Donnersbergkreis „Das ist was zum runterkommen“

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Kirchheimbolanden. Es sieht so einfach aus, wenn Robin Hood in Hollywoodfilmen zu Pfeil und Bogen greift: kurz gezielt, losgelassen, schon steckt der Pfeil mitten im Ziel. Ob das wirklich so leicht ist, wollten neun RHEINPFALZ-Leser am Donnerstag bei unserer Lesertour wissen. Nicht im Sherwood Forest, dafür beim Schützenverein „Tell“ in Kirchheimbolanden machten sie schnell Fortschritte – und hatten eine Menge Spaß.

Es ist heiß. Unermüdlich brennt die Sonne auf das Gelände des Schützenvereins „Tell“ am Michelsacker. Kein Wunder, dass sich Bogenreferent Wolfgang Diemer und seine Gäste von der RHEINPFALZ-Lesertour in den Schatten zweier Pavillons geflüchtet haben. Gemeinsam mit Sohn Oskar und Bogenschütze Bernhard Leopoldt will Diemer die Gruppe in den nächsten zwei Stunden in die Kunst des Bogenschießens einweihen. Dazu führt Diemer seine Gäste zunächst einige Meter weiter und weist auf eine mit Backsteinen beschwerte Schnur. „Das ist die Schießlinie“, erklärt der Bogenreferent. Von ihnen gibt es mehrere auf dem Gelände. Je nach Linie und Zielscheibe wird hier aus Entfernungen von 15 bis 70 Meter geschossen. „Da braucht man ja ein Fernrohr“, wirft einer der Leser beim Anblick der hintersten Scheibe ein – und der Rest der Gruppe lacht. „Bei anderen Schießdisziplinen steht man hinter der Schießlinie“, erklärt Diemer. „Beim Bogenschießen aber steht man darüber.“ Ein Fuß befindet sich hinter der Linie, der andere davor. „Etwa schulterbreit auseinander“, zeigt Diemer. Dann werde der Körper von unten nach oben angespannt. Während eine Hand den Bogen hält, zieht die andere die Sehne nach hinten, bis sie Kinn und Nasenspitze berührt. Erst dann wird losgelassen. Soweit die Theorie. „Oskar, zeig uns wie es geht“, fordert Diemer seinen Sohn auf. Und der zeigt es. Schon der erste Pfeil bohrt sich in den mittleren Ring. Nummer zwei und drei landen nur wenig daneben. Von Weitem sieht es fast aus, als würde nur ein dicker Pfeil in der Scheibe stecken. „Das erwarten wir so natürlich nicht von ihnen“, sagt Diemer lachend. Trotzdem: Nach einer kleinen Lektion über den sogenannten Recurve-Bogen und seinen Aufbau will die kleine RHEINPFALZ-Gruppe es wissen. Mithilfe von Diemer und Leopoldt legt jeder einen Armschutz an. Der soll den Arm vor blauen Flecken durch die losgelassenen Pfeile schützen. „Beim Bogenschießen geht es nicht darum, ob man Rechts- oder Linkshänder ist, sondern welches Auge das dominierende ist“, sagt Diemer. Um das herauszufinden, hilft ein Test: Arm ausstrecken, Daumen hoch – und erst mit beiden Augen, dann mit einem anvisieren. „Wenn der Daumen nicht springt, ist es das dominierende Auge“, sagt der Bogenreferent, während die Gruppe vor ihm noch ihre Daumen anzwinkert. Dominiert das rechte Auge, wird der Bogen mit der linken Hand gehalten und umgekehrt. Die ersten vier Neulinge treten an die Linie. Schon schnurren die ersten Pfeile durch die Luft. Mancher muss später auf dem großen Gelände gesucht werden, einige aber finden bereits den Weg auf die Scheibe. Gerade betrachtet Ewald Kröger, wie seine Frau Barbara das Ziel anvisiert. Schon nach ein paar Versuchen hat das Winnweilerer Paar Gefallen an dem Sport gefunden. „Das könnte ich mir schon für mich vorstellen“, sagt Ewald Kröger. „Ich bin gerne draußen. Beim Bogenschießen muss man sich konzentrieren. Das ist was zum runterkommen“, nennt er die Pluspunkte. Ehefrau Barbara sieht das ähnlich: „Ich denke, wenn man wirklich gestresst ist, muss man hierfür mal abschalten lernen. Das ist gut.“ Nicht jeder hält an diesem Nachmittag zum ersten Mal einen Bogen in Händen. Manche haben etwas Vorerfahrung. Wie der 18-jährige Cai Hurtz. „Zu Hause habe ich einen Compoundbogen“, erzählt der Kriegsfelder. „Ich habe aber nie Technik gelernt.“ Daher habe ihn die Lesertour interessiert. Auch Reinhardt Kaufhold aus Weitersweiler hat sich schon einmal an Pfeil und Bogen versucht. „Das war aber vor zehn Jahren und seitdem nie wieder“, erinnert er sich. „Ich finde es toll, dass es ein ruhiger Sport in der Natur ist. Und die Gemeinschaft gefällt mir“, erklärt er. Überhaupt scheint die ganze Gruppe ihren Spaß zu haben. Immer wieder geht es an die Scheiben, immer näher rücken die Pfeile ins Zentrum – bis Leopoldt eine Überraschung parat hält: ein „Glücksschießen“ nach der Kuchen-Pause. Auf einem karierten Papier können die Schützen je nach Feld Plus- und Minuspunkte sammeln. Am Ende wird zusammengerechnet. Immer wieder bohren sich Pfeile in die Minusfelder. Die Teilnehmer sehen es sportlich: „Hauptsache die Scheibe getroffen.“ Vielleicht klappt es beim nächsten Mal besser. Für so manchen Neuschützen wird es wohl nicht das letzte Mal gewesen sein…

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