Bad Dürkheim Lieder von Liebe und Kummer

Sehr gut besucht war am Samstagabend ein Konzert mit hebräischen Liedern in der ehemaligen Synagoge in Weisenheim am Berg. Unter dem Titel „Chofim“ (Ufer) trug die Sängerin Esther Lorenz hebräische Lieder aus dem alten und neuen Israel vor. Einfühlsam begleitet hat sie der Gitarrist Hendrik Schacht.

Eingeladen zu diesem Konzert am Europäischen Tag der jüdischen Kultur hat der Freundeskreis Ehemalige Synagoge. Er hat damit eine sehr gute Wahl getroffen, denn die Musiker singen und spielen sich mit ihrer Darbietung nicht nur in die Herzen der Besucher sie erfahren auch Hintergründe der Musik, denn Esther Lorenz lockert das Programm zwischen den Liedern mit kurzen Erklärungen und kleinen dazu passenden Geschichten auf. Das hilft den Besuchern, die Lieder einzuordnen und die Poesie der Sprache zu begreifen, die ihnen zu Grunde liegt. Viele davon gehen auf Bibeltexte zurück wie das traditionelle „Al naharot bawel“ nach Psalm 137 „An den Flüssen Babylons saßen wir und weinten“. Andere alte, aber auch neuere Kompositionen greifen Passagen aus dem Hohelied Salomons auf. Dazu gehören so heitere Weisen wie „Dodi li“ und „Kol dodi“. Viele Lieder künden davon, dass das jüdische Volk immer ein Volk von Vertriebenen war, so auch das ruhige „Chofim“, gleichsam das „Titellied“ des Konzerts. Nicht fehlen darf auch das um 1940 entstandene „Dona, dona“, das in den 1960er-Jahren Donovan und Joan Baez bekannt machten, bei dem das Publikum – verhalten zwar – mitsingt und auch auf diese Weise die ehemalige Synagoge mit Leben füllt. Den ganz besonderen Reiz aber macht die Musik aus, die sich durch die stete Wanderschaft des jüdischen Volkes zahlreiche Einflüsse aus anderen Kulturkreisen zu eigen gemacht hat. Besonders deutlich zeigen Esther Lorenz, die seit vielen Jahren auch mit jüdischer-israelitischen Liedern auf Tournee ist, und ihr Begleiter Schacht das mit Beispielen für Lieder der sephardischen Juden. Sie wurden 1492 aus Spanien, wenig später auch aus Portugal vertrieben, nahmen aber den stark von diesen Ländern geprägten Musikstil mit. In manchen Stücken wie „Nani nani“, einem traurigen Wiegenlied, schimmern diese Anklänge nur durch. Das liegt sicher auch daran, dass Lorenz dieses Lied – die Klage der jungen Mutter darüber, dass ihr Mann eine Geliebte hat – ganz ohne Gitarrenbegleitung singt. Ansonsten hält sich die Gitarre eher im Hintergrund, leistet aber gerade bei den sephardischen Liedern einen wichtigen Beitrag zur Charakterisierung des Gesungenen. Besonders deutlich macht Schacht das mit dem ebenfalls traditionellen sephardischen Lied „Yo m’enamori d’un aire“. Schon vom Inhalt her steht es in krassem Gegensatz zum Wiegenlied, denn hier ist es das Mädchen, das den Mann als Heiratskandidaten ablehnt. Wie schön war er ihr sein Anblick im Mondlicht erschienen, wie ernüchternd dagegen bei Tage. So spannungsreich wie der Inhalt ist hier auch die deutlich vom Flamenco geprägte Musik. Einen ganz eigenen Reiz aber verleihen die Künstler diesem Lied, indem die Gesangsstimme die jüdische Musik verkörpert, die Gitarre den spanischen Einfluss. So lassen sich beim Hören zwei ganz verschiedene musikalische Welten ausmachen, die trotz aller Unterschiede miteinander harmonieren. Das tun auch die Künstler, denen das Publikum mit sehr viel Beifall dankt. Esther Lorenz sorgt mit ihrer Stimme mit viel Timbre sehr überzeugend für Emotionen, trägt ruhige Erzähllieder vor und springt mühelos hin und her zwischen hohen und tiefen Tönen. Dass auch ihr Begleiter ein sehr guter Solist ist, beweist er zur Freude des Publikums unter anderem mit einer Komposition des südamerikanischen Gitarrenvirtuosen Agustin Barrios.

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