Rhein-Pfalz Kreis Heßheim: Kita-Zukunftsgesetz bereitet Eltern und Erziehern Sorgen

Sollen nach dem neuen Gesetz sieben Stunden am Stück betreut werden und ein Mittagessen bekommen: Kinder in der Kita.
Sollen nach dem neuen Gesetz sieben Stunden am Stück betreut werden und ein Mittagessen bekommen: Kinder in der Kita.

Mehr als 200 Erzieherinnen und Erzieher, Mitglieder von Trägern sowie einige Eltern haben sich bei einer Informationsveranstaltung im Heßheimer Bürgerhaus über das geplante Kita-Zukunftsgesetz des rheinland-pfälzischen Bildungsministeriums informiert. Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) stieß dabei auf viel Kritik.

„Wir haben einfach massive Ängste“, sagte Renate Kärcher, Leiterin einer Kita in Lambsheim. Sie hat für ihre Einrichtung errechnet, dass künftig Personal fehle. „Da bekommt man Angst, was da noch alles auf einen zukommt. Bei den Jüngsten sollten die Besten hin, und die gibt es ja nicht mehr, weil überall Personal fehlt“, sagte sie. „Wenn ich den Entwurf sehe, sehe ich, dass die Eltern sehr stark berücksichtigt werden, ich sehe, dass der Rechnungshof drin steht, aber ich finde unsere Belange und das Wohl der Kinder in dem Gesetz nicht wieder“, sagte Karin Harzer, Leiterin der katholischen Kita St. Peter in Hochdorf.

Unrealistische Versprechen

Dass das Kindeswohl auf der Strecke bleiben werde, weil sich die Bedingungen verschlechtern sollen, hatte auch Elke Schall von der katholischen Kita St. Pankratius in Berghausen bei einer Demonstration in Neustadt Mitte Oktober gesagt. Sie und ihre Mitstreiter kritisierten damals, dass den Eltern mit dem neuen Gesetzentwurf etwas versprochen werde, was unrealistisch sei. Klärungsbedarf bestand bei der Veranstaltung in Heßheim bei vielen vor allem aufgrund der vorgesehenen Regelung, dass alle Kita-Kinder künftig einen Anspruch von sieben Stunden Betreuung am Stück sowie ein Mittagessen haben sollen. „Das sind dann keine Teilzeitkinder mehr“, kritisierte Martina Henkel, Leiterin der Kita Villa Sonnenburg in Hanhofen. Der Personalaufwand für die vielen Essenskinder sei ein ganz anderer als bisher. „Wir sind gut aufgestellt bisher, aber wir können nicht für 100 Prozent der Kinder ein gutes Bildungsangebot zum Mittagessen anbieten. Dazu fehlt uns schlichtweg das Personal“, sagte Petra Jugenheimer, Leiterin der Lambsheimer Kita Korngärten. Auch Sieglinde Ganz-Walther, als Dekanin zuständig für die protestantischen Kindertagesstätten der Stadt Frankenthal, schlug in diese Kerbe. „Wenn alle Kinder in der Kita essen und schlafen sollen, dann müssen wir eine Gruppe schließen“, lautete ihr Urteil. Wer bisher einen Ganztagsplatz haben möchte, müsse einen Nachweis der Berufstätigkeit erbringen. „Wenn es dafür keine Kriterien mehr gibt, dann – seien wir doch mal ehrlich – haben wir 100 Prozent der Kinder über Mittag da“, äußerte sich die Dekanin.

Acht-Prozent-Regel in der Kritik

Immer wieder angekreidet wurde die geplante Berechnung des Personalbedarfs. Bisher gelten landesweit unterschiedliche Personalschlüssel, je nach Alterszusammensetzung der Gruppen oder pädagogischer Zielsetzung. Das neue Gesetz soll diese Ungleichheiten nach und nach abbauen. Dabei wird der Bedarf an Erzieherinnen nicht mehr aus der Anzahl der Gruppen, sondern aus der Anzahl der Kita-Plätze abgeleitet. Das Land werde dazu jährlich 62 Millionen Euro in die Hand nehmen. Zwei weitere Budgets über insgesamt 73 Millionen Euro sollen sicherstellen, dass keine Kita künftig schlechter gestellt wird. Stefanie Hubig wurde nicht müde, das immer wieder zu betonen. Kritik gab es auch an der geplanten Acht-Prozent-Regel. Das Land will seine Personalkostenzuschüsse anteilig kürzen, wenn im Jahresdurchschnitt mehr als acht Prozent der Kita-Plätze im Bezirk eines örtlichen Trägers unbelegt bleiben. „Wir nehmen bei insgesamt 87 Kita-Plätzen 29 Zweijährige über das Jahr hinweg auf, da kommen wir mit acht Prozent auf keinen Fall hin“, kritisierte etwa Elke Happersberger, Leiterin der protestantischen Kita in Bockenheim. Beim Personalschlüssel habe man sich an einer Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung orientiert. „Acht Prozent der Plätze dürfen unbesetzt bleiben, und wir finanzieren sie trotzdem mit“, betonte Hubig.

Noch nicht in Stein gemeißelt

Ralf Hettmannsperger, als Pfarrer für die protestantischen Kindergärten in Bobenheim-Roxheim zuständig, erkundigte sich danach, wie abhängig er als Träger künftig davon sei, dass sein Antrag gut sei. Hintergrund: Ihren Eigenanteil an den Personalkosten sollen freie Träger künftig mit den Kommunen frei aushandeln. Das Gesetz sei noch nicht in Stein gemeißelt, vielmehr ziele man mit Veranstaltungen wie der in Heßheim darauf ab, möglichst viele Anregungen zu bekommen, um den Entwurf nachbessern zu können. „Wir stehen noch ziemlich am Anfang“, beschwichtigte SPD-Landtagsabgeordneter Martin Haller die Teilnehmer. Der Gesetzesentwurf sei im Juni im ersten Verfahren vom Ministerrat beschlossen worden, erläuterte Hubig. Derzeit werte man die Stellungnahmen von Trägern, Verbänden und Kommunen aus. Ein zweiter Entwurf werde wohl Ende des Jahres dem Ministerrat und anschließend dem Parlamentarischen Rat vorgelegt. Hubig schätzt, dass der Landtag das Gesetz in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres verabschiedet.

x