Rheinland-Pfalz Rülzheimer Barbarenschatz ein Fall fürs Amtsgericht

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Staatsanwaltschaft Frankenthal klagt Hobbyarchäologen wegen Unterschlagung an – Objekte werden derzeit in Koblenz ausgestellt

RÜLZHEIM/FRANKENTHAL (jüm). Seine heimliche Schatzsuche soll einen 23-Jährigen aus der Region Speyer nach dem Willen der Staatsanwaltschaft Frankenthal teuer zu stehen kommen: Der junge Mann hatte im vergangenen Jahr in der Südpfalz zahlreiche goldene und silberne Gegenstände aus der Römerzeit ausgegraben. Weil er die Funde zunächst für sich behalten haben soll, haben die Ermittler ihn nun wegen Unterschlagung angeklagt.

Klappstuhl aus der Völkerwanderung

Wo heute bei Rülzheim (Landkreis Germersheim) ein Wald steht, führte zur Römerzeit eine Straße durch. Am 9. Mai 2013 ging der 23-Jährige die antike Route mit einem Metalldetektor ab. Dabei spürte der Hobbyarchäologe einen „Barbarenschatz“ auf, der nach Ansicht von Experten einmalig ist. Stammen doch die goldenen Schmuckstücke, der große Silberteller oder die Reste eines vergoldeten und versilberten Klappstuhls aus der Zeit der Völkerwanderung. Einer Epoche also, aus der äußerst wenig die Jahrhunderte überdauert hat. So gesehen müsste die Fachwelt dem jungen Mann für die außergewöhnlichen Funde dankbar sein. Doch das Gegenteil ist der Fall: Bei seiner eigenmächtigen Ausgrabung soll der 23-Jährige nicht nur einen Barbarenschatz ans Tageslicht befördert haben, sondern selbst barbarisch oder genauer gesagt unprofessionell ans Werk gegangen sein. Der Raubgräber habe den Schatz undokumentiert geborgen, die Fundstelle völlig durchwühlt, heißt es bei der Generaldirektion Kulturelles Erbe in Mainz. Deshalb sei ein erheblicher Teil des geschichtlichen Hintergrundes für immer verloren gegangen.

Immenser wissenschaftlicher Schaden

Hatten Germanen bei Rülzheim ihre Beute versteckt, die sie einem hohen römischen Beamten entrissen hatten? Oder wollte ein reicher Römer sein Hab und Gut vor gierigen Barbaren verstecken? Solche Fragen werden sich deshalb kaum mehr beantworten lassen. Dieser Tatsache ist eine noch bis zum 28. September auf der Koblenzer Festung Ehrenbreitstein zu besichtigende Ausstellung gewidmet mit dem bezeichnenden Titel: „Seiner Geschichte beraubt – Der Barbarenschatz von Rülzheim“. Abgesehen vom angerichteten wissenschaftlichen Schaden hat der Hobbyarchäologe nach Überzeugung der Ermittler auch gegen Recht und Gesetz gehandelt. Nach dem rheinland-pfälzischen Denkmalschutzgesetz sind Schatzsuche und Ausgrabungen nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Fachbehörde zulässig. Wer dagegen verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 125.000 Euro geahndet werden kann.

Anklage: Unterschlagung

Laut Anklage hat der Hobbyarchäologe aber nicht „nur“ illegal gegraben, sondern sich die Funde auch unter den Nagel gerissen. Allein den Gold-, Silber- und Bronzewert des Schatzes beziffern die Ermittler auf 425.000 bis 575.000 Euro. Nach dem „Schatzregal“ hätte der 23-Jährige die antiken Objekte ans Land als dem rechtmäßigen Eigentümer abliefern müssen. Das hat er zwar letztlich auch getan, aber nach Ansicht der Denkmalschützer erst unter dem Druck der polizeilichen Ermittlungen. Deshalb geht es in dem Verfahren nicht lediglich um eine Ordnungswidrigkeit, sondern um den schwerwiegenderen Straftatbestand der Unterschlagung. Hier droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Ein Prozess ist noch nicht terminiert, erst muss das Amtsgericht Speyer entscheiden, ob es die Anklage zulässt.

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