Donnersberger Echo Redaktionsrenovierung: Träumen von Kibo

chaos kopie

Volontärsstation in Kirchheimbolanden. Oder doch nicht? Die Renovierung macht die Arbeit vor Ort schwieriger – oder unmöglich. Und dann bleibt nur noch, von Kibo zu träumen.

Das erste, das mir auffällt, als ich über Land auf die Kleine Residenz zufahre, sind die vielen Windräder. Immer wieder ziehen Herden von ihnen an der Straße entlang und ihre Rotoren kreisen friedlich über weiten Feldern. Ich bin zum ersten Mal im Donnersbergkreis, zwei Monate Volontär in Kirchheimbolanden. Strafversetzung? Bei einem Blick auf die Karte könnte man das vielleicht meinen, aber das wäre vorschnell. Rund um den namensgebenden Berg herum gibt es vieles zu entdecken. Manches davon versteckt sich und muss mit der Zeit erkundet werden, anderes fällt schon am ersten Tag ins Auge.

Ich schaue von meinem Computer auf. Mich umgeben nicht die frisch gestrichenen Wände der Redaktion, vor dem Fenster erstreckt sich auch nicht die Kiboer Altstadt. Und die Windräder drehen sich nur noch in meinem Kopf mehr oder minder gemächlich weiter. Ich sitze in meiner Heimatstadt Landau, weit weg vom Donnersbergkreis. Vertrieben von einem Chaos, das nicht zum ersten Mal Thema ist. Die Redaktionsräume werden renoviert. Die Arbeiten sind inzwischen in die heiße Phase vorgedrungen. Was vor allem bedeutet, dass auf nichts mehr Verlass ist, als hinter jeder Überraschung auch schon die nächste zu finden. Also schließe ich meine Augen und begebe mich so in den Donnersbergkreis zurück.

Mehr als nur ein Städtchen

Nach den Windrädern war es vor allem die Altstadt von Kibo, die mir aufgefallen ist. Man merkt schnell: Die Stadt ist stolz auf ihr altes Erbe. Als einer von wenigen Orten hat sie ihre Stadtmauer nicht komplett geschliffen, sondern sogar ein Teilstück davon restauriert. Den beeindruckenden Tortürmen wird hier ganz freimütig gestattet, die Altstadtstraßen zu verengen. Viele der kleinen Gässchen sind als Einbahnstraße deklariert. In Landau sind Einbahnstraßen für viele ein rotes Tuch. Kaum ein Tag vergeht ohne Beschwerde oder gar eine Prophetie des drohenden Untergangs, der der Ausweisung von Einbahnstraßen ganz selbstverständlich folgen muss. Hier scheint das kein Problem zu sein. Kleine, hübsche Häuschen drängen sich um ein Netz steiler und steilerer Straßen. Es braucht nicht lange, um zu erkennen, Kibo ist ein schönes Städtchen.

Wobei mich das auch schon zum nächsten Punkt führt. Zugegeben, es ist mir bereits häufiger passiert, dass ich eine, für Donnersberger Verhältnisse, respektable Metropole zu einem Städtchen oder gar Örtchen degradiert habe. Was schnell in einem diplomatischen Desaster mit folgerichtiger Ausweisung hätte enden können, wurde nur durch die Mithilfe aufmerksamer Kollegen verhindert. Und aus Städtchen wurden wieder Städte.

Felder statt Weinbergen

An vierter Stelle folgt die Landschaft des Donnersbergkreises. Nicht zuletzt ist sie es, die ihn sehenswert macht. Schon auf dem Weg nach Kibo, wenn man die A61 hinter sich gelassen hat, fährt man durch lange Alleen und zwischen sich endlos erstreckenden Feldern hindurch. Gerade das ist für jemanden aus „dem Süden“ manchmal überraschend. Hier bedecken Weinberge jede freie Fläche und breiten sich bis zu den Hügeln des Pfälzerwaldes oder dem Horizont aus. Hinter Kirchheimbolanden steigen die Straßen dann immer weiter an, so als würde man schon auf den Donnersberg fahren. Dann aber wird das Land ganz plötzlich so flach und weit als befände man wieder in der Ebene, nicht aber fast 400 Meter über dem Meeresspiegel.

Gearbeitet werden muss trotzdem

Wenn ich die Augen öffne, bin ich wieder in Landau zurück. Eineinhalb Stunden vorher habe ich noch in Kibo gesessen. Wenn man der Unvorhersehbarkeit ein Gutes abgewinnen wollte, dann, dass sie die Kreativität fördert. Denn plötzlich ist man gezwungen nach Lösungen für Probleme zu suchen, an die man eben noch nicht hatte denken müssen. Und Probleme gibt es. Auch wenn renoviert wird, gearbeitet werden muss trotzdem. Anfangs war das noch leicht. Da gab es als verstreute Zeichen nur ein paar Kisten, die sich in die Ecken mancher Räume drängten.

Die alte Treppe raus, eine neue rein, Wände werden gestrichen, es wird gebohrt, gehämmert und geklopft. Also Tür zu. Aber dann die Erkenntnis: Es gibt gar nicht mehr genug Arbeitsplätze für alle. Zuerst wird noch nach einer Lösung gesucht. Kabel werden erfolglos ein- und ausgestöpselt, verzweifelte Anrufe unternommen. Eine Kollegin klettert halsbrecherisch in einem vollgestellten Raum über den Tisch, um hoffentlich an die fehlende Technik zu kommen. Der Zusammenhalt stimmt im Team und das allein ist ein Grund, um von der Rückkehr in das Städtchen zu träumen. Pardon, die Stadt.

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