Frankenthal Höllisch schwer, himmlisch gut

„Teuflisch virtuose Flötenmusik“ versprach die Programmüberschrift beim Duo-Abend mit Sohee Oh (Flöte) und Hans-Jürgen Thoma (Cembalo) am Mittwoch im Frankenthaler Theater Alte Werkstatt. Beide meisterten alle Schwierigkeiten souverän und begeisterten so ihre zahlreich erschienenen Zuhörer. Mit launigen, aber immer sachbezogenen Hintergrundinformationen über die Werke, ihre Komponisten und deren nicht immer erfreulichen Alltag sorgte Thoma für zusätzliches Vergnügen.

Bei einigen der gespielten Kompositionen traten die Anforderungen an das Cembalo, wie Thoma humorvoll anmerkte, deutlich hinter denen an die Flöte zurück. Doch belebte der Cembalist durch einfallsreich wechselnde Artikulation, geschmackvoll und sparsam angebrachte Verzierungen sowie durch meist wohldosierte Tempomodifizierungen seinen Part derart, dass er auch in diesen Werken ein gleichberechtigter Partner war, etwa in zwei Sätzen einer e-Moll-Sonate des Preußenkönigs Friedrich II. oder in den Variationen über „Les Follies d’Espagne“ von Marin Marais. Bereits in Johann Sebastian Bachs zu Beginn gespielter Sonate C-Dur für Flöte und Cembalo bewiesen beide Musiker, dass die Kenntnis der barocken Aufführungspraxis nicht, wie es leider oft geschieht, zu Übertreibungen und willkürlichen Verfremdungen führen muss: Sie brachten die Musik zum Sprechen, ließen auch Bachs ausdrucksvolle melodische Einfälle zu ihrem Recht kommen, fanden für jeden Satz genau das richtige Tempo und zeigten durch unmerkliche Verzögerungen die architektonische Struktur der einzelnen Sätze auf. Wie sie all diese kleinen, aber wirkungsvollen Abweichungen vom bloßen gleichmäßigen Fließenlassen in perfektem Zusammenspiel meisterten, zeugte von ihrer in vielen Konzerten bewährten Verbundenheit. Virtuosität auf der Flöte, das bedeutet bei Sohee Oh nicht nur fehlerloses Bewältigen schnellster Tonfolgen. Darüber hinaus ist insbesondere ihre Atemtechnik derart vollkommen, dass man in einigen schnellen Sätzen glaubte, sie müsse überhaupt niemals Luft holen. Hinzu kamen eine spielerisch anmutende Sicherheit in schnellen Wechseln zwischen gebundenen und gestoßenen Passagen und vor allem ein überaus schöner, klangvoller und nie schriller Flötenton. Claude Debussys viel gespieltes Stück „Syrinx“ für Flöte solo wurde so trotz seiner Kürze zu einem tief berührenden Juwel. Ein weiterer Höhepunkt des Programms war Johann Sebastian Bachs ernste und in vieler Hinsicht „schwere“ Duo-Sonate in e-Moll, in deren schnellen Sätzen der Cembalist ebenso flinke Finger braucht wie die Flötistin. Auch hier bewiesen die beiden Spieler ihren Gestaltungswillen und ihre technische Perfektion, ebenso in Marin Marais’ beeindruckend dargebotener Komposition, in der sie jeder einzelnen Variation einen besonderen Charakter verliehen. Der Gesamtverlauf dieses Werks wäre sicherlich fassbarer geworden, wenn die Spieler die Variationen sinnvoll gruppiert hätten, statt nach jeder einzelnen eine Satzpause einzulegen. Interessant und bereichernd waren zwei kaum bekannte Kompositionen im Programm: Giovanni Plattis (circa 1700-1763) D-Dur-Sonate für Cembalo solo charakterisierte Thoma treffend als gelungene Kombination von italienischem Barockstil und Einflüssen Johann Sebastians und Philipp Emanuel Bachs – und spielte sie dementsprechend anmutig, elegant und im langsamen Satz mit klangvollem Lautenzug. Noch weniger bekannt war der als Dank für den großen Beifall gespielte erste Satz einer Flötensonate von Anna Amalia von Preußen, einer Schwester Friedrichs II., die sie als verspielt-zärtliche Huldigung ihrem bewunderten Bruder zugeeignet hatte. Eine in der Konzertankündigung gestellte Frage blieb allerdings unbeantwortet: Zwar erzählte Thoma pointensicher, wie Friedrich seinen Lehrer Quantz einen Esel schalt, und auch von der schlagfertigen Reaktion des Gescholtenen. Warum Friedrich dies aber tat, erfuhr man nicht ...

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