Rheinland-Pfalz Wiener Terrorprozess: Vom „Kaschperl“ zum Bombenbauer

Vor Gericht geht es um familiäre Hintergründe des Angeklagten, der in Kontakt mit dem Jungen aus Ludwigshafen stand

«Wien/Ludwigshafen.» Als Kind war er ein „Kaschperl“: Das hat im Wiener Terrorprozess die Mutter eines inzwischen 19-Jährigen gesagt, der dort als Anstifter eines gescheiterten Selbstmordattentats auf den Ludwigshafener Weihnachtsmarkt vor Gericht steht. Außerdem berichtete sie, wie es die aus Albanien eingewanderte Familie des Nachwuchs-Islamisten mit der Religion hält. Die treu sorgende Mutter legt ihrem Sohn gebügelte Kleidung ins Gepäck, gibt ihm eine Brotzeit mit, steckt ihm 200 Euro zu. Dabei ist sie eigentlich gegen die Reisepläne des 17-Jährigen. Lorenz will mit dem Bus von Wien ins ferne Düsseldorf fahren, um dort ein Mädchen zu treffen. Seiner Mutter hat er gesagt, dass er die 16-Jährige nur aus dem Internet kennt. Und dass sie eine kopftuchtragende Muslima ist. Dass er die Tochter marokkanischer Einwanderer gleich nach seiner Ankunft am 28. November 2016 bei einem Hinterhof-Imam heiraten wird, verschweigt Lorenz K. seinen Eltern. So wie er für sich behält, dass er schon Bauteile für Bomben gekauft hat. Nach der „Hochzeit“ und erstem Sex wird er zusammen mit einem anderen Fan der Terrorbande IS im nordrhein-westfälischen Neuss mindestens einen Sprengsatz bauen. Denn der Jugendliche will westliche Soldaten töten, denkt über einen Anschlag nach. Mit seiner „Ehefrau“ bespricht er, ob sie mit ihm zusammen sterben sollte, damit sie nicht alleine zurückbleiben muss. Und kurz vor seiner Reise hat er auch noch den Zwölfjährigen in Ludwigshafen ermutigt, der sich dort auf dem Weihnachtsmarkt in die Luft sprengen wollte und dabei an Baumängeln seiner selbstkonstruierten Bomben scheiterte. Dabei, so erzählt es seine Mutter jetzt in seinem Wiener Prozess, war der mittlerweile 19 Jahre alte Lorenz einst ein fröhliches Kind: ein „Kaschperl“, sagt sie. Doch in der Hauptschule übertreibt er es damit. Er gilt als Störer, wird in Unterricht für Schwerbehinderte geschickt, ist dort todunglücklich. Und sucht sich ältere Freunde. Es sind die falschen: Der Junge wird immer wieder straffällig, landet schließlich im Gefängnis. Dort ist er auch noch, als sich ein ebenfalls inhaftierter Freund aufhängt. Die Schuld an dessen Tod gibt Lorenz der Justiz. Und als Halt für sich selbst entdeckt der Jugendliche nun den Islam. Dabei ist er weitgehend religionslos aufgewachsen. Die Familie, sagt die Mutter, fühlt sich vage der christlich-orthodoxen Tradition verbunden, doch Feste wie Weihnachten sind für sie einfach nur schöne Feiern ohne tieferen Inhalt. Schließlich sind die Eltern des Nachwuchs-Terroristen aus dem damals offiziell atheistischen Albanien eingewandert. In der neuen Heimat haben sie sich voll integriert: Lorenz` Vater ist Sozialarbeiter. Und seine Mutter eine diplomierte Krankenschwester, die im schicken grauen Kostüm auf dem Zeugenstuhl sitzt. Ihr satter österreichischer Akzent lässt kaum noch erkennen, dass sie Immigrantin ist. Ihr in Österreich aufgewachsener Sohn hingegen spricht ein eher türkisch eingefärbtes Deutsch, das so ähnlich auch in Ludwigshafen oder im Ruhrpott zu hören ist. Von Gewalt im Namen des Islam distanziert er sich mittlerweile. Aber wie ernst es ihm damit ist, weiß auch seine Mutter nicht. Sie sagt: Seit er kurz nach seiner Rückkehr aus Deutschland festgenommen wurde, hat sie nicht mehr ohne Aufseher mit ihm sprechen dürfen. Ehe er abgereist war, berichtet sie, hatte sie dem ihr unbekannten Mädchen in Deutschland noch Nachrichten geschickt: dass sie es ja nicht wagen solle, den Jungen irgendwie in Schwierigkeiten zu bringen. Und dass sie sich umgekehrt sofort melden solle, falls Lorenz Probleme mache. Wobei der ohnehin dazu vergattert war, sich regelmäßig bei seinen Eltern zu melden. Während der 17-Jährige nach seiner Heimlich-Heirat und dem ersten Sex mit seiner „Ehefrau“ in Deutschland Bomben bastelte, berichtete er viermal täglich seiner treu sorgenden Mutter in Wien, dass alles in Ordnung sei.

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