Donnersbergkreis „Es ist der Abschluss meines alten Lebens“

„Ich hoffe, dass sich alle Leser darüber bewusst werden, welche Folgen eine Sucht für die Angehörigen, aber auch für den Betroffenen selbst hat.“ Das sagt Karin Birkle über ihr kürzlich erschienenes Buch, in dem sie mit großer Offenheit über die GBL-Sucht ihres Mannes schreibt und darüber, wie diese Sucht das Leben von ihr und ihren Kindern verändert hat.

Nein zu sagen, das sei von Jugend an ein Problem ihres Mannes gewesen, schildert Karin Birkle im ersten Kapitel. Nein zu Zigaretten, Alkohol, Joints und zu anderen Drogen – immer schon habe er einen Zug dazu gehabt, und immer schon gab es in ihrer Beziehung auch Konflikte deswegen. Der erste wirklich große kam mit der Automatenspielsucht. „Als er davon abhängig wurde, verspielte er sein ganzes Geld. Wenn er selbst nichts mehr hatte, nahm er sich von meinem Ersparten. Das machte mich sehr wütend, und deshalb wollte ich mich fast von ihm trennen“, heißt es in dem ersten Kapitel. Aber nur fast. Getrennt hat sich die Autorin bis heute nicht, aber immer wieder war sie kurz davor. Ob es Stress war, Neugier oder einfach die Suche nach dem Kick, einige Jahre später geriet der zweifache Familienvater in den Sog der Droge GBL. Dieses Gamma-Butyrolacton ist als Liquid Ecstasy bekannt und wird als K.o.-Tropfen benutzt. „Leider kam er mit Leichtigkeit an die Flüssigdroge“, schreibt Birkle. „Es ist mir sehr wichtig, die Gefahren, die von dieser Droge ausgehen, bekannt zu machen“, sagt die Gerbacherin, die deshalb auch immer wieder bei Drogen-Präventionstagen Vorträge an Schulen hält. Zunächst sei ihr kaum etwas aufgefallen, dass ihr Mann sich veränderte, bis irgendwann ein völliger körperlicher Zusammenbruch kam. Zittern, Schweißausbrüche, Verwirrtheit. Erst in dieser Situation gestand er ihr seine GBL-Sucht. Zwei Jahre lang hatte er sie geheim gehalten. „Im Nachhinein denkt man schon an die ein oder andere Situation, in der man doch hätte aufwachen müssen“, beschreibt sie. Aber sie tat es nicht. Darüber hinwegsehen, etwas nicht wahrhaben wollen, bis es unübersehbar geworden ist, das alles gehört – so musste Karin Birkle schmerzhaft erfahren – unter den Oberbegriff der Co-Abhängigkeit. „Ich dachte damals, die Welt geht unter, aber dann war ich ganz schnell auch davon überzeugt, dass wir das schon schaffen können“, beschreibt sie. Mit Liebe und Zuversicht könne man alles schaffen, machte sie sich damals selbst noch vor. „Damals wusste ich nicht, was dieses Zeug noch alles anrichtet, und dass es so süchtig macht.“ Im Laufe der Jahre aber und nach fünf Selbstentzügen und Rückfällen ihres Mannes kam sie an ihre Grenzen. Als der dann endlich einen Entzug in einer Fachklinik machte, stand sie selbst vor einem seelischen Zusammenbruch, und die Ehe schien nicht mehr zu retten. Um selbst wieder Zuversicht zu tanken, gründete die Gerbacherin in dieser Zeit eine Selbsthilfegruppe „Sucht“, die sich heute noch einmal monatlich in den Räumen von Zoar in Rockenhausen trifft. „Wie viele Leute dazu kommen, ist sehr unterschiedlich, manche kommen immer wieder, andere nur ein einziges Mal“, sagt sie. In vielen Fällen dauere es sehr lange, bis die Betroffenen bereit seien, ihre Fassade aufzugeben und offen zu sprechen. „Die Angst, sich zu outen, zu sagen, dass es so etwas auch in der eigenen Familie gibt, die ist riesengroß“, so ihre Erfahrung. Sie selbst habe auch eine Zeit lang versucht, alles nach außen hin zu vertuschen. Noch bei der Gruppengründung sei sie als Susanne Mahler in die Öffentlichkeit gegangen, und „unter diesem Namen wollte ich auch mein Buch schreiben“. Doch im Laufe der Jahre lernte sie, offener mit der eigenen Betroffenheit umzugehen, und sieht es mittlerweile als Befreiung, sich nicht mehr zu verstecken. „Sucht ist eine Krankheit, man muss sich dafür nicht schämen“, sagt sie – weder die Betroffenen, noch die Angehörigen. Dass ihr Buch nun trotzdem unter dem Pseudonym veröffentlich wurde, hat für sie einen Sinn. „Es ist für mich ein Abschluss meines alten Lebens, das Leben, das ich als ,Susanne Mahler’ führte“. Heute sei sie selbstbewusster, habe durch die Lebenskrisen der zurückliegenden Jahre dazugelernt. (jgl) Lesung Am morgigen Freitag, 19 Uhr, liest Karin Birkle aus ihrem Buch „Dem Abgrund nah – Mein Weg zurück ins Leben“ in der Bücherhütte in in Rockenhausen. Der Eintritt ist frei

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