacher Herrenhofs, unterstützt unter anderem von Bruder Eckart und Bezirkskantor Simon Reichert, mit dem „Capricornus Ensemble Stuttgart“ kredenzen wird.

„Lieder ohne Worte“ – so ist die Werkfolge überschrieben. Der Begriff ist besetzt, momentweise schieben sich Motivketten aus Felix Mendelssohns berühmter gleichnamiger Klaviersammlung ins innere Ohr. Aber nein: „Capricornus“, das mittlerweile weit über die süddeutschen Grenzen renommierte Kammer-Ensemble, bewegt sich vornehmlich in den üppig bestückten Gefilden der Renaissance- und Barockmusik. Und doch – jene romantischen Charakterstücke sind im Kern gar nicht so weit weg von den programmatischen Grenzüberschreitungen à la Capricornus; Beide Male funktioniert das „Singen“ auch ganz ohne menschliche Stimme und Text. Wie oben bereits angedeutet, führt Henning Wiegräbe, Posaunist und Professor an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart und nicht zuletzt ein echtes Mußbacher Gewächs, die Fantasie der Besucher ein wenig rückwärts ins 18. Jahrhundert. Man stelle sich vor: Bei Konzerten in Stuttgart und der Pfalz sind die Gesangssolisten plötzlich unpässlich. Rettung aus der Malaise bringen zwei begnadete Starposaunisten, die es verstehen, mit ihren Instrumenten zu „singen“. Und die Tournee anno 1752 doch noch retten, so die Imagination. Anno 2018 indes folgt das Arrangement einem klaren Plan. Denn: Strukturell seien sich Vokal- und Posaunenstimmen, speziell bei den ausgewählten Stücken, doch sehr ähnlich, erklärt Henning Wiegräbe. Und das umzusetzen, habe ihn einfach gereizt. Der erste Teil des Abends widmet sich dabei Werken des Frühbarock, Claudio Monteverdi, Andrea Falconieri sind präsent und Heinrich Schütz mit „Es steh Gott auf“ aus den „Sinfoniae sacrae“. Im zweiten Teil, so Wiegräbe, begebe sich das Ensemble musikalisch unter anderem nach Covent Garden und ins virtuose Bravour- und Koloraturengeflecht eines Georg Friedrich Händel. Mit den berühmten Arien aus „Rinaldo“ oder „Israel in Egypt“ etwa werde ein stimmtechnische Brillanz entfacht, mit der diesmal ganz exklusiv und nicht minder artifiziell die beiden Solo-Posaunisten prunken. Das folgt, wie Henning Wiegräbe betont, durchaus üblicher Gepflogenheit während der Barockzeit. „Die Besetzungen wechselten je nach Gusto und Möglichkeiten. Und bis in die Klassik hinein erfreuten sich ja die ,Harmoniemusiken’, mittels derer ganze Mozart-Opern ohne einen einzigen Sänger unters Volk gebracht wurden, größter Beliebtheit.“ Auch das „Capricornus Ensemble“, dessen Namensgeber als höchst produktiver Komponist unter anderem auch bis 1665 als Stuttgarter Hofkapellmeister wirkte, spielt in wechselnden Besetzungen, je nach Programmlage, wie sein Gründer und Leiter Henning Wiegräbe erläutert. Gleichwohl stets hochkarätig besetzt. Diesmal konzertieren ihm zur Seite sein Bruder Eckart Wiegräbe, seines Zeichens Soloposaunist beim MDR-Orchester Leipzig, als zweite „singende“ Posaune, des Weiteren Katharina Heutjer und Eva Saladin, Violinen – beide Protagonistinnen der berühmten Baseler Geigenschule – gemeinsam mit der Cellistin Christine Wiegräbe sowie Stiftskantor Simon Reichert an der Orgel und am Cembalo. Auch das Datum Ostersonntag übrigens ist im Mußbacher Herrenhof mittlerweile mit einem Traditionsmarker versehen. Seit gut 20 Jahren sind die Wiegräbes just an diesem Festtag mit einem exquisiten Posaunenprogramm präsent. Leipzig, Stuttgart Mußbach – eine beflügelnde musikalische Achse, wie beide finden. Termin Das Osterkonzert „Lieder ohne Worte“ erwartet die Besucher am Ostersonntag, 1. April , um 17 Uhr im Festsaal des Herrenhofs in Neustadt-Mußbach. Karten (12/8 Euro) gibt es in der Papierschatulle in Mußbach, Telefon 06321/60360.

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