Kirchheimbolanden Kleinere Runden auf der Kulturnacht

Die Düsseldorfer Künstlerin Janine Böckelmann – hier mit ihrer Arbeit „Das kuschelige Heim“ (2022), stellt im Hotel Braun Objekt
Die Düsseldorfer Künstlerin Janine Böckelmann – hier mit ihrer Arbeit »Das kuschelige Heim« (2022), stellt im Hotel Braun Objekte und Installationen aus zum Konnex von Wohnen und Identität.

Großes Aufatmen und sicher viel Vorfreude: Erstmals seit drei Jahren können die Kirchheimbolanden wieder ihr Residenzfest feiern. Auch der Auftakt am Vortag, die Kulturnacht, ist am 12. August wieder dabei – allerdings auffallend abgespeckt.

Wie üblich, seien die bisherigen Teilnehmer und Anbieter angeschrieben und gefragt worden, ob sie wieder dabei sein wollten. Darauf hätten sich viele gar nicht gemeldet oder mit Absagen, war dazu im Rathaus zu erfahren. Mit etwa 20 Stationen, die im Flyer angekündigt werden, fällt die Kulturnacht um mehr als ein Drittel kleiner aus – und überschaubarer. Mancher hatte das Programm in seinem jährlichen Wachstum auch schon als zu umfangreich empfunden.

Dass mancher Dauerbrenner fehlt, ist auch der Pandemie oder anderen Entwicklungen geschuldet, die das Leben mit sich bringt. Die Puppenbühne Borzelkaschde, mit Straßentheater stets ein belebendes Element, habe zum einen ihre Dependance in der Karl-Ritter-Schule verloren, zudem hätten sich seine Mitstreiter während der Pandemie umorientiert, erklärt Werner Breuder, warum beim Borzelkaschde, jetzt in Framersheim zu Hause, erstmals eine kreative Pause eingetreten ist. Bernd Knell und sein Ensemble, die stets den Veranstaltungsraum im Museum im Stadtpalais durch ihre Volks- und Freiheitslieder füllten, hatten sich schon 2019 verabschiedet. Was auch fehlen wird: Ein Magie- und Feuerspektakel als visuelles Schmankerl nach dem Schlussakkord in der Paulskirche wird diesmal nicht angekündigt, auch wird in der Sparkasse keine Showbühne aufgeschlagen.

Kulturnacht vor einem Umbruch?

Dass die Kulturnacht möglicherweise in einem Umbruch steckt, mag auch der Tod des Bolander Künstlers Hermann Hoormann anzeigen. Auch wenn er sich schon länger zurückgezogen hatte, so sind doch er und sein Atelier und Ausstellungshaus im benachbarten Bolanden mit der Kulturnacht eng verbunden, zumal dort von Anfang an und bis zu Hoormanns alters- und gesundheitsbedingtem Rückzug deren Eröffnung stattgefunden hat, zuletzt 2016.

Zum Auftakt am 12. August um 17 Uhr ist das Ensemble Postscript auf dem Terrassengarten zu erleben, das tags zuvor um 20 Uhr auc
Zum Auftakt am 12. August um 17 Uhr ist das Ensemble Postscript auf dem Terrassengarten zu erleben, das tags zuvor um 20 Uhr auch ein Konzert in der Reihe »Musiken in Kirchheimbolanden« in der Stadthalle gibt.

Diesmal wird der Terrassengarten Schauplatz der Eröffnung der Kulturnacht sein, und dort ist gleich ein erster Höhepunkt zu erwarten. Denn zur Feierstunde ab 17 Uhr gibt es eine erlesene musikalische Begleitung durch das niederländische Barockensemble Postscript, das tags zuvor schon in einem Konzert der Reihe „Musiken in Kirchheimbolanden“ in der Stadthalle zu erleben sein wird. Lydia Thorn Wickert, die hinter dieser Konzertreihe und den Aktivitäten rund um den Terrassengarten steht, hat auch ein weiteres Glanzlicht vorbereitet mit der Ausstellung der Künstlerin Janine Böckelmann im ArtHotel Braun. Unter dem Titel „Ausblick“ zeigt die Düsseldorfer Künstlerin Objekte und Installationen über Zusammenhänge zwischen Wohnen und Identität.

Schwergewicht bei der bildenden Kunst

Auf die Kunst entfällt das Schwergewicht der Kulturnacht 2022. Der Kunstverein Donnersbergkreis befasst sich ab 17.30 Uhr in seiner Ausstellung im Ostflügel der Orangerie unter der Überschrift „Krieg und Frieden“ mit den Grenzen des Darstellbaren in der Kunst, wobei ein Augenmerk auf dem Krieg in der Ukraine liegen wird. Gabriele Jahnke und Harald Glatte laden ein ins als Gesamt-Kunstwerk apostrophierte „Weiße Ross“, das sie aufwendig restauriert haben. Ihre Ausstellung dort ist während des gesamten Residenzfestes zu besichtigen. Immer dabei und damit Kristallisationskerne der Kulturnacht: die Gemäldeausstellung der Kunstfreunde der Partnerstadt Louhans im Rathaus und die Veranstaltung „Künstler für die Menschenrechte“, in der für Amnesty gestiftete Kunstwerke versteigert werden zur passenden Musik von Victor Bustamente und den Los Inolvidables.

Als Gesamtkunstwerk sehen Gabriele Jahnke und Harald Glatte das von ihnen sanierte, zum Art-Hotel ausgebaute „Weiße Ross“, in de
Als Gesamtkunstwerk sehen Gabriele Jahnke und Harald Glatte das von ihnen sanierte, zum Art-Hotel ausgebaute »Weiße Ross«, in dessen Fluren ihre Bilder zu sehen sind.

Im „Friedemann’z“, dem früheren Café Bahnhof, zeigt „Pfalzholz Unikate“ Kunst aus rustikalen Holzstücken in Verbindung mit Materialien wie Stahl, Beton oder Epoxidharzen. Dieter Jung (Bergweiler), Maria Kaufhold (Rüssingen) und Ursula Benz aus Altrich stellen Malerei im katholischen Pfarrheim St. Anna aus, während Bernd Zerger und Jörg Vogelsang mit Landschaftsfotografie im oberen Foyer der Stadthalle präsent sein werden. Ebenfalls dabei: Philipp Weber, der sein Farbenreich in der Schloßstraße öffnet und dort auch Töpferarbeiten von Marita Flecks zeigen wird.

An mehreren Orten werden Lesungen angeboten. Um 19 Uhr serviert die Literaturgruppe Wachtenburg-Donnersberg „Jahresschnäppchen“ im Alten Stadthaus. Aus ihrem neuen Roman „Geistergeflüster“ lässt wiederum Monika Böss ab 19.30 Uhr im Manar-Buchladen die „Nachseite des hohen Donnersberges“ und seinen Geisterreigen aufsteigen.

Und anstelle der Liederabends der „Knell-Singers“ gibt es im Museum im Stadtpalais, nun im Innenhof, Lyrik und Musik. Thomas Mayr liest ab 19.30 Uhr aus seinem Lyrikband „Zwitterwochen“, dazu gibt es Pop- und Folksongs der letzten 50 Jahre von Birgit Dall und Fritz Hertel. Einen Schnupperworkshop zur Gestaltung von Reisetagebüchern bietet Martin Koch im Hof der Langstraße 10 bereits um 16.30 Uhr an.

Alle Wege führen zur Paulskirche

Lesungen mit Musik (Gabi Treiber, Antonio Kapper; 18-20 Uhr) gibt es auch im Haus Vergiss-mein-nicht, während im Wolffstift die gestalteten Fenster der Hauskapelle zum Thema gemacht werden (17,18, 19 Uhr). Die Lebenshilfe lädt in die Bahnhofstraße 17 ein, um dort in Augenschein zu nehmen, was die Bewohner gestalterisch leisten. Der Rotaract-Club wiederum sorgt für offene Türen zur historischen Schwanenapotheke mit dem alten Verkaufsraum, ergänzt um Kunstwerke von Liz Webster. Und wer meditative Ruhe sucht, ist ab 18 Uhr in der Peterskirche zur optisch-musikalischen Installation „Pop meets God“ am passenden Ort.

Wie stets, laufen alle Wege in der Kulturnacht zusammen zum Schlussakkord in der Paulskirche ab 22 Uhr. Unter der Überschrift „Von einem Engel zart berührt“ musiziert Bezirkskantor Martin Reitzig an der Stummorgel, die Ballettschule Flex & Point wird angekündigt mit einem Tanz zu „Not About Angels“ von Birdy.

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